Schülerinnen arbeiten an Tablets im Primarschulhaus St. Johann in Basel / dpa

Studie zum Mediensuchtverhalten - Die Opfer des Digitalisierungswahns

Wieder einmal bescheinigt eine Studie einer zunehmenden Anzahl von Kindern und Jugendlichen digitales Suchtverhalten. Ein verlogenes Ergebnis. Nicht einige Jugendliche sind internetabhängig, sondern unsere gesamte Gesellschaft. Ganz nach dem Willen der Tech-Konzerne.

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Vor wenigen Tagen auf einem Platz in München vor einem Imbissstand. Die Sonne schien von einem makellos blauen Himmel. Es gab viel zu beobachten und zu sehen. Doch niemand der Wartenden beobachtete irgend etwas. Stattdessen starrten alle wie hirnmanipulierte Marionetten auf ihre Smartphones, wischten, scrollten und tippten. Allenfalls für Sekundenbruchteile blickte der eine oder andere unwillig auf, wenn es einem Außenreiz doch mal gelang, durch den medialen Nebel bis zum Großhirn vorzudringen.

Wer mit offenen Augen durch unsere Städte läuft und sich einen distanzierten Blick auf seine Mitmenschen bewahrt hat, muss zu dem Ergebnis kommen, dass wir es mit einer hochgradig suchtkranken Gesellschaft zu tun haben. Menschen sitzen sich in Lokalen wortlos gegenüber, das unvermeidliche Smartphone in der Hand. In Zügen, Bussen und Straßenbahnen stiert man auf die bunten Bildchen vor der Nase. Wie zwanghaft werden für die belanglosesten Dinge Chat- oder Whatsapp-Gruppen eingerichtet. Lesen, bezahlen, flirten: Immer mehr Menschen können sich ein Leben ohne digitale Krücke kaum noch vorstellen.

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Sabine Lehmann | Sa., 18. März 2023 - 11:01

Nun, wer Einwanderung und Energieversorgung für Lappalien hält, wie der Autor, den darf man wohl zum verwöhnten Zirkel unserer Gesellschaft zählen, der mit den vernichtenden Auswüchsen beider Irrungen noch nicht wirklich konfrontiert war. Aus welchen Gründen auch immer….

Helmut Bachmann | So., 19. März 2023 - 14:00

Antwort auf von Sabine Lehmann

man versteht sich auf Ironie. Mal googlen Frau Lehmann

Naumanna | Sa., 18. März 2023 - 11:09

Ein erfrischender Artikel, der den Finger auf die Wunde legt. Die Folge der Digitalisierung - oder eine ihrer Folgen - wird eine allgemeine Verblödung der Gesellschaft sein. Will man wissen, wie kalt es ist, macht man nicht das Fenster auf, sondern guckt aufs Handy. Wettervorhersagen anhand vom Verhalten der Vögel etc kann bald keiner mehr treffen. Die analoge Welt verschwindet hinter ihren digitalen Abbildern. Mit allen unabsehbar negativen Folgen.

Jürgen Rachow | Sa., 18. März 2023 - 11:17

Was hier gar nicht angesprochen wurde aber nicht weniger gefährlich für unsere Gesellschaft ist: die Sucht unter Journalisten und Politikern die "reale" Welt über Twitter und andere asoziale Medien wahrzunehmen.
Das zusammen mit weitgehender fachlicher Inkompetenz, mangelnder Lebenserfahrung und einer gewissen infantilen Sicht auf unsere Welt steuert unser Land in eine ungute Zukunft.

Urban Will | Sa., 18. März 2023 - 11:21

„Es wird keinen Weg zurück geben.“
Außer vielleicht den erzwungenen. Als vor einigen Wochen ein Baggerfahrer eine Hauptleitung kappte, stand bei der Lufthansa für fast einen Tag der Laden still. Grund: alle wichtigen Informationen für Boden und Piloten, etc., laufen digital. Kein Flug konnte abgefertigt werden, etc.
Irgendwann wird es gelingen, ganze Länder stillzulegen, wenn man die entscheidenden Stellen zerstört. Und dann?
Aber das nur am Rande. Sie reden von den digitalisierten Menschen, Menschen, die nichts mehr wahrnehmen, die Ausblicke nicht genießen, sondern das Handy hinhalten, Bild, umdrehen, fertig. Als ich neulich irgendwo in einer Metro ein Kind mit einem Buch sah, traute ich meinen Augen nicht.
Wir stumpfen ab, wobei ich als noch „analog“ Aufgewachsener (erstes Smartphone mit über 40) kaum nachvollziehen kann, wie abhängig die heutige Jugend bereits ist. Nur eines macht mir Hoffnung: meine Kleinste (9) zieht Spielen mit Freundinnen der Digitalwelt immer noch vor.

