- Mein Hemd, dein Rock
Heute ist Erdüberlastungstag: Die Ressourcen der Welt für unseren Bedarf sind für dieses Jahr aufgebraucht. Der Begriff Nachhaltigkeit wurde so zum religiös gefärbten Schlagwort, das praktisch verhindert, wofür es theoretisch einsteht
Nachhaltigkeit – das ist mittlerweile eines jener Schlagworte, deren bloße Erwähnung einen Impuls der Zustimmung auslöst: Jawohl, was wir brauchen, ist mehr Nachhaltigkeit, und zwar in so ziemlich allen Lebensbereichen. Unsere Produkte sind zu schnelllebig, unsere Technologien zu wenig umweltbewusst, unsere sozialen Beziehungen zu sehr auf rasches Glück ausgelegt. Wir sind gegenwartsfixiert, der Kapitalismus benötigt ständiges Wachstum, das ohne Marktüberhitzungen immer weniger zu haben ist, und unsere Politik tut bloß scheinheilig generationenbewusst, während sie für den populistischen Erfolg alle Zukunftsbedenken über Bord wirft.
Dieser Klagekatalog ließe sich im Namen der Nachhaltigkeitsforderung noch beliebig erweitern, zumal dann, wenn wir uns bewusst machen, dass es nicht mehr lange dauert, bis die Menschheit die Acht-Milliarden-Grenze überschritten haben wird. Daraus geht unmittelbar hervor: Anstelle der begrenzten, sachlich wohlumschriebenen Forderung, nachhaltig zu handeln – etwa in der Bewirtschaftung regionaler Bodenkulturen –, ist mittlerweile vielfach ein Bündel von Forderungen getreten, die auf globale Dynamiken abstellen.