
- Gemeinsam am Abgrund
Laufend werden die Parteien der Großen Koalition brutal abgestraft. Zuletzt in Bayern, jetzt folgt auch noch die Wahl in Hessen. Warum die Not der Volksparteien so groß ist
Als Schockstarre bezeichnen Psychologen den Moment der Lähmung nach einem traumatischen Erlebnis. Nach außen wirken die Betroffenen emotionslos, während im Inneren Angst und Panik herrschen. Der Puls rast, die Atmung ist flach. Die Muskeln sind angespannt, aber sie lassen sich nicht bewegen. Dass auch Parteien eine kollektive Schockstarre erfassen kann, hat der Abend der bayerischen Landtagswahl eindrücklich belegt.
Da standen sie also vor den Mikrofonen, um zu erklären, was sie sich nicht erklären konnten oder nicht erklären wollten. Drei Parteivorsitzende, ein Trauma. Ein jeder war bemüht, die schallende Ohrfeige, die ihnen die Wähler verpasst hatten, irgendwie zu ignorieren. Horst Seehofer sprach von einem „famosen Wahlkampf“, Angela Merkel schickte ihre Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer vor. Die erklärte, als sei nichts geschehen, dass die CDU sich nun auf den Wahlkampf in Hessen konzentrieren werde. Und SPD-Chefin Andrea Nahles versprach immerhin, über das Wahlergebnis nachzudenken. Doch die Angst und Panik, die sich seit dem 14. Oktober, 18 Uhr in CDU, CSU und vor allem in der SPD ausbreiten, ließ sich so nur notdürftig kaschieren.