Cum-Ex-Skandal - Der „Pinocchio-Kanzler“ und seine Helfer in Justiz und Medien

Durch die Freigabe eines geheimen Protokolls ist offiziell, was ohnehin offensichtlich war: Olaf Scholz‘ „Erinnerungslücken“ im Cum-Ex-Skandal sind eine schlechte Ausrede. Doch die Hamburger Staatsanwaltschaft und dem Kanzler wohlgesonnene Journalisten geben noch einmal alles, um ihn zu schützen.

Falsch ausgesagt: Olaf Scholz im August 2022 vor seiner zweiten Befragung im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Hamburg / dpa
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Ulrich Thiele ist Politik-Redakteur bei Business Insider Deutschland. Auf Twitter ist er als @ul_thi zu finden. Threema-ID: 82PEBDW9

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Ausgerechnet die sonst Scholz-kritische Bild-Zeitung berichtet im Cum-Ex-Skandal wie eine inoffizielle SPD-Pressestelle. Zumindest die Hamburg-Redaktion der auflagenstärksten Zeitung Deutschlands verbreitet in der Causa Warburg-Bank wiederholt (siehe hier und hier) derart offensichtliche Falschbehauptungen, dass sich der Verdacht gezielter Desinformation aufdrängt. „Das steht wirklich im Cum-Ex-Protokoll des Bundestags“, betitelte Redakteur Markus Arndt seinen Artikel vom 30. Dezember, der Scholz einen Freispruch in Sachen „Erinnerungslücken“ erteilt, obwohl ebenjenes Protokoll der offizielle Beweis dafür ist, dass diese eine schlechte Ausrede sind. Doch dazu später mehr.

Auf Nachfrage verschwieg SPD die Treffen

Olaf Scholz behauptet bekanntlich, sich an seine Treffen mit Warburg-Chef Christian Olearius nicht erinnern zu können. Von 2007 an machte die Hamburger Warburg-Bank durch Cum-Ex-Geschäfte, bei denen sich die Akteure durch Tricks einmal abgeführte Kapitalertragsteuern mehrfach erstatten ließen, auf Kosten des Steuerzahlers Gewinne im dreistelligen Millionenbereich. Nachdem Cum-Ex für illegal erklärt wurde, stellte das Finanzamt Hamburg Rückforderungen.

Scholz, damals Erster Bürgermeister der Hansestadt, traf sich 2016 zwei Mal mit Olearius, gegen den bereits wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung ermittelt wurde. Olearius überreichte Scholz ein Schreiben mit Argumenten, warum seine Bank das Cum-Ex-Geld nicht zurückzahlen solle. Nach einigen Tagen rief Scholz Olearius proaktiv an und empfahl ihm, das Schreiben an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher weiterzuleiten.
 

Lesen Sie hier die Titelgeschichte der Cicero-Märzausgabe 2022, in der Oliver Schröm und Ulrich Thiele ausführlich Olaf Scholz' Verstrickung in den Cum-Ex-Skandal dokumentieren: „Wer verschweigt, hat etwas zu verbergen“





Acht Tage später die freudige Nachricht: Das Finanzamt hatte eine 180-Grad-Kehrtwende gemacht und ließ die Rückforderung in Höhe von 47 Millionen Euro verjähren. Scholz verschwieg die Treffen, auch jenes dritte im Jahr 2017, als sich das Prozedere nach einer weiteren Rückforderung, diesmal in Höhe von 43 Millionen Euro, wiederholte. Noch im November 2019 lautete die Antwort der Hamburger SPD auf eine Kleine Anfrage der Linken, es habe keine persönlichen Gespräche zwischen Senatoren und der Warburg-Bank über das Cum-Ex-Verfahren gegeben.

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Genosse blufft und setzt Spin in Medien

Die Frage, ob es politischen Einfluss auf die Entscheidung des Finanzamts gegeben hat, ist die eine Sache. Im Falle des Bundestagsprotokolls geht es aber um etwas anderes, nämlich ausschließlich um Scholzens teils strafrechtlich relevante Falschaussagen in puncto „Erinnerungslücken“. Nachdem im Februar 2020 eines der Treffen – das dritte aus dem Jahr 2017 – dank der Tagebucheinträge des Warburg-Bankiers öffentlich wurde, musste Scholz, damals Finanzminister, zwei Mal vor dem Finanzausschuss des Bundestags aussagen.

