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Baden-Württemberg, Konstanz: Die schwedische Fahne weht auf dem Schloss Mainau / dpa

Corona-Strategien - Ist Schweden immun?

Haben die Schweden eine ausreichende Immunität erreicht? Das ist der Schlüssel zu der Frage, ob sich Schwedens Weg durch die Corona-Krise ohne Lockdown gelohnt hat. Zumindest im Vergleich zu den Nachbarländern lässt sich diese Frage klar beantworten.

Autoreninfo

Moritz Gathmann ist Chefreporter bei Cicero. Er studierte Russistik und Geschichte in Berlin und war viele Jahre Korrespondent in Russland.

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Mitte Mai hatte Schweden einen traurigen Rekord zu vermelden: In der 20. Kalenderwoche lag das Land in der Anzahl der Corona-Toten pro einer Million Einwohner vor Großbritannien und Italien. Knapp 4.300 Schweden sind bis zum heutigen Tag in Verbindung mit dem Corona-Virus gestorben – eine sehr hohe Zahl für ein Land mit zehn Millionen Einwohnern. Deutschland mit seinen über 80 Millionen Einwohnern kommt auf etwa 8.500 Tote. Aber auch Schwedens Nachbarland Dänemark kommt bei sechs Millionen Einwohnern bislang auf weniger als 600 Corona-Tote. Allerdings sinken auch in Schweden seit Anfang Mai die Ansteckungs- und Opferzahlen. Man kann also davon ausgehen, dass die erste Phase der Pandemie auch hier zu Ende geht.

In Schweden hat das Virus vor allem die Pflegeheime und die Migrantenviertel hart getroffen. Proteste gegen die im Vergleich zu den meisten anderen Ländern lockere Corona-Strategie gab es dennoch nicht: Zum einen hat das Gesundheitssystem des Landes standgehalten. Zum anderen gehen die Schweden davon aus, dass das Opfer, das die Bevölkerung in der ersten Phase der Pandemie gebracht hat, sich im Herbst auszahlen wird: Wenn andere Länder bei einem neuen Aufflammen der Pandemie zu neuerlichen Lockdowns gezwungen werden, könnte Schweden aufgrund der höheren Immunität in der Bevölkerung erneut darauf verzichten. Davon ist auch Anders Tegnell, Chef der Gesundheitsbehörde, überzeugt. Zuletzt sagte er der Financial Times:„Im Herbst wird es eine zweite Welle geben. Schweden wird ein höheres Niveau an Immunität haben, und die Fallzahlen werden vermutlich eher niedrig sein.“

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Urban Will | So., 31. Mai 2020 - 15:42

der richtige war, würde ich nicht nur an der Frage einer evtl. Herdenimmunisierung aufhängen.

Die wirtschaftlichen und noch viel mehr die sozialen Folgen des Lockdowns in D und anderswo sind zwar schwer zu ermitteln (zumindest letztere), aber immens wichtig bei der Beurteilung, wer denn nun richtig lag.

Außerdem wird die „Lockdown“ - Variante spätestens dann zur Farce, wenn die Forschung bzgl. eines Impfstoffes nicht vorankommt, es unerwartete Wirkungen oder Verläufe gibt, etwa die, dass Menschen trotz Antikörper wieder erkranken, der Impfstoff nur bedingt wirkt, die Immunität zeitlich begrenzt bleibt, etc. Noch weiß man ja fast nichts und wenn man auf alle Unklarheiten mit weiterem Lockdown zu reagieren gedenkt, werden sich bald ganz andere Fragen stellen.

Die Folgen für jeden einzelnen sind heute, quasi „zu Beginn“, um unsere Kanzlerin zu zitieren, bereits sehr gravierend.
Auf unbestimmte Zeit sind sie verheerend.

Schwedens Weg war somit der einzig richtige und logische.

