
- Deutscher Dünkel
Das Ende der Koalition in Österreich nach der Veröffentlichung des Videos um FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache verleitet deutsche Politiker zu anmaßenden Ratschlägen. Diese werden vermutlich das Gegenteil des Erhofften bewirken. Österreicher lassen sich von den „Piefkes“ ungern belehren
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein föderaler Staat. Ihr gehören 16 Bundesländer an. Österreich zählt nicht dazu. Wer die jüngsten Wortmeldungen deutscher Politiker zur Regierungskrise in Wien verfolgt, kann jedoch diesen irrigen Eindruck gewinnen: dass die Republik Österreich nichts dringender benötigt als deutsche Ratschläge. Dass Österreichs Wohl und Wehe von der Befolgung dieser Ratschläge abhängt. Dass die Freiheit Österreichs in Berlin verteidigt wird. Denn – so der saarländische Ministerpräsident, Tobias Hans von der CDU, – „dies ist keine allein innerösterreichische Angelegenheit.“
Nur Österreichs Bürger wählen ihre Regierung
Natürlich kann man sich in einer Zeit, die alle Politik als Weltinnenpolitik begreift, fragen, ob es eine in strengem Sinn nationale Politik überhaupt geben kann. Die Entscheidungsträger sind global ebenso vernetzt, wie es die Probleme sind, derer sie Herr zu werden versuchen. Auch unter den Bedingungen fortwährender Globalisierung jedoch geht Demokratie, wo sie herrscht, vom Volk aus – vom jeweiligen Staatsvolk auf einem klar umrissenen Staatsgebiet. Nur Österreichs Bürger wählen ihre Regierung, und nur in Österreich wird von Österreichern entschieden, ob und wann es Neuwahlen geben mag. Die unerbetenen Handlungsempfehlungen aus dem Norden sind anmaßend, dreist und kontraproduktiv. Sie kleiden nationalen Dünkel ins Gewand globaler Sorge.