
- Paria, bis der edle Häuptling spricht
Christian Drosten hat die Corona-Pandemie für beendet erklärt und damit eine breite Debatte über ein schnelles Ende aller Corona-Maßnahmen angestoßen. Ein wiederkehrendes Muster zeigt sich: Bestimmte Kritiker stehen so lange in der Schusslinie, bis eine von Medien und Politik auserwählte höhere Instanz exakt das Gleiche sagt.
„Wir waren geradezu beseelt von der historischen Aufgabe“, so vor fünf Jahren Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo mit Blick auf die Berichterstattung zur Flüchtlingskrise der Jahre 2015 und 2016. Die hatte sich zuvor über Monate in Schlagzeilen in den großen Medien à la „Willkommen“ (Zeit) ausgedrückt und sogar darin, dass ausgerechnet die eher migrationskritische Bild sich zur Übernahme einer Antifa-Parole hinreißen ließ: „Refugees Welcome“. Vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk ganz zu schweigen, der sehr viele Bilder von geflüchteten Frauen und Kindern zeigte, obwohl die damals Ankommenden vor allem junge Männer waren, was sicherlich nicht ganz aufrichtig, manche sagen gar manipulativ war.
Nun ist di Lorenzo kein Konservativer und der Fremdenfeindlichkeit überdies gänzlich unverdächtig. Das brachte ihn damals, im Jahr 2017, in die in aufgeregten Zeiten luxuriöse Situation, die Berichterstattung zur Flüchtlingskrise im Rückblick kritisieren zu können, ohne dass ihn irgendwer vom Hof gejagt hätte. Dass er es getan hat, rechne ich ihm aber hoch an. Denn Einsicht ist bekanntermaßen der erste Schritt zur Besserung, und wenn man sich die Berichterstattung der Zeit heute ansieht, die etwa durch ihr vergleichsweise neues Ressort „Streit“ versucht, gesamtgesellschaftliche Debatten in ihrer Vielschichtigkeit abzubilden, darf man dem Hamburger Blatt besten Gewissens attestieren, aus den Fehlern der Jahre 2015 und 2016 gelernt zu haben.