Bernhard K. Kopp | Mo., 1. Juni 2020 - 07:37

Antwort auf von Urban Will

Der Wirtschaftseinbruch in Schweden wird nicht anders sein als im Rest Europas. Die Projektionen gehen bis zu 10% (D ca. 7%). Damit sind die sozialen Folgen verbunden. Die epidemiologische Wertung steht noch aus und kann erst abgeschlossen werden, sobald sie mit Impfung/Medikament als beendet angesehen werden kann. Die Sterberate ist in Schweden, proportional zur Bevölkerungszahl, ca. 3.5 mal größer als in Deutschland. Ob die Angehörigen und Freunde der Verstorbenen dies der Regierung und deren Chef-Berater jemals verzeihen ist offen. Nur weil die offizielle Strategie weniger " Unannehmlichkeiten " für die Bevölkerung brachte, heißt noch lange nicht, dass die schwedische Strategie ethisch, gesundheitspolitisch, sozial und wirtschaftlich besser war.

der Dinge sein, meine ist eine andere.

Die Zahlen in Schweden sind, wie Sie wissen lokal sehr unterschiedlich und je nachdem, welche Statistik man nimmt gar nicht so anders. Dass sie bezogen auf die Gesamtbev. höher liegen stimmt.
Aber kennen Sie die wirkliche Zahl der Infizierten dort? Und wie ist d. Vgl. mit Italien und Spanien (kompl. Lockdown)?
In S gehen die Zahlen derzeit auch zurück. Stark sogar.

Dass ein weltweiter Lockdown die schwedische Wirtschaft auch betrifft, ist wahrlich nicht verwunderlich.
Aber ich denke im Bereich kleinerer, lokal aktiver Betriebe, Restaurants, Kleinkünstler, etc. wird es dort besser aussehen.

Verstehe ich Sie richtig? Befürworten Sie einen Lockdown, bis Impfstoff und Medikament auf dem Markt sind? „Ob“ und „wann“ sind beides ungewiss und können noch Jahre dauern. Das halten wir nicht durch.
Dann sind es nicht die Corona - Toten, wegen derer die Regierungen gehasst werden.
Wir müssen lernen, mit Corona zu leben. In S kann man es bereits.

Der nationale Lockdown ist eine grenzwertige Notreaktion nach zweimonatigem Nichtstun ( Jan-Feb). Er sollte so nie wieder geschehen. Aber, für eine differenzierte, regionale Vorgangsweise braucht es zentral ausgearbeitetes und vermitteltes Know-How, und regionale Kompetenzen und Ressourcen zur schnellen Umsetzung.

Herr Kopp.
Zumindest was die ersten Reaktionen angeht.
Beim „Nichtstum“, zumindest bezogen auf D, hätten Sie auch noch die ersten zwei Drittel des März hängen können.

Und momentan nähern wir uns in „Trippelschrittchen“ dem Schweden – Modell an, so zumindest mein Eindruck.
Größtenteils volksverdummend, da man viel schneller viel weiter gehen könnte, dadurch aber zugeben müsste, in vielen Dingen falsch gelegen zu haben.

Die rein sachliche Einschätzung der Virologen ist die eine Seite, nur auf sie bezogen müsste man nach wie vor alle einsperren, bis das Virus vom Planeten verschwunden ist. Aber die soziale und wirtschaftliche Perspektive sollte anhand der Fakten mittlerweile die bestimmende sein. Auch wenn die Zahlen wieder steigen. Schweden zeigt doch, dass auch dann keine Hunderttausende oder gar Millionen ernsthaft erkranken und sterben.
Denn wie ich schon sagte, man wird keine Alternative haben, wenn sich bei der Forschung nicht so schnell was tut.

Wie es Johan Giesecke (Exchef der schwedischen Gesundheitsbehörde) so schön gesagt hat: „den Lockdown Ländern fehlt eine haltbare und langfristig funktionierende Exitstrategie“.
Mir kommt es ein wenig vor wie die Strategie eines kleinen Kindes. Sich verstecken und die Augen zuhalten. Funktioniert anfänglich recht gut aber auf Sicht muss man aus seinem Versteck rauskommen und Essen suchen und das Virus wartet schon.
Aber, wer weiss, vielleicht geschieht ja ein Wunder und das Virus schwächt sich von alleine ab. Ist durchaus denkbar.
Es erinnert ein wenig an die deutsche Einwanderungspolitik. Siehe 2015. das kann man schon mal „schaffen“, aber langfristig ist das System zum „Scheitern“ verurteilt. Hauptsache, den Politikern blieben JETZT die hässlichen Bilder erspart.