Unsere Zwei Mädchen beide 1 Minute auseinander und Scheidungskinder, kommen in diesem Jahr in die Schule. Immer wenn Mama und Oma & Opa die Kinder haben wird viel gebastelt. und vorgelesen. Am ersten Abend freuen sich die Beiden und wir lesen eine Geschichte nach der anderen vor. Papa und die anderen Großeltern haben das mit einer Wie- Figur gelöst …… Tja auch ein.Indiz fehlgeleiteter Digitalisierung aber noch schlimmer die 50:50 Regelung für die Kinder zumaß dem Papa nicht um die Kinder sondern die Unterhaltszahlungen geht Aber Schaun wir mal, wenn nicht das Gericht entscheidet, sondern die Kinder alt genug sind, selbst zu entscheiden. Auch so eine Ursache für Links grünes Familienbild.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Peter Sommerhalder | Sa., 18. März 2023 - 11:41

Sicher nicht nur die Jugendlichen sind internetabhängig, sonder die Erwachsenen ganz genau ebenso.

Nur schon z. B. einen Kommentar hier beim Cicero schreiben zu können: Ist doch toll, würde ohne Internet ja gar nicht gehen.

Das Problem sehe ich eigentlich gar nicht so mit dem Suchtverhalten, sondern dass dank dem Digitalen die Überwachung und die Steuerung/ Beeinflussung als wie leichter wird….

Daher bin ich z.B. ganz klar für Bargeld, das wird uns zwar auch noch genommen werden, aber ganz so einfach ist das nicht. Ich werde dies jedenfalls ganz sicher nicht mehr erleben…

Hans Jürgen Wienroth | Sa., 18. März 2023 - 12:48

„Digital first, Bedenken second“ ist ein guter Satz, der bei manchen Politikern leider in immer mehr Bereichen um sich greift.
Die Digitalisierung eröffnet uns unbegrenztes Wissen, beantwortet uns jedoch nur die gestellte Frage, zeigt aber nicht die komplexen Zusammenhänge auf, mit der die Natur aufwartet.
Wir „unterhalten“ uns über social Media, selbst wenn der Partner gegenüber sitzt. Wir verlernen den direkten menschlichen Kontakt, das Streitgespräch mit Argumenten. Besonders Kindern fehlt die Wärme, die Eltern ihnen früher gaben. Shit-Storm, Mobbing usw. sind Auswüchse, die im Digitalen zugenommen haben. Die Vereinsamung der Menschen hat sich ausgebreitet, trotz hunderter digitaler Kontakte. Wer „klönt“ stundenlang mit dem anderen über WhatsApp? Ist diese Kommunikation nicht mit dem Anspruch ständiger Erreichbarkeit verbunden? Dafür werden wir mit überwiegend lustigen, sinnfreien Clips oder „Prominenten-Tweets“ überflutet, ob wir wollen oder nicht. Dabei geht wichtiges unter.

Christa Wallau | Sa., 18. März 2023 - 13:00

Die schädlichen Folgen der Digitalisierung, die Sie hier beschreiben, lieber Herr Grau, sind von vielen Kinder-/Jugendpsychologen u. Pädagogen früh vorausgesagt worden. Aber sie wurden ebenso wenig gehört bzw. ernst genommen wie die Wissenschaftler, die vor den unzureichend erforschten Nebenwirkungen der Corona-Maßnahmen (Impfungen, Lockdowns, Maskenwahn) gewarnt haben.

Überall geht es n u r um Geld und Macht!

