
- „Der Gegenwind wird nicht gleich zu einem lauen Lüftchen“
Andreas Kalbitz lässt sein Amt als AfD-Fraktionschef in Brandenburg ruhen, bis ein Zivilgericht geklärt hat, ob sein Parteiausschluss rechtens war. Hat der Flügel den Machtkampf in der Partei verloren? AfD-Parteichef Jörg Meuthen gibt sich optimistisch. Dabei gibt es dafür keinen Grund.
Jörg Meuthen ist Wirtschaftswissenschaftler und seit 2015 Co-Parteivorsitzender der AfD. Seit Ende 2017 sitzt er für die Partei im EU-Parlament.
Herr Meuthen, Andreas Kalbitz hat heute verkündet, er lasse sein Amt als AfD-Fraktionschef in Brandenburg so lange ruhen, bis das Landgericht Berlin geklärt hat, ob sein Parteiausschluss rechtens war. Hat Sie die Nachricht überrascht?
Nein, überrascht hat es mich nicht. Ich freue mich, dass die Brandenburger Fraktion entschieden hat, dass Andreas Kalbitz den Fraktionsvorsitz bis auf weiteres nicht mehr innehat. Dass das einstimmig gebilligt wurde, halte ich für eine gute Nachricht.
Aus Brandenburg hört man, Kalbitz habe die AfD-Fraktion fest im Griff. Woher kommt der plötzliche Stimmungswechsel?
Das müssen Sie die Mitglieder der Fraktion fragen. Ich habe aus der Sitzung gehört, dass es da eine sehr intensive und auch kontroverse Diskussion gegeben hat. Das zeigt, dass es dort sehr wohl unterschiedliche Positionen gibt. Sein Ziel, trotz Parteiausschluss Fraktionsvorsitzender zu bleiben, hat Herr Kalbitz jedenfalls nicht erreicht.
AfD-Mitglieder, die ihn kennen, hat das sehr wohl überrascht. Es heißt, die Fraktion werde vom Flügel dominiert.
Na ja, die AfD ist aber keine Partei, die einem Führerprinzip folgt. Mit Verlaub, die Brandenburger Fraktion besteht aus 23 frei gewählten Abgeordneten. Jeder einzelne wird da seine eigene Position haben. Manche halten zu Kalbitz, andere beurteilen das anders. Das zeigt sich eben jetzt.
Ein Aussteiger sagt, die Fraktion habe kaum noch Akademiker in ihren Reihen. Es seien nicht „die hellsten Lichter auf der Torte", und viele seien Herrn Kalbitz hörig.
Seit wann ist es ein Makel, kein Akademiker zu sein? Derart missgünstige Äußerungen sagen mehr über denjenigen selbst aus, der sie macht.
Der noch amtierende Chef der AfD-Bundestagsfraktion, Alexander Gauland, hat im Interview mit der Welt am Sonntag zähneknirschend eingeräumt, es sei ihm nicht gelungen, den Laden zusammenzuhalten. Ist es möglich, dass er seinem Ziehsohn Andreas Kalbitz zum Verzicht auf den Posten als Fraktionschef geraten hat, um eine Spaltung der AfD zu verhindern?
Das weiß ich nicht, weil ich Herrn Gauland nicht in den Kopf gucken kann. Ich denke aber, es hat eine Einsicht stattgefunden, dass Herr Kalbitz unter den gegegebenen Umständen nicht dieser Fraktion vorstehen kann. Und diese Einsicht wird zunächst Bestand haben, bis ein Zivilgericht endgültig im Hauptsacheverfahren rechtskräftig entschieden hat – wenn es denn von Herrn Kalbitz angerufen wird.