
- Die Gescheiterte
Angela Merkel kann sich auch bei ihrem kleinen EU-Gipfel zur Flüchtlingsfrage nicht mehr durchsetzen. Eine Ära neigt sich dem Ende zu. Das Machtsystem der Bundeskanzlerin steht vor dem Zusammenbruch. Ein persönlicher Nachruf
Mein erstes persönliches Treffen mit Angela Merkel liegt 13 Jahre zurück. Es war der Morgen des 18. Juli 2005, der Tag nach ihrem Geburtstag, wir waren zum Interview verabredet. Merkel machte einen verkaterten Eindruck, sie hatte offenbar gefeiert am Abend vorher. Vor allem aber verströmte die ganze Situation eine ungeheure Fahrigkeit und Nervosität. Ihre bis heute engste Begleiterin Eva Christiansen war kurz angebunden und aufgeregt.
An Merkel fielen vor allem die Hände auf, die kurzen Finger und die verkümmerten Nägel, sowie ihr enormes Misstrauen. Besonders gereizt reagiert sie damals auf Fragen nach Ihrer Haltung zum Irakkrieg. Wieder und wieder verdrehte sie ihren Kopf, um zu versuchen, die nächste Frage von unserem Handzettel abzulesen. Der Kollege der Süddeutschen Zeitung und ich verließen das Büro der Unionsfraktionschefin im Deutschen Bundestag einigermaßen verstört. Diese fahrige und unsouveräne Frau wollte Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland werden? Schwer vorstellbar. 13 Jahre später ist es für viele Deutsche genauso schwer vorstellbar, dass sie nicht mehr Kanzlerin dieses Landes und letzte Retterin einer aus den Fugen geratenen Welt sein könnte. So kann man sich irren. Damals wie heute.