Protest gegen Javier Milei / dpa

Argentinien in der Krise - Buenos Aires ist Berlin

Argentinien galt einst als die „Schweiz Südamerikas“. Doch Sozialismus und Staatsgläubigkeit führten das Land in den Niedergang. Jetzt soll es ein libertärer Präsident retten. Die Parallelen zu Deutschland sind erschreckend.

Autoreninfo

Carsten Korfmacher ist Wirtschafts- korrespondent von Nordkurier und Schwäbischer Zeitung in Berlin.

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Selbstverständlich habe ich Milei gewählt“, sagt Franco. In seinen Worten schwingt eine Mischung aus Empörung und Verwunderung mit. „Ich kenne niemanden in meinem Alter, der Milei nicht gewählt hat.“ Der 20-Jährige stammt aus der argentinischen Millionenmetropole Rosario, wo er bei seinen Eltern lebt und Maschinenbau studiert. Eigentlich wollte er Sportjournalist werden. Doch sein Vater drängte ihn dazu, etwas Bodenständigeres zu lernen, um später ins Ausland gehen zu können. Auch wenn Franco lieber in Argentinien bleiben will, in seiner Heimatstadt, die größtenteils aus Slums besteht und von Drogenkartellen und Straßenbanden kontrolliert wird.

Rosario galt einst als Hochburg des Sozialismus, der marxistische Guerillaführer Che Guevara wurde hier geboren. Doch mittlerweile hat sich der politische Wind gedreht. Bei der Präsidentschaftswahl im November gaben fast 60 Prozent der Bürger Rosarios dem Libertären Javier Milei ihre Stimme. Denn viel junge Argentinier betrachten den neuen Präsidenten als letzte Rettung. Zu viel ist kaputt gegangen in den vergangenen Jahren. Die Inflation im Jahr 2023 betrug 211 Prozent, allein von November auf Dezember sind die Preise um über 25 Prozent gestiegen. Gut Ausgebildete verlassen in Scharen das Land, und von denen, die bleiben, kommen viele selbst mit einem zweiten oder dritten Job kaum über die Runden.

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Chris Groll | Di., 12. März 2024 - 18:56

Sehr interessanter und guter Artikel, der die Situation in Argentinien und Deutschland beschreibt.
Das, was der Autor über Argentinien sagt, trifft auch auf Venezuela zu. Allerdings ging der Niedergang des Staates etwas schneller.
Als wir vor einigen Jahren das Land besuchten, waren die Bewohner zwar nicht reich, aber es ging ihnen einigermaßen gut. Sie waren freundlich und nett und auch zuzfrieden. Dann kam der Sozialist Chavez und verführte die Menschen durch Versprechungen zum Sozialismus. Er verprach ihnen ein besseres Leben, Gleichheit und Gerechtigkeit. Heute sind alle gleich arm (Ausnahme die solzialistischen Apparatschiks). So wird es auch in Deutschland kommen, denn auch wir haben eine abartige Staatsgläubigkeit und das führt das Land in den Sozialismus? und den Niedergang.
Doch hier in Deutschland wird sicherlich zuerst das Kalifat ausgerufen.
Ich wünsche den Argentinieren mit ihrer neuen Regierung alles Gute. Den Liberalismus ist immer zum Wohle der Menschen.

Sabine Jung | Di., 12. März 2024 - 18:57

ehe eine greifende Wende kommt und es der deutsche Michel endlich begreift. Zunächst wird die Wirtschaft kaputt gewirtschaftet aufgrund der Energiepreise, Lohnkosten, Bürokratie und die Gängelung des eigenen Tuns in der Wirtschaft. Die Betriebe werden sich andere Länder wie Amerika suchen. Es wandern junge, intelligente Menschen aus, der Rest, der hier bleibt, nun ja. Viele Migranten, ungebildet, damit kann man keinen neuen Staat bilden.
Das der Sozialismus nix wird, das haben wir ja spätestens in der DDR gemerkt.
Aber man sieht es an einem Lande wie Argentinien, wie es nicht werden sollte! Also auf geht es in das Verderben!

Bernd Windisch | Di., 12. März 2024 - 19:00

"Denn in sehr kurzer Zeit haben sich mächtige Gewerkschaften, NGOs und andere von der Politik finanzierte Aktivistengruppen gebildet. Ihre Mitglieder sind meist beim Staat angestellt und deswegen am planwirtschaftlichen Status quo interessiert – auch wenn das gegen das Wohl der Mehrheitsgesellschaft geht.

Grünopolis in Reinkultur!

Urban Will | Di., 12. März 2024 - 19:40

dieses einst so stolze Land nun dasteht.
In Deutschland gibt es eine einzige Partei, die den Übergang zum Sozialismus längst erkannt hat und dagegen angeht und deren Co-Vorsitzende fundierte Kenntnisse in Sachen Wirtschaft aufweist. Nicht umsonst tobt sie oft im Bundestag und das ist ehrlich, das merkt man. Die Dame hat völlig zu Recht eine Stinkwut auf die Idioten, die auf der Regierungsbank hocken und dieses Land an die Wand fahren.
Ihre Partei wird systematisch dämonisiert und – so hat man den Eindruck – soll zeitnah komplett vernichtet, sprich verboten werden.
Natürlich gibt es in dieser Partei schwarze Schafe, viele Holzköpfe und den einen oder anderen, dessen Gedankengut sich im Unterirdischen bewegt, doch sind diese Menschen nicht d i e AfD. Es gibt in allen Parteien Idioten.
Mit einer AfD in der Regierung, v.a mit einer Kanzlerin oder wenigstens Wirtschaftsministerin Weidel würden viele Dinge anders laufen in diesem Land.
Und früher oder später werden d Wähler das merken.

