Prototyp des ermutigenden Lehrers: Robin Williams als Englischlehrer John Keating in „Der Club der toten Dichter“ / dpa

Unterrichten als Handwerk - Wie unsere Lehrer besser werden können

Alle wichtigen Lernstudien weisen nach, dass der Lernerfolg der Schüler in erster Linie von der Lehrkraft abhängt. Während die Bildungspolitik das Heil gern in strukturellen Reformen sucht, liegt das größte Potential für Schulqualität in der Verbesserung des Unterrichts.

Autoreninfo

Rainer Werner unterrichtete an einem Berliner Gymnasium Deutsch und Geschichte. Er verfasste das Buch „Fluch des Erfolgs. Wie das Gymnasium zur ,Gesamtschule light‘ mutiert“.

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Vor einiger Zeit fand in einer Schule in England ein aufschlussreiches pädagogisches Experiment statt. Zwei bestehende Klassen sollten neu aufgeteilt werden. Dazu wurde ein Test angesetzt. Die guten Schüler sollten in Klasse A, die weniger guten in Klasse B kommen. Dass dies ein pädagogisches Experiment war, wussten nur die beteiligten Wissenschaftler und der Schulleiter. Der Test verlief wie alle anderen Leistungsüberprüfungen auch. Das Ergebnis brachte das übliche Notenbild. Es gab alle Noten von 1 bis 5. Die Schüler wurden in der Folge nach folgendem Prinzip auf die beiden Klassen verteilt: Die Schüler mit einer ungeraden Ziffer in der Rangordnung kamen in Klasse A, die mit den geraden Ziffern in Klasse B. 

Die Rahmenbedingungen waren in beiden Klassen gleich, z.B. die Ausstattung der Räume, die Auswahl der Lehrer, die Lernmaterialien. In beiden Klassen saßen also Kinder mit der gleichen Begabungsmischung. Danach passierte etwas Bemerkenswertes: In den Köpfen der Beteiligten steckten die klugen Kinder in Klasse A, die weniger Klugen in Klasse B. Die Eltern von Kindern in Klasse A zeigten sich angenehm überrascht, dass ihr Kind so gut abgeschnitten hatte, und sparten nicht mit Lob und Belohnungen. In Klasse B hingegen hielten einige Eltern ihren Kindern vor, sich nicht genügend angestrengt zu haben. Sie entzogen ihnen bestimmte Annehmlichkeiten wie Taschengeld oder technische Geräte. Auch die Lehrer behandelten die Kinder in Klasse B anders, da sie von ihnen nicht besonders viel erwarteten. 

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Ingofrank | Sa., 6. April 2024 - 14:52

Studienrat in Thüringen machte, die Anzahl der Kinder, die nicht der Schul & Landessprache deutsch mächtig sind, auf 10 % pro Klasse zu begrenzen. Dieser Vorschag wurde abgelehnt aus Gründen der „Diskriminierung“ und ich frage mich, wer kümmert sich um die „Diskriminierten restlichen 90% der Schüler“ die in ihrem Lernanstrengungen ausgebremst werden.
Und, so lange diesen „Grün linken Strukturanforderungen“ an den Lehrkörper nicht geklärt werden, ist jegliche Diskussion wenig zielführend = das Unterrichtsniveau anzuheben.
Mit besten Grüßen aus der Erfurter Republik

Naumanna | Sa., 6. April 2024 - 20:13

Die Lehrer sind die störkste Berufsgruppe - von der Anzahl her gesehen. Man braucht also sehr viele Menschen, die diesen Beruf ausüben müssen. Unter ihnen werden natürlich immer nur wenige sei, die aus dem Mittelmaaß herausragen. Daran kann die beste Ausbildung nun mal nichts ändern. Ja, es hängt vom Lehrer ab, wie die Kinder lernen. Aber es wird niemals mehr als ca 20% herausragende Lehrer geben, die den Schülern hohe Motivation liefern. Für die restlichen 80% muss auch eine Lösung gefunden werden. Eine strikt funktionierende Schule.
Der Englischlehrer John Keating aus dem CLUB DER TOTEN DICHTER ist eine kreative Ausnahmeerscheinung. Wer denkt, dass man sein Beispiel irgendwie auf alle Lehrer übertragen kann, ist einfach naiv ...

Bert Dufaux | Sa., 6. April 2024 - 21:06

Im Artikel sind viele richtige Aussagen. Aber leider wird der entscheidende Punkt nur kurz gestreift: Immer mehr Eltern delegieren die Erziehung ihrer Kinder an Kita und Schule und vor allem: Kinder werden zur Bequemlichkeit und teils zur Faulheit erzogen. Wenn zuhause nicht mehr oder falsch erzogen wird, wird selbst der ehrgeizigste Lehrer an seine Grenzen stoßen. Denn wenn den Kindern anerzogen wird, dass Ehrgeiz, Fleiß und Anstrengung negativ behaftet sind und jeder so lernen soll, wie er will oder auch gar nicht und dann halt die Lehrer irgendwie individuell fördern sollten, damit sich der Erfolg einstellt, scheitert jeder Pädagoge. Wir werden uns wohl damit abfinden müssen, dass sich unsere Gesellschaft grundlegend gewandelt hat (Work-Life-Balance!) und wir gegenüber anderen Nationen wohl oder übel zurückfallen werden.