Die zweite Sitzung vom 1. Juli 2020 fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, so konnte Scholz vom Steuergeheimnis befreit reden. Das Protokoll der Sitzung wurde als „VS-vertraulich“ eingestuft und lag lange in der Geheimschutzstelle des Bundestags. Die anwesenden Bundestagsabgeordneten, die Scholz befragten, durften sich über die Sitzung nicht äußern. Mittlerweile ist bekannt: Scholz konnte sich in der Sitzung durchaus an das Treffen erinnern.

Nach zuvor gescheiterten Versuchen seitens der Finanzausschussmitglieder, wurde das Protokoll Mitte Dezember 2022 auf Druck der Opposition endlich entstuft. Veröffentlicht wird das Protokoll damit zwar nicht, aber alle Bundestagsabgeordneten und Vertreter der Länder erhalten dadurch Zugang und dürfen über den Inhalt reden.

Die SPD lancierte mit der Entstufung einen kontrafaktischen Spin in den Medien. In einer Meldung der dpa, in der die Opposition gar nicht zu Wort kommt, stellt sich die Ampel-Regierung als Transparenzverfechter dar und die SPD tut so, als hätte sie sich aktiv um die Entstufung bemüht, weil man nichts zu verbergen habe. Die Entstufung sei ein Beitrag zur Versachlichung der Diskussion, verkündete der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Schrodi. „Falschen Behauptungen über vermeintlich geheime Zusagen und widersprüchliche Aussagen wird der Boden entzogen.“
 

Weitere Artikel über Olaf Scholz und Cum-Ex:

Kurz vor der Bundestagswahl 2021 hat das von Scholz geleitete Finanzministerium auf Druck der Abgeordneten im Finanzausschuss einen Schwärzungsvorschlag unterbreitet, mit dem es das Protokoll freigegeben hätte. Die Schwärzungen sollen laut Abgeordneten so massiv gewesen sein, dass Wesentliches nicht nachvollziehbar war. Angeblich, um die Rechte Dritter zu schützen. „Mit diesem Vorgang hat Scholz sich über die Bundestagswahl gerettet“, sagte der CDU-Obmann Matthias Hauer dazu vergangenes Jahr im Interview mit Cicero. Es sei rechtlich möglich gewesen, ein weitgehend ungeschwärztes Protokoll vorzulegen, so Hauer. Transparenzappelle von Genossen aus diesem Zeitraum sind nicht bekannt.

Das Selbstlob der SPD ist folglich unsinnig, verfehlt sein Ziel aber nicht. Die Entstufung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem das Thema „Scholz und Cum-Ex“ keinen großen Aufschrei mehr auslöst, weil es für die Öffentlichkeit derzeit ausgetreten ist und eine gewisse Abstumpfung bezüglich der Lügen des Bundeskanzlers herrscht. Deswegen kann SPD-Mann Schrodi ungeniert mit dem laut posaunten Bluff, das Protokoll entlaste Scholz, eine Nebelkerze zünden.

Scholz hat gelogen

Tatsächlich ist das Protokoll der offizielle Beweis für das, was ohnehin schon lange offensichtlich ist (zumindest für 70 Prozent der Deutschen laut Umfragen): Die „Erinnerungslücken“ sind eine Ausrede. Denn Scholz konnte sich in der Sitzung im Juli 2020, wie gesagt, sehr wohl an ein Treffen mit Olearius erinnern. Als im September 2020 die weiteren zwei Treffen öffentlich wurden, änderte Scholz seine Taktik. Als er kurz darauf abermals vor dem Finanzausschuss des Bundestags und später auch zwei Mal vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) in Hamburg aussagen musste, behauptete er plötzlich, sich an alle drei Treffen nicht mehr erinnern zu können.

