
- Ein ganz besonderer Anlass
Die Gefahr für Olaf Scholz war nie so groß. Doch statt in der Wirecard-Ausschusssitzung zu überraschen, blieb der mögliche SPD-Kanzlerkandidat bei seiner Version, alles richtig gemacht zu haben. Auch am Bafin-Chef Felix Hufeld scheint er festzuhalten. Wie lange soll das noch weitergehen?
Ob Hochzeit oder Abschlussball – zum Friseur gehen Menschen gerne vor ganz besonderen Anlässen. Der Bundesfinanzminister geht zum Friseur, bevor er in den Ausschuss muss. Vielleicht fürchtete Olaf Scholz, dass ihm heute das ein oder andere Haar in der Sondersitzung des Finanzausschusses zum Wirecard-Skandal gekrümmt werden könnte. Eine gute Stunde bevor die für ihn unangenehme Sitzung im Bundestag begann, saßen jedenfalls irgendwo zwischen Spree und Friedrichstraße die Fahrer in den Regierungslimousinen und warteten auf den Vizekanzler. Als dieser schließlich aus dem Frisiersalon heraustrat, musste man aber schon sehr genau hinsehen, um überhaupt einen optischen Unterschied zu vorher festzustellen. Scholz sah aus wie immer. Nur das Hemd einen Knopf weiter geöffnet als sonst und keine Krawatte.
So unspektakulär wie der Friseurbesuch des möglichen SPD-Kanzlerkandidaten in spe war dann dem Vernehmen nach auch sein Besuch in der Wirecard-Sondersitzung. Scholz ist kein Politiker für Überraschungen. Er setzt auf Bewährtes. Einmal wie immer – ob Haarschnitt, Cum-Ex oder Wirecard. Scholz blieb im Finanzausschuss erwartbar auf dem Standpunkt, seine Finanzbehörden, insbesondere die Bafin, hätten korrekt gehandelt, nämlich im Rahmen des rechtlich Möglichen. Wie es trotz diesem angeblichen Befolgen der bestehenden Regeln zum nun größten Finanzskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte kommen konnte? Sicher, die Bafin braucht mehr Befugnisse. Sicher, auch die Wirtschaftsprüfer von EY, die sich unter anderem gefälschte Bilanzkopien haben geben lassen, trifft eine Mitschuld, auch hier braucht es Reformen, die Sache des Bundeswirtschaftsministers Peter Altmaier (CDU) wären. Nach Cicero-Informationen aber soll sich der ebenfalls zur Sondersitzung geladene Altmaier wohl schützend ausgerechnet vor EY gestellt haben.