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() Joschka Fischer mit seiner Lebensgefährtin Minu Barati auf dem Bundespresseball
Die erste Hochzeit war nüchtern

Außenminister Joschka Fischer lebt heute nach der vierten Ehe mit der fünften Frau zusammen. Edeltraut Fischer erinnert sich an die erste Vermählung, 1967 im schottischen Gretna Green

Wir waren beide erst 18, oder, ich glaube, Joschka war schon 19. Jedenfalls wurde man damals erst mit 21 volljährig. Und in den sechziger Jahren war es in Stuttgart fast ausgeschlossen, als unverheiratetes Paar eine Wohnung zu kriegen. Die Eltern hatten außerdem den totalen Zugriff. Die konnten, wenn sie wollten, ihre Sprösslinge ins Erziehungsheim stecken. Mein Vater war Polizist. Also, ich durfte gar nichts, nicht mal zum Ostermarsch oder so. Da gab es zu Hause Riesendramen. Ich bin dann auch schon früher, bevor ich Joschka kennen gelernt habe, mal ausgebüchst, nach Paris. Man kann nicht sagen, dass der Joschka ein Mittel zum Zweck war, dass ich da rauskomme, indem ich ihn heiratete. Wir waren total verknallt. Lustigerweise hießen wir beide Fischer mit Nachnamen, da werde ich immer mal drauf angesprochen: Wie unemanzipiert ich doch sei, dass ich heute noch diesen Namen trage. Nach Schottland sind wir, weil man da heiraten konnte, ohne volljährig zu sein. Per Anhalter, über Belgien, das hat drei Tage gedauert. Geld hatten wir keines, nicht viel jedenfalls, ein bisschen haben wir als Pflastermaler verdient. Später auf Velourspapier mit Öl oder Kreide, irgendwelche Landschaften, Sonnenuntergang, Segelboote auf stürmischer See. Da haben wir auch in Stuttgart von gelebt. Wir waren ja bescheiden. Es war März, als wir in Gretna Green ankamen, jedenfalls noch ziemlich rau. Das war ein extrem tristes Kaff, alles stand voll mit Wohnwagen und irgendwelchen Baracken. Man musste, glaube ich, drei Wochen dort gemeldet sein, bevor man heiraten konnte, das haben die damals schamlos ausgenutzt. In jedem Hühnerstall wurde noch ein Pärchen untergebracht. Schön war der Ort wirklich nicht, ganz langweilige Architektur, fünfziger Jahre, so Flachdachbungalows mit Vorgärtchen. Nicht einmal eine Bäckerei hatten sie dort, der Bäcker kam immer mit dem Auto vorgefahren. Ein Hotel gab es, so ein Bau aus der Jahrhundertwende, ein bisschen außerhalb mit einem Park, richtig schön. Keine Ahnung, wer da untergekommen ist. Die meisten hatten doch kein Geld, waren sehr jung, die Mädels oft schwanger, Engländer, Franzosen, Italiener, relativ viele Deutsche. Aber man darf sich nicht vorstellen, dass das irgendwie eine tolle Atmosphäre war. Man hatte mit sich selbst zu tun und wartete. Es gab natürlich jede Menge Beziehungsdramen. Auch für uns war das eine total öde Geschichte. Klar denkt man mal darüber nach, was mache ich hier, aber, die Alternative war noch unattraktiver. Im Grunde wollte jeder diesen Schein. Wir haben in einer Baracke gewohnt, zusammen mit fünf, sechs anderen Paaren. Damit man überhaupt Strom hatte, musste man immer einen Sixpence in den Automaten werfen. Oft haben wir von diesen kläglichen Toastbroten gelebt, mit ein bisschen Käse drauf.

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