Vermutlich, weil es schwer zu vermitteln gewesen wäre, warum er sich an die dem Finanzausschuss verschwiegenen zwei Treffen nicht erinnern könne, jedoch an das dritte (und in der Hoffnung, dass der Widerspruch, dass er sich zuvor erinnern konnte, nicht öffentlich wird oder er ihn notfalls aussitzen kann). Das heißt: Scholz hat auch im PUA in Hamburg falsch ausgesagt – wofür eine Gefängnisstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren drohen kann.

Explizit eigenes Wissen genannt 

Und damit zurück zum Freispruch der Bild und dem, was angeblich „wirklich im Cum-Ex-Protokoll des Bundestags“ steht. „Scholz hat auch im Bundestagsausschuss gesagt, dass er keine detaillierte Erinnerung habe – und sich ausschließlich auf die Tagebucheinträge von Olearius bezogen“, schreibt der Hamburg-Redakteur.

Warum das schlicht falsch ist, hat der Journalist Oliver Hollenstein, einer der zwei Autoren des Buches „Die Akte Scholz“, bei Twitter dargelegt. Im Protokoll, in dem die Aussagen des Bundeskanzlers in indirekter Rede wiedergegeben sind, steht: „Es sei ein Gesprächstermin vereinbart worden. Man habe über viele Dinge gesprochen.“ Und: „Er habe sich lediglich die Sicht der Dinge von Olearius angehört.“ Und: „Was Christian Olearius ihm erzählt habe, habe dieser aufgeschrieben. Dies entspreche seinem Wissen in der Frage.“

Scholz konzentrierte sich damals darauf, zu beteuern, er habe während des Treffens keinen Einfluss genommen. Erinnerungslücken gehörten noch nicht zu seiner Verteidigungsstrategie. Vor allem der letzte Satz zeigt: Scholz nannte explizit eigenes Wissen über das Treffen, das sich mit den Schilderungen in Olearius‘ Tagebuch decke.

„Die große Entlastungsrede“

An anderer Stelle im Protokoll steht, dass Scholz den Abgeordneten auf Nachfrage erzählte, er habe Olearius noch auf einem Jubiläum der Warburg-Bank und auf einer Veranstaltung in der Elbphilharmonie getroffen. Die anderen zwei Treffen in seinem Amtszimmer nannte er bekanntlich nicht. „Selbst in freundlichster Auslegung hat Scholz den Abgeordneten also suggeriert: Ich weiß es, ich war dabei – da war nix. Und als Beleg angeführt, dass das auch Olearius so sagt. So haben die es auch verstanden, sogar seine heutige Ministerin“, schreibt Oliver Hollenstein.

Gemeint ist Familienministerin Lisa Paus, die Scholz im Finanzausschuss als Obfrau der Grünen befragte. Als im September 2020 die zwei weiteren Treffen zwischen Scholz und Olearius bekannt wurden, fand sie deutliche Worte: „Scholz hat den Bundestag belogen“. Auch für den damaligen Linken-Obmann Fabio De Masi, der Scholz explizit nach weiteren Treffen gefragt hatte, war die Sache klar: „Olaf Scholz hat im Bundestag Pinocchio gespielt und die Unwahrheit gesagt.“

Auch eine Hamburger Beamtin berichtete, dass Scholz aus eigener Erinnerung berichtet habe, wie Oliver Hollenstein und Oliver Schröm in „Die Akte Scholz“ schreiben. Noch am selben Tag der Finanzausschusssitzung im Juli 2020 schickte eine Mitarbeiterin der Hamburger Vertretung beim Bund eine Zusammenfassung der Sitzung an Andreas Dressel (SPD), Peter Tschentschers Nachfolger als Finanzsenator. Da sie nicht habe mitschreiben dürfen, berichte sie aus dem Gedächtnis: Scholz habe sich an das Treffen erinnert, schreibt sie, und er habe bekräftigt, Olearius keine Einschätzung zum steuerlichen Verfahren gegeben zu haben.

Hinzu kommt, wie Hollenstein schreibt: „In der großen Entlastungsrede ignoriert die sonst so kritische Bild zudem einige sehr naheliegende Fragen: Warum hat Scholz den Abgeordneten denn damals nicht offen gesagt, dass er sich nicht erinnert? Warum hat er seinen Kalender nicht checken lassen?“ Und warum erinnert er sich an belanglose Treffen in der Elbphilharmonie, aber nicht an jene Treffen, in denen es für die Stadt Hamburg um einen Verzicht von Steuereinnahmen in Höhe von etlichen Millionen geht und laut Olearius‘ (nachweislich unwahren) Behauptungen auch um die Existenz einer für den Standort Hamburg wichtigen Bank mit 1200 Arbeitsplätzen?

