
- Das Geschäft der neuen Meinungsmacher
Als Werbebotschafter wurden Influencer bislang vor allem von Konzernen gebucht. Denn ihren Fans gelten sie, obwohl bezahlt, als extrem glaubwürdig. Neuerdings erleben auch Politiker deren Markt- und Meinungsmacht. Das Geschäft der Influencer ist heikel, denn es geht um mehr als nur Produkte
Ein wenig klang es so, als habe Annegret Kramp-Karrenbauer sich den Youtuber Rezo geradezu herbeigewünscht. „Wir brauchen kurze Sätze, präzise und griffig. Wir brauchen Emotionen. Und wir dürfen auch mal frech, überraschend oder einfach kommunizieren.“ So hatte die CDU-Vorsitzende Anfang dieses Jahres für das Fachportal politik & kommunikation ihre künftige Kampagnenstrategie umrissen. Demnach müsse die CDU ein „fragmentiertes Publikum zielgerichtet und verständlich, gleichzeitig auf unterschiedlichen Kanälen erreichen“. Sie sprach von „horizontalem Vertrauen“, von „Botschaftenmanagement über Influencer und Multiplikatoren“.
Wenige Monate später lassen sich die Union und ihre Vorsitzende kalt erwischen, mitten im digitalen Raum. Die Endgegner im Europawahlkampf sind keine anonymen Social Bots – mit Desinformationen und Fake News aus Russland. Für Turbulenzen sorgen junge deutsche Youtuber, allen voran ein junger Mann namens Rezo – mit Fakten samt Fußnoten aus der Wissenschaft, mit blauen Haaren, grünen Forderungen und millionenfacher Reichweite. Sein 55 Minuten langer Videoaufruf „Die Zerstörung der CDU“ endet mit den Worten: „Wählt bitte nicht die SPD! Wählt bitte nicht die CDU! Wählt bitte nicht die CSU! Und schon gar nicht die AfD!“ Es ist eine implizite Wahlempfehlung für die Grünen.