Gerhard Lenz | Mo., 1. Juni 2020 - 11:05

Antwort auf von Urban Will

Wenn man richtig und falsch ausschliesslich an den (vermuteten) wirtschaftlichen Konsequenzen festmacht, mag man zu einem solchen Schluss kommen.
Welcher größtenteils falsch ist - die wirtschaftliche Situation des Landes ist in Zeiten der Globaliserung keineswegs wesentlich besser als die in Deutschland. Gerade hat der Spiegel über eine entsprechende Untersuchung des schwedischen Weges berichtet:
https://www.spiegel.de/politik/ausland/corona-krise-schwedens-sonderweg…
Ein wesentliches Ergebnis: Die Todeszahlen in Schweden sind im Verhältnis viermal so hoch wie in Deutschland. In den skandinavischen Nachbarländern liegt sie nur bei einem Achtel bis ein Zehntel der schwedischen Zahlen. Dabei verfügt ein dünn besiedeltes Land wie Schweden eigentlich im Vergleich zu Deutschland über wesentlich günstigere Bedingungen, die Corona-Opferzahlen möglichst klein zu halten.
Schwedens Weg ist besser? Sicher nicht. Siehe Beweise.

eine Frage, Herr Lenz.

Befürworten Sie eine Beibehaltung des Lockdowns bis Corona als vollständig "besiegt" gelten kann?
Also bis Impfstoff und Medikamente gefunden, erprobt und weltweit verbreitet/verabreicht sind?

Ich nehme an, Sie sind alleinstehender Ruheständler und haben keinerlei gravierende Folgen zu erwarten. Es geht nicht nur um die wirtschaftlichen...

Zahlen hin oder her. Zahlen sind die Huren derjenigen, die sie in die Welt setzen. Es geht darum, ob eine Regierung auf ihr Volk hört und das Wohl des Volkes wirklich im Sinn hat. Am Ende wird Schweden die Nase vorn haben, auch und vor allem wirtschaftlich. Und wovon lebt ein Volk? Vom Lockdown ganz sicher nicht. Auch nicht von den Händen an der Hosennaht wie ein Herr Lenz. Es ist wirklich lustig zu beobachten, wie dieser Herr jede Kehrtwendung, jeden Kurs der Regierung heilig spricht. Er muss ein Regierungstroll sein, Merkels Homunculus.

An der Lockdown-Diskussion stört mich vor allem eins:
Es heißt meistens Wirtschaft vs. Gesundheit.
Dies ist aber so nicht richtig.
Die Kollateralschäden sind viel weitreichender.
Lt. VdK ermöglicht derzeit Corona humanitäre Notlagen (hatte mit Ihnen bzgl. einer älteren Dame telefoniert).
Notwendige Operationen wurden hinausgezögert.
Notwendige Kuren derzeit nicht genehmigt.
Patienten, die derzeit im Krankenhaus bzw. Pflegeheim liegen werden ohne soziale Kontakte zu physischen und psychischen Wracks.
In D sind die Kollateralschäden als bei weitem nicht geklärt.
Wie sieht es aber global aus?
Indien? Bangladesch? Ganz Afrika? Auch Urlaubsregionen trifft es wahrscheinlich hart:
Kuba? Dom. Rep.? Thailand?
Was unterscheidet denn Haiti von der Dom. Rep.?
Eventuell könnten auch die Ausschreitungen in den USA durch Armut und Arbeitslosigkeit angeheizt werden. Soziale Ungleichheit gab es vor Corona schon.
Vielleicht könnte der Cicero in diese Richtung recherchieren.

