
- Erzähl mir nichts vom Narrativ!
Es gibt einen Begriff, der in den deutschen Feuilletons extrem beliebt ist: das „Narrativ“. Genau genommen ist sein inflationärer Gebrauch aber unerträglich, denn in den meisten Fällen ist das Wort nur Synonym für „Argument“, „Behauptung“ oder „Mythos“.
Es ist fraglich, ob alle Menschen, die das Wort „Narrativ“ im Mund und Wortschatz führen, auch tatsächlich wissen, aus welcher philosophischen Denkschule es stammt und was genau es wohl bedeutet. Wahrscheinlicher ist eher, dass sich die Narrativ-Fans wie jene Zeitgenossen verhalten, die sich schicke Brillen mit Fensterglas auf die Nase setzen, obwohl sie keine Sehschwäche haben: Sie wollen mit derlei Dekor halt wie Schweinchen Schlau erscheinen.
Ausdruck soll wissenschaftliches Gewicht verleihen
Und dieser Trend zur Schlauheit dominiert mittlerweile auch die Politik. „Wir haben das Narrativ, die AfD sei im Osten überall vorn, in Thüringen durchbrochen", erzählte jüngst der Landes- und Fraktionsvorsitzende der Thüringer CDU, Mike Mohring. Was er eigentlich damit sagen wollte, war wohl dieses: „Wir haben die Behauptung, die AfD sei im Osten überall vorn, in Thüringen durchbrochen“.