Alexander Lukaschenko und Wladimir Putin
Offiziell demonstrieren Putin und Lukaschenko eine kumpelhafte Beziehung, doch Lukaschenko hegt Hass auf den herablassenden Putin / dpa

Russland schickt Soldaten nach Belarus - Planen Moskau und Minsk einen zweiten Angriff auf Kiew?

Moskau schickt erneut Tausende von Soldaten auf belarussisches Territorium. Plant Putin einen neuen Angriff auf Kiew, das nur 60 Kilometer von der Grenze entfernt liegt? Oder handelt es sich um ein großes Ablenkungsmanöver? Zumindest in einem Punkt sind sich Militärexperten im Westen einig: Alexander Lukaschenko, der Alleinherrscher von Minsk, möchte eigentlich seine eigene Armee aus den direkten Kämpfen mit der Ukraine heraushalten. Doch einiges spricht dafür, dass er dem Druck Putins nachgibt.

Autoreninfo

Thomas Urban ist Journalist und Sachbuchautor. Er war Korrespondent in Warschau, Moskau und Kiew. Zuletzt von ihm erschienen: „Lexikon für Putin-Versteher“.

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In Kiew ist man höchst beunruhigt: Moskau schickt seit Mitte des Monats erneut Tausende von Soldaten auf belarussisches Territorium. Zur Ausbildung, weil die eigenen Übungsplätze nicht ausreichen? Oder zur Vorbereitung eines neuen Angriffs auf Kiew, das nur 60 Kilometer von der Grenze entfernt liegt? In einem Punkt immerhin sind sich die Militärexperten im Westen einig: Alexander Lukaschenko, der mit harter Hand regierende Alleinherrscher von Minsk, möchte eigentlich seine eigene Armee aus den direkten Kämpfen mit der Ukraine heraushalten. Die Frage ist, ob er dem wachsenden Druck aus dem Kreml standhält, endlich an der Seite der „russischen Waffenbrüder“ in die Schlacht zu ziehen. Aus Belarus starteten im Februar die russischen Streitkräfte ihren schlecht vorbereiteten Marsch auf Kiew. Dort sorgt man sich, dass Wladimir Putin nach all den Rückschlägen der vergangenen Monate die ukrainische Hauptstadt erneut massiv angreifen lässt, weil er dringend einen Prestigeerfolg braucht.

Die ukrainische Militärführung und ihre Berater, vor allem Experten der britischen Streitkräfte, spielen mehrere Szenarien durch. Unmittelbare Gefahr für Kiew sehen sie vorerst nicht, zumindest berichten dies ukrainische Medien, die allerdings, wie in Kriegszeiten auch in demokratischen Staaten üblich, der Militärzensur unterliegen. Nach Erkenntnissen der Briten sind die bis zu 20.000 russischen Soldaten, die in den vergangenen Wochen in Viehwaggons in die südlichen Bezirke von Belarus gebracht worden sind, weder gut geschult noch ausgerüstet. Ein Großteil dürfte zu den angeblich 300.000 Mann gehören, die bei der Anfang September von Putin verkündeten „Teilmobilisierung“ eingezogen wurden, offenkundig meist ohne sonderliche Begeisterung. Auch sind auf den Satellitenbildern bislang keine Vorbereitungen für einen Truppenaufmarsch zu erkennen, wie er vor genau einem Jahr die internationale Öffentlichkeit beunruhigt hat. Nach Angaben russischer Militärblogger soll der Verband über 170 Panzer, 200 gepanzerte Truppentransporter sowie bis zu 100 großkalibriger Geschütze und Mörser verfügen, also aus ukrainischer Sicht eine durchaus bedrohliche Größe.

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Elfriede Puhvogel | Mo., 31. Oktober 2022 - 18:30

Statt ständig den Krieg durch Spekulationen und nicht erfüllbare Forderungen weiter anzutreiben, sollte man besser davon sprechen wie eine Friedenslösung aussehen kann.
Gemäß den Minsker Abkommen I und II war eine Autonomie für die Oblaste Donezk und Luhansk innerhalb der Ukraine vorgesehen.
Fangen wir also damit an und setzen das um, so wie die Basken und Katalanen in Spanien ihre Autonomie haben.
Oder haben die 17% russische Bevölkerung in der Ukraine keine Rechte?
Die Ukraine bleibt mit den beiden autonomen Oblasten neutral und tritt nicht dem Nato- Bündnis bei.
Die Ukraine kann der EU beitreten, muß jedoch wie jedes andere Land den Weg und die Kriterien zum Beitritt einhalten.
Die Krim bleibt in russischer Hand.