Was Gewinne abwirft, wird von den Profiteuren auf Teufel-komm- raus auf den Markt geworfen, aggressiv als alternativlos beworben u. durchgedrückt.
Mögliche negative Folgen für die Menschen
interessieren nicht! Es gibt ohnehin zu viele davon - also weg mit ihnen!
Die alten und neuen Milliardäre, wie z. B. die Eigner von Biontech/Pfizer, können täglich freudig ausrufen: Es lebe die Dummheit!
Hoch seien alle Regierenden auf der Welt gepriesen, die uns vertrauen! Nicht einmal haften müssen wir für unseren Schei...dreck - mag er noch so viel Unheil angerichtet haben. Hurra!

Corona mit Digitalisierung zu tun?

Sie verurteilen mit eindeutigen Worten ja sowohl die Digitalisierung angesichts "schädlicher Folgen", die Sie in gewohnter Weise nicht weiter präzisieren, als auch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Nun kann man, im Nachhinein, natürlich bequem so tun, als ob man/ frau es ja sowieso gewusst hat...aber das ist natürlich billig.

Tatsächlich wäre ein gewisser Fortschritt bei der Digitalisierung gerade in Schulen während der Pandemie hilfreich gewesen. Müssen Sie als ehemalige Lehrerin doch eigentlich wissen?

Aber wahrscheinlich geht es Ihnen ja sowieso nur um die tägliche Abrechnung mit diesem unseren demokratischen Staat, mit dem Sie eben nichts anfangen können. Wissen wir ja schon.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 18. März 2023 - 13:07

Nur zur Abwehr der Mikrobe der menschlichen Dummheit, da hat sich offenbar noch keiner versucht. Wird auch nicht gelingen. Täglich beim Discounter rechnen die Kassen zuverlässig das Rückgabegeld aus. Selber rechnen funktioniert bei vielen nicht mehr. Wenn ich allein sehe, was über alle möglichen Apps bestellt wird, welche Daten da abgegriffen werden, kommt einem das kalte grausen. Und das wird alles freiwillig preis gegeben. Und was fehlt, wird über die asozialen Medien kund getan. Deswegen will man ja eine Gesundheits-App, damit alle und jeder, auch die Krankenkassen und die Versicherer gleich nachschauen können, bei wem sich was, wie noch lohnt und wessen Budget voll ist. Der kann dann halt "verrecken". In der Warteschlange an der Ampel, keiner schaut mehr konzentriert hin, viele mit dem Handy beschäftigt. Die meisten bekommen vieles in ihrem Umfeld nicht mehr mit. Ist das gewollt oder schier nur Ergebnis dieses Digitalisierungswahnsinns? Erspart jedenfalls vielen das selber denken.

Armin Latell | Sa., 18. März 2023 - 14:41

totale Kontrolle und Überwachung, je nach „Fortschritt“. Siehe China. Denn Digitalisierung darf nicht verwechselt werden damit, ob jedermann überall Internet hat oder nicht. Das ist nur ein Nebeneffekt. Arbeitsplätze in ungeahntem Ausmaß werden zerstört werden und damit Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Almosen als bedingungsloses Grundeinkommen werden vom großen Bruder Staat abhängig machen. Demokratie und Rechtsstaat wird es nur noch den Worten nach geben, Meinungen per Algorithmen und KI erzeugt, Chat GPT ist da nur ein Anfang. Der Missbrauch durch charakterschwache, karriere- und machtgeile Psychopathen ist da schon vorprogrammiert. Wie im realen Leben: zu viel vom Guten ist schlecht. Der „Terminator“ oder "Surrogates" bekommt da plötzlich eine neue Bedeutung: von Science Fiction zur nahen, möglichen Realität.

aber es ist leider die (kommende) Realität.

Es hält mich aber zum Glück (noch nicht) davon ab, so zu sein wie ich bin.

Aber es ist schon so: Als Bürger wird man als wie mehr zurückgestuft, man ist aus Sicht vom Staat aus lediglich, wenn es hochkommt, noch eine geduldete Nummer...

Natürlich haben wir es in Europa immer noch besser als an manch anderen Orten, aber wir holen auf...

