
- Eine Pause in der demokratischen Schlacht
Gestern fand in Berlin ein zentraler Staatsakt für die Toten der Corona-Pandemie statt. Ein Empathie-Test, eine Einladung, einmal nicht höhnisch abzuwinken, sondern mitzutrauern. Sollten wir dazu nicht in der Lage sein?
Für viele sprach vieles gegen diesen Staatsakt. Die bevorzugende Herausstellung der Corona-Toten: Mehr Menschen sind immer noch an anderem gestorben! Der Zeitpunkt: Hätte man nicht warten können, bis wir in der Bewältigung des Ganzen an einem anderen Punkt sind? Und, das wird ja tatsächlich von nicht Wenigen geäußert und auch aufgeschrieben: „Trauern“ hier nicht heuchlerisch die eigentlich Verantwortlichen für die Toten? Solche Verantwortlichkeit mit einer von keinem Zweifel angekränkelten Selbstgewissheit zu behaupten, ist allerdings eher ein weiteres trauriges Symptom der überhaupt in unserer Zeit so sehr fehlenden Demut im politischen Urteil.
Offenbar war das Bedürfnis groß, über die Sache bedenklich den Kopf zu wiegen. Die Welt fragte rhetorisch und wolkig: „Aber wie sieht so ein Moment [des Innehaltens] aus, wer gedenkt wessen, in einer an den Rändern zerfaserten Zeit, von der keiner vorherzusagen weiß, wie weit sie noch reicht?“ Ja, ja. Und natürlich die Skepsis, wie das am Bildschirm funktionieren soll? Es könnten ja gar nicht alle Bundesbürger teilnehmen – wurde gegrummelt.