Stefan Jarzombek | Di., 12. März 2024 - 19:51

"Wenn in der Bundesrepublik der freie Markt verloren geht, dann drohen auch hierzulande argentinische Zustände."
Habeck und die Ampelregierung wollen alles staatlich bestimmt und kontrolliert wissen. Das ist Gift für die Wirtschaft und den Wohlstand.
Wo sind die versprochenen Wohnungen Herr Scholz, 20.000 Stellen sind bei der Bundeswehr unbesetzt, die Schuldenbremse wird stetig aufgeweicht.
Es drohen tatsächlich Verhältnisse wie in Argentinien.
Wenn jetzt noch die AfD als letzte wirkliche Oppositionspartei ausfällt, sage ich nur noch gute Nacht Deutschland. Es war einmal.

Markus Michaelis | Mi., 13. März 2024 - 01:27

Ich bin sicher kein Fachmann, war aber einige Male in Argentinien, auch mal 8 Monate. Nach meinem sicher oberflächlichen Eindruck ist an dem Artikel einiges dran. In Argentinien gibt es einige reiche Familien, die sich in den Provinzen lukrative Wirtschaftssektoren aufteilen. Das vermischt sich mit "dem Staat". Als Gegenstück gibt es tatsächlich (was ich mitbekommen habe) auch beeindruckende "Sozialleistungen". Jeder bekommt irgendeinen Job, es gibt etwas Land etc.

Nur hat das ökonomisch keine Grundlage. Mächtige Leute sichern ihre Position und drumherum gibt es viel Gerede und sicher auch einige Taten unter den Stichworten "sozial, gerecht etc." Aber es fährt gegen die Wand, weil nichts dabei herauskommt. Viel heiße Luft, viel auf andere zeigen, aber der nutzbare Output ist zu gering.

Ich habe auch für Deutschland die Befürchtung, dass wir einerseits schon zuviele Versprechungen gemacht haben (Pensionen etc.) und dafür zu wenig Fokusierung auf effizienten Output.

Martina Moritz | Mi., 13. März 2024 - 08:36

Vielen Dank für diesen überaus aufschlussreichen Artikel! Das persönliche Empfinden, dass es aktuell in unserem Land auf sämtlichen Ebenen massiv bergab geht, sowie mit der Freiheit des Einzelnen, ursächlich durch den Verlust einer stabilen Marktwirtschaft, immer weniger gut aussieht, wird in diesem Artikel bestens sachlich und begreifbar dargestellt. Die derzeitig von der Politik angestrebte rasante Wandlung unserer bisher gekannten Lebensstrukturen lässt sukzessive den Überblick schwinden, so dass es für politische Laien schwer ist, überhaupt noch eine Orientierung zu finden, wo "der Hase gerade lang läuft". Herr Korfmacher hat mit diesem Artikel für mehr Durchblick gesorgt. - zumindest was meine Person betrifft.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 13. März 2024 - 09:33

Und er spricht das aus, was man in Deutschland inzwischen nicht mehr laut sagen darf, demnächst sogar als Staatsdelegitimierung angesehen werden könnte. „Heute bin ich hier, um Ihnen zu sagen, dass der Westen in Gefahr ist“, sagte Milei jüngst auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Im Westen herrsche eine Weltanschauung, „die unaufhaltsam zum Sozialismus und damit zur Armut führt“. Da sag einer Südamerikaner hätten keine Ahnung vom Leben und der Politik. Wo und wer ist unser Milei? Ich wünsche diesem Präsidenten viel, viel Erfolg.

Gerhard Lenz | Mi., 13. März 2024 - 11:48

Dafür sind die Gründe der argentinischen Dauerpleite und Deutschlands schwierige wirtschaftliche Situation völlig unvergleichbar.
Argentinien hatte selbst zu besten Zeiten ein starkes soziales Gefälle. Links-populistische Perionisten wollten die Einkommensituation ärmerer Schichten deutlich anheben, ohne allerdings die Mittel dafür durch ausreichende Schritte (Steuererhöhrungen für Besserverdienende, auf Gewinne, Spekulationen usw.) einzunehmen. Stattdessen vermehrte man die Geldmenge, was zu hoher Inflation und irgendwann Staatsbankrott führte. Allerdings handelten zwischenzeitliche konservative Regierungen - von den Militärs mit ihrem kostspieligem Falklandkrieg ganz zu schweigen - mit exzessivem Marktfetischismus, Sozialabbau und Anlehnung an den US-Dollar genauso töricht.

Was das mit zT. noch immer signifikanter Inflation und höheren Energiepreisen infolge Putins Kriegsabenteuer oder den Herausforderungen durch den Klimawandel gemein hat, erschliesst sich mir allerdings nicht.