Strafrechtlich relevante Falschaussage

Was zudem oftmals übersehen wird: Bereits in der ersten Finanzausschusssitzung im März 2020 suggerierte Scholz, aus eigener Erinnerung zu berichten. Im Protokoll der Sitzung steht: „Scholz erklärt, dass es über dieses Gespräch nicht mehr zu sagen gebe, als das, was den mittlerweile veröffentlichten Tagebucheinträgen zu entnehmen sei. Alle, die ihn kennen würden, wüssten, dass er durchaus in der Lage sei, in einem Gespräch nicht erkennen zu lassen, welche Haltung er habe. So sei es auch bei diesem Gespräch gewesen. Er habe sich zudem angehört, was Herr Olearius zu diesem und anderen Themen zu sagen gehabt hätte. Mehr sei darüber nicht zu berichten.“

Noch einmal: In diesem Fall geht es nicht um die mutmaßliche politische Einflussnahme, sondern unabhängig davon um Scholzens Falschaussagen in puncto „Erinnerungslücken“. Vor dem Bundestag sind diese „nur“ politisch fragwürdig, vor dem Untersuchungsausschuss in Hamburg sind sie strafrechtlich relevant.

Gerhard Strates Anzeige

Im Februar 2022 reichte Rechtsanwalt Gerhard Strate unter anderem deswegen eine ausführlich begründete Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Hamburg ein. Gegen Olaf Scholz und Peter Tschentscher wegen möglicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung sowie – im Falle von Scholz – wegen falscher uneidlicher Aussage vor dem PUA in Hamburg. Die Staatsanwaltschaft schmetterte die Anzeige nach vier Wochen mit Argumenten ab, die, so Strate damals im Interview mit Cicero, „absoluter Nonsens und juristisch eine Zumutung für jeden Juristen sind, der sich mit solchen Themen befasst“ (für mehr Details lesen Sie hier das Interview). „Die Verweigerung jeglicher Ermittlungen ist nichts anderes als ein Zeichen, dass die Stadtregierung sich mit einem Schutzwall umgeben hat, der Staatsanwaltschaft Hamburg heißt“, konstatierte Strate.

Strate reichte seine Klage daraufhin in Köln ein. Die dort im Cum-Ex-Komplex ermittelnde Staatsanwältin Anne Brorhilker ist bekannt für ihre Hartnäckigkeit. Wegen der Warburg-Steueraffäre ließ sie im September 2021 auch in Hamburg eine Razzia bei einer leitenden Finanzbeamtin und in der Finanzbehörde durchführen. Strates Klage wegen möglicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung ließ sie fallen – dies allerdings offenbar nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Anweisung von oben (was einmal mehr die Frage aufwirft, wie sinnvoll es ist, dass Staatsanwälte in Deutschland weisungsgebunden sind).

Eine bemerkenswerte Argumentationsakrobatik

Als Hamburg-Redakteur Markus Arndt am 17. Dezember 2022 in der Bild unter der Überschrift „Staatsanwalt lässt Scholz und Tschentscher vom Haken“ darüber berichtete, erwähnte er nicht, dass diese Entscheidung nur den Verdacht der Beihilfe zur Steuerhinterziehung betrifft, nicht aber Strates Klage wegen falscher uneidlicher Aussage. Für diese sei die Staatsanwaltschaft Köln nicht zuständig, der Tatort sei Hamburg, deswegen habe man den Fall an die Staatsanwaltschaft der Hansestadt abgegeben, schreibt die Kölner Staatsanwältin im Einstellungsbescheid.

