
- Von Bayern bis Beijing
Deutsche Medien und Politiker, die Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen als „Aluhüte“ und „Covidioten“ beschimpft hatten, zeigen auf einmal Verständnis - wenn die Proteste in China stattfinden. Woher diese Doppelstandards? Der Hinweis, Deutschland sei im Unterschied zu China schließlich ein Rechtsstaat, reicht da längst nicht mehr.
Zuweilen packt mich die Sehnsucht nach dem globalen Dorf. Zur Erinnerung: So nannten in den 1990er-Jahren Teilnehmer am Lufthansa-Vielfliegerprogramm den oftmals verhängnisvollen Umstand, dass es damals am erzgebirgischen Fichtelberg kaum anders aussah als im Gelben Gebirge und dass der Sack Reis, der am Morgen vielleicht in Changchun umfiel, am Abend bereits im Geflügel-Thai-Curry eines x-beliebigen Panasiaten in Prenzlauer Berg verkocht werden konnte.
„Tempi passati!“, ruft man da leicht sentimental. Heutzutage ist man schon froh, wenn wenigstens noch ein paar Ortskundige im internationalen Dschungel die semantische Differenz beschreiben können, die zwischen der Aufnahme einer Corona-Maßnahmen-Demo, sagen wir der Einfachheit halber mal, im sächsischen Zwickau, und der eines Maßnahmen-Protests an der Uferpromenade des Liangma-Flusses in der Nähe des Diplomatenviertels von Peking liegt.