
- Die Sonntagsschule der Moralisten
Der ehemalige Spiegel-Journalist Georg Diez und der Ex-Staatssekretär Farhad Dilmaghani fordern einen neuen Pressekodex. Demnach soll es Medien verboten sein, über rechte Themen, Personen und Ideologien zu berichten. Ein reaktionärer Eingriff in die Pressefreiheit
Der AfD wird oft vorgeworfen, sie wolle zurück in die muffigen 50er Jahre, als die Welt noch übersichtlich eingeteilt war. Mit diesem Wunsch ist sie spätestens seit dem bizarren Vorstoß zweier Vordenker der guten Gesellschaft nicht mehr allein. Die Autoren Georg Diez, Exjournalist des Spiegel, und Farhad Dilmaghani, Staatssekretär außer Dienst, haben sich die Mühe gemacht und eine Änderung des Pressekodexes für das Online-Magazin Krautreporter ausformuliert. Und man kann es kaum glauben, sie nehmen die 50er Jahre zum Vorbild, namentlich den Erziehungsauftrag der Siegermächte, dem deutschen Volk die Werte der Demokratie und Freiheit nahe zu bringen.
Was unter dem wenig verlockenden Wort der „Reeducation“ lief und von bösen Zungen als Umerziehung tituliert wurde, ist eine historisch sinnvolle Arbeit am politischen Bewusstsein der Deutschen gewesen. Wollte eine Nation, die die größten Verbrechen der Menschheit zu verantworten hatte, wieder ein Mitglied der zivilisierten Welt werden, konnten von ihr einige Anstrengungen erwartet werden. Wenn hingegen im Jahr 2019 zwei Autoren ernsthaft den Vorschlag machen, die Rundfunkanstalten und Verlagshäuser sollten sich einem verschärften Konzept der Reeducation verschreiben, ist das doch befremdlich. Was genau wird hier gefordert?