
- „Ein grobes Mittel, aber man kann es gut überwachen“
Der zukünftige Bundeskanzler Olaf Scholz will jetzt doch eine allgemeine Impfpflicht einführen. Aber ist dieser Eingriff in die körperliche Unversehrtheit verhältnismäßig? Der Verfassungsrechtler Ulrich Battis hat da keine Bedenken. Problematisch findet er etwas ganz anderes.
Ulrich Battis ist emeritierter Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Berliner Humboldt-Universität.
Herr Battis, noch bis letzte Woche hat Gesundheitsminister Jens Spahn eine allgemeine Impfpflicht kategorisch abgelehnt. Jetzt kommt sie vermutlich doch. Auch der zukünftige Kanzler Olaf Scholz hat sich dafür ausgesprochen. Hat Sie diese 180-Grad-Wende überrascht?
Nein, ich habe in den vergangenen Wochen mehrfach gesagt, dass eine allgemeine Impfpflicht jetzt möglich und auch sinnvoll wäre. Was mich überrascht ist, dass in der Politik alle gesagt haben, es werde keine Impfpflicht geben. Die haben einfach Angst vor der Bundestagswahl gehabt. 30 Prozent Ungeimpfte, das sind eine Menge Wähler. Wenn die alle eine Partei gewählt hätten, hätte die die absolute Mehrheit gewonnen (lacht).
Na ja, die FDP hat auch so genug davon profitiert.
Keine Frage. Die Angst der Politiker vor der Wahrheit und vor den Wählern kann man ja verstehen. Der amtierende Gesundheitsminister Jens Spahn könnte das jetzt wohl noch anordnen auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes. Aber das halte ich für völlig abwegig, nachdem sich die Politik durchweg in die anderen Richtung bewegt hat. Das muss jetzt im Bundestag diskutiert werden.
Eine allgemeine Impfpflicht gilt als schwerer Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Sie gehören zu den Verfassungsrechtlern, die sagen, sie sei durch das Grundgesetz gedeckt. Was macht Sie da so sicher?
Eine Impfpflicht gilt nicht nur als schwerer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Sie ist es auch. Es ist ohne Rechtfertigung eine Körperverletzung, sogar eine Straftat. Eine Impfpflicht kann aber gesetzlich gerechtfertigt sein.
Und was rechtfertigt sie in diesem Fall?