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Franziska Daxer

Post an Wagner - Die SPD als fünfte Gewalt

Ein Einwurf der besonderen Art. Unser Autor Alberich lehrt Wagner und die deutsche Seele das Fürchten. Immer montags und immer böse. Heute: Alle Macht dem SPD-Mitglied

Autoreninfo

Alberich ist Autor der Schelmenkolumne "Post an Wagner". Er ist politischer Feuilletonist, Publizist und Wüterich. Nachdem Alberichs schier end- und erfolgloses Werben um die Rheintöchter bekannt wurde, zog er sich aus der Öffentlichkeit komplett zurück und schrieb die wohl längsten Haikus der Neuzeit. Zuletzt ist sein Empörungsroman "Funktionskleidung gehört abgeschafft, Jack Wolfskin erschossen" im Mariamierscheid-Gedächtnisverlag erschienen.

So erreichen Sie Alberich:

Lieber Wagner,

warum nicht einmal über die fünfte Gewalt im politischen System Deutschlands schreiben?

Dem SPD-Mitglied.

Wer Visionen habe, der solle zum Arzt gehen, hat Altkanzler Helmut Schmidt einmal gesagt. Die Visionen der heutigen SPD indes sind nur noch schwerlich therapierbar.

Dabei fing doch alles so wohlig an.

Es sprach: Ich habe einen Traum, befragen wir die Basis. Klar, warum auch nicht, lassen wir doch die SPD-Mitglieder entscheiden. Ist doch toll, wenn nicht-legitimierte Minderheiten wichtige Entscheidungen treffen. Wenn 470.000 Menschen letztlich über Neuwahlen, über die Zukunft des Landes bestimmen.

Ja, lassen wir sie doch gleich noch über eine atomare Aufrüstung des Iran entscheiden, über das Zölibat der katholischen Kirche oder den Einsatz einer Torkamera bei Fußballspielen. Warum nicht gleich eine SPD-Mitgliederentscheidungsapp, die hilft, die kleinen Entscheidungskrisen im Alltag zu meistern: bei der Essenswahl, der Brautschau oder ganz (!) wichtig – an der Eistheke.

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Es könnte so einfach sein. Doch Gabriel und Co. haben die Rechnung ohne den wankelhorstigen Basisdemokraten gemacht. Die Hoffnung, die Unberechenbarkeit der SPD-Basis sei dann doch irgendwie berechenbar, wird sich als das erweisen, was sie war, ist und bleibt: Bullshit. Dass der Basissozi nämlich am Ende abnickt, was die SPD-Führung da aushandelt, hat mindestens doppeltes Fragezeichenniveau.

Nach Problem-Peer und Problembären jetzt also der Problemwähler.

In der freien Enzyklopädie heißt es: „Als Problembär werden im deutschen Sprachraum wild lebende Bären bezeichnet, die meist nicht artgerechte Verhaltensmuster aufweisen. Problembären sind regelmäßig nur eine indirekte Gefährdung für Menschen, produzieren durch ihr Verhalten aber oft erhebliche Schäden. […] Für die Risikoeinschätzung steht ein Problembär über dem unauffälligen Bären, aber noch unter dem Risikobären.“

Nur, der Problembär der SPD ist ausnahmsweise einmal nicht deren Vorsitzender. Nein. Es ist das gemeine Mitglied, der Problemwähler. Gabriel muss jetzt dafür sorgen, dass das zu erwartende, nicht artgerechte Verhaltensmuster nicht die ganze Republik ins Chaos stürzt. Dass aus dem Problemwähler kein Risikowähler wird.

Und Bruno?

Das Ende des Problembären ist bekannt. Er wurde abgeknallt, ausgestopft und verstaubt nun in irgendeinem Museum. Ein solches Schicksal muss der Problemwähler gottseidank nicht fürchten. Denn im Gegensatz zum Braunbären ist er vor allem eines: vom Aussterben bedroht.

Schmerzlichst

Ihr

Alberich

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