Gerhard Lenz | Di., 1. November 2022 - 10:04

Antwort auf von Elfriede Puhvogel

was ihr eigenes Territorium, die Krim angeht?

Scheinbar nicht. Und was die Autonomie der Ost-Ukraine angeht: Der Zug ist längst abgefahren. Putin rückt die Gebiete nicht mehr raus, auch wenn hier und da zur Zeit die ukrainische Armee wieder Land gewonnen hat.

Sie dürfen Ihre Vorschläge ja gerne persönlich in Moskau unterbreiten...

... keine Ideen und Vorschläge wie der Konflikt gelöst werden könnte, wie er enden soll.
So hält man den Krieg bewußt und gewollt am Kochen, zum Leidwesen aller Betroffenen.

Armin Latell | Mo., 31. Oktober 2022 - 18:35

Ich kenne keinen einzigen Politiker, der NICHT notorischer Lügner wäre. Warum sollte es da bei Putin anders sein? Weil der Autor mit Russland keine guten Erfahrungen gemacht hat und vom KGB aus Moskau abgeschoben wurde? Nicht gelogen hat Putin, als er (Orban) sagte, dass er eine Aufnahme der Ukr in die Nato mit allen Mitteln verhindern werde. Dieser Krieg wurde vom Westen, genauer den USA und ihrem Vasallen GB, konsequent herbeigeführt und Putin hat ihnen leider den Gefallen getan. Dieser Krieg wird so lange fortgesetzt werden, bis die Lügner aus dem Westen mit dem Lügner aus dem Osten über einen Frieden verhandeln.

Albert Schultheis | Mo., 31. Oktober 2022 - 22:36

Wir sind im falschen Krieg! Das ist nicht unser Krieg, auch wenn uns unsere Regierung genau das glauben machen will. In der Ukraine der Bandera-Nazis wird bestimmt nicht unsere Demokratie und schon gar nicht unsere Freiheit verteidigt. Denn nicht Russland macht uns unsere Freiheit streitig, sondern die USA und deren allerbeste Schoßdackel in UK. Allem Anschein nach war es das UK, das die Nordstream Pipeline in einem kriegerischen Akt, der sich unmittelbar gegen die Interessen unseres Volkes und Landes richtete, gesprengt hat. Offenbar hatte Liz Truss, die Kurzweilige, nichts anderes zu tun, als unmittelbar nach dem Angriff den USA Vollzug zu melden: "It's done!" Dieser Krieg folgte von Anfang an nur den bekannten US-Interessen: Man sah in der Ukraine die einmalige Chance, ohne auch nur einen US-Soldaten zu opfern, den Erzfeind des Kalten Krieges unmittelbar vor dessen Grenze zu stellen, zu zermürben und dabei alle Bande zwischen Deutschland und Russland seit Gorbatschow zu zerstören.

Gerhard Lenz | Di., 1. November 2022 - 10:02

Was Lukaschenko will oder nicht, spielt doch überhaupt keine Rolle. Der weißrussische Diktator möchte auf seinem Thron sitzenbleiben, und das kann er nur, wenn er vor Putin kuscht. Und wenn Letzterer Belarus zu militärischem Aufmarschgebiet machen will, dann wird er das auch tun, und sicher nicht den Dicken in Minsk fragen.

Putin wird alles daran setzen, seinen Vernichtungskrieg zu gewinnen - oder eine Situation herbeizuführen, in der die Ukraine auch einen Diktatfrieden akzeptiert. Dazu wird er, je nach Lust, Laune und Möglichkeiten, auch die ganze Ukraine in Schutt und Asche legen und Millionen von Toten in Kauf nehmen.
Putin ist dermaßen von seinem Wahn besessen, diesen Krieg zu gewinnen und in russischen Geschichtsbücher als Verteidiger von Russentum und (angeblich) russischen Territorien und Interessen verewigt zu werden, dass er gar nicht mehr zurück kann.
Die von Putinverstehern ständig geforderten Verhandlungen sind völlig illusorisch, Putin ist gar nicht interessiert!