Michaela 29 Diederichs | So., 31. Mai 2020 - 21:17

Habe ich Ihnen schon gesagt, dass ich Ihre Beiträge gerne lese? Wenn nicht, tue ich es hiermit. Ich finde, es ist höchste Zeit für Komplimente und Streicheleinheiten. Wenn wir mal ehrlich sind: was weiß die Wissenschaft, was wissen wir über das Virus? "Zum Leben zu wenig und zum Sterben zuviel" um es mal mit Heinz-Rudolf Kunze zu sagen. Länder sind ihre eigene Wege gegangen. Jedes in der Hoffnung, es richtig zu machen. Aber wir sind und bleiben unwissend. Ein Herr Drosten ist mir inzwischen zu selbstverliebt und abgehoben. Dänemark hat ganz früh Kitas und Schulen aufgemacht und nichts ist passiert. Alles ist spekulativ. Aber Ihren Artikel finde ich trotzdem sehr schön geschrieben.

gathmann | So., 31. Mai 2020 - 21:48

Antwort auf von Michaela 29 Di…

Es dankt freundlich der Gestreichelte.

Beste Grüße

Moritz Gathmann

Klaus Funke | Mo., 1. Juni 2020 - 13:45

Antwort auf von Michaela 29 Di…

Ich will auch mal gestreichelt werden. OOOch, immer nur die Meinungsführer.

Jens Böhme | Mo., 1. Juni 2020 - 05:07

Ich weiß bis heute nicht, wie man in Deutschland ohne 2. Lockdown die 2. Welle ab Herbst 2020 niedrig halten will, um keine hohen Infektionszahlen ohne Impfstoff zu erreichen. Warum fällt niemandem diese Frage ein, wenn es um den schwedischen Weg geht? Ich habe den Verdacht, eine 2.Welle schliesst man fachmännisch eher aus oder man fordert das Glück heraus, es wird bei der 2.Welle nicht so schlimm werden.

Jürgen Waldmann | Mo., 1. Juni 2020 - 09:40

Antwort auf von Jens Böhme

Schweden geht sehr oft , dazu sehr erfolgreich , einen eigenen Weg ! Das war so als sie ohne die Hilfe der EU in Anspruch zu nehmen , ihr unbezahlbar gewordenes Sozialsystem umkrempeln mussten , das war auch so , als die Kernenergie nach dem Erdbeben und der Hochwasserwelle in Fukushima weltweit verteufelt wurde .
Deutschland reagierte kopflos und beschloss aus der Energieversorgung mit AKW aus zu steigen , was weltweites entsetzen auslöste . Als in der BRD die Grünen ihre Furcht vor dem Atom in allen Medien kund taten , da regierte Schweden sehr gelassen und beschloss nach gründlicher Diskussion , bei der Stromversorgung mit Kernenergie zu bleiben . In den Zeitungen und dem Fernsehen sah man bei uns täglich Sendungen , die von den Grünen dominiert wurden , wie künstlich Angst verbreitet wurde . Heute kann man den Unterschied zur BRD täglich lesen und sehen , die Schweden reagieren überlegt und ohne Panikmache auf die Corona Infektion .

Ernst-Günther Konrad | Mo., 1. Juni 2020 - 09:12

Ob die Schweden tatsächlich den besseren Weg gegangen sind, mag ich persönlich derzeit nicht entschieden it ja oderin beantworten. Sie sind aber gegen die "Weltmeinung" geschwommen und haben wenigstens eine andere Alternative mit Begründung und mehrheitlicher Zustimmung des Volkes gewählt. Auch doprt starben in erster Linie alte und vorerkrankte Menschen. Natürlich will man so viele, wie möglich retten und bewahren. Nur ist das eben nicht realistisch. Allein der Umstand, dass in Schweden nicht alles alternativlos scheint, verdient schon Anerkennung und Respekt. Natürlich weiß´es derzeit keiner, bei den vielen Vermutungen, Schöätzungen, Streitigkeiten über Auslegungen und Schlussfolgerungen. Wenn die Länder drum herum den Lockdown verhängen, können Waren eben nicht geliefert und verkauft werden. Das ist aber nicht Folge schwedischer Handlung, sondern der Hysterie im Rest der Welt, die immer noch versucht wird zu befeuern. Danke, dass Sie von Phase sprechen und nicht von "Wellen".