Der anschließende Bescheid der Hamburger Staatsanwaltschaft erreichte Gerhard Strate kurz vor Jahresende. Die Begründung, warum ein Ermittlungsverfahren trotz der Erkenntnisse aus den Protokollen nicht in Betracht komme, zeugt von bemerkenswerter Argumentationsakrobatik. Zwar habe Scholz im Finanzausschuss in der Tat „wie aus eigener Wahrnehmung berichtet“. Aber das Protokoll lege nahe, „dass der Beanzeigte damals Tatsachenfeststellungen getroffen hat, die gerade nicht seinem Gedächtnis, sondern einer Ansammlung von anderweitig erlangten Erkenntnissen entsprang, die er schlicht als gegeben darstellte.“ Scholz soll also nur so getan haben, als könne er sich erinnern. (Gerhard Strates Anzeige sowie die Schreiben der Kölner und der Hamburger Staatsanwaltschaft sind übrigens auf Strates Homepage nachlesbar).

Auszug aus dem Bescheid der Staatsanwaltschaft Hamburg /
Quelle: Homepage von Gerhard Strate

Der Skandal bleibt kleben

Was passiert nun? Juristisch hat Scholz wohl nichts zu befürchten, was er vor allem dem Schutz der Hamburger Justiz zu verdanken hat. Politisch wird ihn der Skandal nicht mit der Wucht treffen, die dem Ausmaß der Affäre angemessen wäre – was er den Nebelkerzen seiner Parteigenossen und ihm wohlgesonnener Journalisten zu verdanken hat. Doch die Warburg-Affäre wird an ihm kleben bleiben, Scholz wird den Skandal nicht los.

Die Unionsfraktion im Bundestag erklärte bereits, Scholz ein viertes Mal im Finanzausschuss befragen zu wollen. Im August gab es bereits Medienberichte über die Inhalte des Protokolls. Die CDU wollte Scholz deswegen bereits vorladen, was von der Ampel-Regierung abgelehnt wurde. Begründung: Solange das Protokoll nicht entstuft sei, komme dies nicht in Frage. Sollte die Ampel den erneuten Antrag wieder ablehnen, würde sie sich angesichts ihrer lautstarken Transparenzbeteuerungen bloßstellen.

Auch die CDU-Opposition in der Hamburgischen Bürgerschaft hat bereits angekündigt, Scholz ein drittes Mal im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zu befragen. „Das endlich freigegebene Protokoll des Bundestag-Finanzausschusses zeigt eindeutig, dass Olaf Scholz gelogen hat“, sagte der CDU-Obmann im Ausschuss, Richard Seelmaecker, dem Hamburger Abendblatt.

Antwort mit Grinsen

Als Scholz im August 2022 im Hamburger PUA aussagen musste, wurde er bereits auf die Medienberichte über das Protokoll angesprochen. Scholz antwortete mit einem Grinsen, er lasse Medienberichte nicht gelten, da müsse man ihm schon das damals noch geheime Protokoll vorlegen. Das könnte der Ausschuss in einer weiteren Sitzung tun. Doch die Sitzung im August gab einen Eindruck davon, was die Öffentlichkeit erwartet, sollte es dazu kommen: Scholz behauptete, sich an die Sitzung, in der er sich erinnern konnte, nicht erinnern zu können.

Man sollte die zersetzende Wirkung dieses würdelosen Überstrapazierens nicht unterschätzen. Cicero-Autor Aram Ockert schrieb im August treffend: „Am Ende wird es weder den teilkriminellen Wirtschaftssubjekten, noch den willigen Helfern aus der Politik nützen, wenn die offene Distanz der Bürger zu beiden zunehmen wird. Zu befürchten ist eine Zunahme defätistischer Haltungen und innere Abkehr vom Modell Bundesrepublik und natürlich auch eine Zunahme des Zulaufs bei populistischen Parteien.“ Zur Ergänzung: Den willigen Helfern in den Medien wird die offene Distanz am Ende auch nicht nützen, wenn das Vertrauen in die vierte Gewalt erodiert.

Transparenzhinweis: Ulrich Thiele hat an „Die Akte Scholz“ von Oliver Hollenstein und Oliver Schröm mitgearbeitet.

Änderungshinweis: In einer vorherigen Version stand in der Bildunterschrift und an einer Stelle im Text, Scholz hätte unter Eid falsch ausgesagt. Tatsächlich handelte es sich um eine uneidliche Falschaussage, für die eine Haftstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren droht. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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