
- Zu allem eine Meinung
Der Pianist Igor Levit zeigt sich gerne als Politaktivist und teilt hart aus. Dafür bleibt Beethoven bei ihm bemerkenswert bürgerlich
Wer die Homepage von Igor Levit anklickt, bekommt eine Headline zu sehen. „Citizen. European. Pianist“ steht dort: „Bürger. Europäer. Pianist“ – in dieser Reihenfolge. Was er selbst unter bürgerlichem Engagement versteht, kann man mühelos seinem Twitter-Account entnehmen, wo Levit im Tages-, oft Stundenrhythmus politische Debatten kommentiert. Ob Klimapolitik oder die jüngsten Wahlen in Thüringen, ob Metoo oder Flüchtlingspolitik – Levit hat zu allem eine Meinung, im Zweifelsfall von „extralinks“, wie er sich selbst einmal bezeichnet hat.
Dabei erscheint die Welt bei ihm so klar in Schwarz und Weiß unterteilt wie die Tastatur eines Klaviers. Während er das Buch der Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer empfiehlt und Spitzenpolitiker der Grünen lobt, müssen Politiker des bürgerlichen Spektrums wie Friedrich Merz und Christian Lindner oder Journalisten wie der Bild-Chefredakteur Julian Reichelt jederzeit mit rüden Worten rechnen. Die AfD besteht für ihn „aus Menschen, die ihr Menschsein verwirkt haben“. Die Auseinandersetzungen aus der digitalen Welt setzt er auch mal im Konzertsaal fort, indem er sich mit einem Statement an seine Zuhörer wendet.