Michael Bahr | Sa., 18. März 2023 - 15:51

Auch wenn viele Gedanken in Graus Text nur angerissen sind, treffen sie doch ins Schwarze. Über die Frage des pädagogisch Gebotenen wird im Zusammenhang mit schulischer Digitalisierung kaum gesprochen, manche meiner Lehrerkollegen wollen Digitalisierung einfach, weil sie modern sein wollen (habe ich so wortwörtlich schon als Begründung fürs Digitalisieren der Schule gehört - und das nicht nur einmal!).
Gerade werden im ganzen Land schulische Digitalisierungsprojekte angestoßen, wird Arbeit da hinein investiert - Beförderungs- und Karrierehoffnungen werden jetzt mit Digitalisierung verbunden - was der Sache noch zusätzlichen Schub verleiht. Und Corona hat hier leider den Dingen eine Beschleunigung gegeben, die Digitalisten haben Oberwasser. Widerspruch wird meist nur belächelt und als altbacken abgetan. Durch die Schulwelt wurden schon immer modisch-didaktische Säue getrieben, die nach ein paar Jahren wieder vergessen waren - aber die Digitalisierung ist gekommen, um zu bleiben.

Jens Böhme | So., 19. März 2023 - 09:47

Es steht in den Parteiprogrammen der gewählten Parteien, dass die Digitalisierung ausgebaut und forciert werden müsse. So einfach als Bürger und Wähler die Verantwortung abschieben, ist nicht!

Brigitte Simon | So., 19. März 2023 - 14:53

Eine interessante Frage, die Nicholas Carr in seinem gleichnamigen Buch stellt. ...Und was macht mein Gehirn solange?

Ohne Computer und Navi geht heute gar nichts mehr. Das birgt immense Gefahren. Bei intensiver Nutzung der digitalen Medien baut unser Gehirn ab. Kinder und Jugendliche sind kaum noch lernfähig. Aufmerksamkeitsstörungen, Realitätsverlust, Stress, Depressionen und zunehmende Gewaltbereichtschaft. Die Grausamkeit des Mordes, eventuell Streit, machten eine 12-jährige zum Opfer. Zwei 12/13jährige erststachen ihre Freundin. Die Digitalisierung trägt einen großen Anteil dazu bei. Ein Klick, Brutalität "ziehe ich mir ein". Originalton! Man macht sich um die Inhalte "buchstäblich keinen Kopf"
Die Folge: Das Internetzeital zerstört auch soziales Gedankengut.

Waren das noch Zeiten. Sokrates schrieb und Platon redete, der Streit war vorprogrammiert.
Wer hatte Recht? Diese Beantwortung hätten
sich Beide ergoogeln können.
Oder singend wie Homer zum Volke und zu seinen Studenten?

BHZentner | So., 19. März 2023 - 19:11

Zu Ihrer,,Digitaltirade",Herr Grau,fiel mir eine Karikatur,so aus der Zeit d.ersten ,,Handys"mit Pixel-Kameras ein:Im Hintergrund Abendrot überm Meer;im Vordergrund am Strand zig hochgereckte Arme, ,,Handys"in Händen;auf den einzelnen Displays endlos das Bild vom Sonnenuntergang,geknipst von hochgereckten ,,Handys"der Vorderen-quasi Spiegelung eines Spiegelbilds.
Meine Töchter kennen "smartphones"seit sie 14 sind;hätten gern weiter verzögert; doch ,,Gruppen-Zwang"in Schule usw.... Letztlich meint man mit Erziehung u.vorgelebten Umgang mit Medien-gerade(Kinder-)Büchern-u.elterl. ,,Handys"(vermittelte,,Medienkompetenz"?!), allzu ausufernder,,Nutzung" vorbeugen zu können. Pustekuchen!Das Rattenrennen geg.immer neue Entwicklungen u.Manipulationen ist nicht zu gewinnen.Die"digital-natives"könnten in ,,Digital-Demenz"enden.Mittlerweile fordern Could-Anbieter(SWR2,17.3.) zum Bereinigen von Daten auf-weg.Energiebedarf.Mich,,beschleichen" Zusammenhänge...harre gespannt des irren KKW-Aus,15.4.23

Achim Koester | Mo., 20. März 2023 - 09:17

Im Freundeskreis beobachte seit langem die Unsitte, bei einer Tischrunde die Smartphones zu zücken und alle möglichen (besser: unmöglichen) Inhalte zu zeigen. Dadurch wird eine Unterhaltung so gut wie unmöglich, die Runde zerfällt in Zweiergrüppchen, der Rest ist ausgeschlossen, das finde ich extrem unhöflich.