Brigitte Simon | So., 7. April 2024 - 04:03

Die Unterteilung der Schüler in Gruppe A und B finde ich hervorragend. Eine anschließende, individuelle Beurteilung kann durchaus richtungsweisend sein. Dazu eine Variante.

Die Erstklässlerin von Freunden erhielt im ersten und zweiten Halbjahr als Teil des Zeugnisses die Möglichkeit, sich selbst einzuschätzen gegenüber dem Beurteilungsstand der Lehrkraft. In Mathe, Deutsch, Geographie.... Für mich eine hervorragende Idee. Das Zeugnis wurde noch mit einer ausführlichen Beurteilung der Lehrkraft abgeschlossen. Die Schüler, die Eltern erhielten wichtige Hinweise im Wettbewerb. Eventuell richtungsweisende
futuristische Begabungen. Wo kann die
"Reise" hingehen.

Reinhold Schramm | So., 7. April 2024 - 07:44

Zu meiner Schulzeit hatten wir begabte Mitschüler aus vormals osteuropäischen Familien mit deutscher Migrationsgeschichte; Sie gehörten zu den Begabtesten und Lernfähigsten in der Klasse. In den 1970er Jahren in der beruflichen Fortbildung vereinzelt begabte und hoch motivierte Mitschüler mit Migrationshintergrund.
Heute stellen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund sehr häufig die Mehrzahl in der Grundschule und die Eltern verfügen oft über unzureichende Sprachkenntnisse und keine Berufsausbildung; nicht selten sind sie auch dauerhaft erwerbslos und leben von staatlichen Sozialleistungen.
Die soziale Armut und infolge auch die häufig intellektuelle Fehlentwicklung, der oberflächliche Medienkonsum und die fehlenden Orientierungshilfen [vs. TV-Internet und Handy/Smartphone für alle Lebenslagen], verlagern die angestaute Aggression auch in den Schulalltag. Die schulischen und beruflichen Lehrkräfte können nicht mehr die fehlende Lernfähigkeit ausgleichen. {...}

Nachtrag

Reinhold Schramm | So., 7. April 2024 - 07:46

{...}
Die soziale Armut und infolge auch die häufig intellektuelle Fehlentwicklung, der oberflächliche Medienkonsum und die fehlenden Orientierungshilfen [vs. TV-Internet und Handy/Smartphone für alle Lebenslagen], verlagern die angestaute Aggression auch in den Schulalltag. Die schulischen und beruflichen Lehrkräfte können nicht mehr die fehlende Lernfähigkeit und Sozialbindung der Kinder und Jugendlichen ausgleichen. Es fehlt hierfür an geeignete bauliche Einrichtungen und Mitarbeiterinnen. Zudem müssten die migrantischen Familien, die Mütter und Väter in die Sprach- und Lernbefähigung wie auch in die Berufsausbildung mit einbezogen werden.
Analphabetische Familienzusammenführung, der Eltern, Großeltern, Verwandten und älteren Geschwister, befördert nicht die Lernfähigkeit von Kleinkindern, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Marianne Bernstein | So., 7. April 2024 - 09:07

Warum? Weil im Modellversuch in England vor allem eins passierte, die Schüler standen im Mittelpunkt, sie haben nicht ständig gemeckert und die Eltern gegen die Lehrer in Stellung bringen können. Die Schulleitung hat Lehrer und Schüler unterstützt. Das gibt es sonst nur in nicht so teuren Privatschulen, wo es noch eine Autorität des Lehrers gibt und die Eltern die Schule unterstützen und nicht verklagen oder einfach ganz ignorieren.

Urban Will | So., 7. April 2024 - 09:36

die Ausnahme bilden, dürfte klar sein und das Umfeld, in dem er unterrichtet hat wohl mit dem vieler deutscher Schulen der Gegenwart nichts gemein.
Doch stimmt es, was Herr Werner hier schreibt. Und es geht nicht nur um den klassischen „Unterricht“ wie man ihn in der Schule kennt.
Es geht allgemein um Ausbildung.
Ein guter Lehrer ist ein Lehrer, der es schafft, Autorität und Authentizität optimal zu verbinden.
Aber die Qualität der Lehrer ist das eine, das Umfeld, für das sie absolut nichts können, das andere.
Die Realität an vielen deutschen Schulen ist allenthalben bekannt. Vor allem in Ballungszentren mit hohem Migrantenanteil.
Da meine Kinder in ländlicher Idylle zur Schule gingen/gehen, habe ich diesbezüglich Gottseidank keine eigenen Erfahrungen machen müssen.
Aber schlechte Schule, soviel kann man sagen, ist die Folge schlechter Politik und was in Sachen Zuwanderung in D läuft, ist schlichtweg geisteskrank. Und wir stehen erst am Anfang.

Johannes | So., 7. April 2024 - 10:44

dann bitte auch Mal an der Sekundarschule 6. Klasse unterrichten und am besten dahin versetzen lassen. Dann bitte wieder so einen Artikel schreiben.
Die resignierte Lehrerin war auch nicht am Gymnasium, wie es scheint. Das sind 2 paar Schuhe.