
- Ein dumpfes Wummern in der Ferne
Über die letzten Tage drängen die Ukrainer die Russen an mehreren Stellen der Front bei Kiew zurück. Zu Beschüssen der nördlichen Innenstadt kommt es nur noch vereinzelt. Nach einem Monat Krieg kehrt in der ukrainischen Hauptstadt damit auch langsam wieder Normalität ein. Kriegsnormalität.
Sehr langsam rollt der Zug aus Richtung Lemberg gegen zehn Uhr am Mittwochabend in den Kiewer Hauptbahnhof ein. Kurz vor der Einfahrt ins Stadtgebiet wurden alle Lichter ausgeschaltet. Angespannt schauen die Menschen im Waggon durch die Zugfenster. Viele von ihnen waren seit Wochen nicht hier: Was hat der Krieg mit ihrer Stadt gemacht?
Darunter ist Emil, ein 32-jähriger Bauer aus dem Gebiet Schytomyr westlich von Kiew. Er hat die letzten Wochen mit seinen Eltern in Lemberg verbracht, jetzt kehrt er vorübergehend zurück. Säen will er in diesem Jahr nichts, denn 30 Kilometer nördlich seiner Felder wird gekämpft. Was, wenn irgendwann Panzer über seine Felder rollen? Arbeitskräfte gäbe es zwar, erzählt er, aber Diesel sei jetzt sehr teuer. Auch Düngemittel, die früher aus Belarus kamen, seien inzwischen unerschwinglich.