
- „Das riecht alles nach einem Bauernopfer“
Weil er Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) wichtige Informationen im Fall NSU 2.0 vorenthalten haben soll, ist Polizeipräsident Udo Münch zurückgetreten. Jetzt fordert die Opposition den Rücktritt Beuths. Was ist da los?
Günter Rudolph ist seit 2009 parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion in Hessen.
Herr Rudolph, Hessens Polizeipräsident Udo Münch hat um seine einstweilige Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand gebeten. Es heißt, er habe es versäumt, dem Innenminister Peter Beuth (CDU) mitzuteilen, dass schon im Februar von einem Polizeicomputer in Wiesbaden persönliche Daten der Linksfraktionschefin Janine Wissler abgerufen worden seien, die in Verbindung mit Drohbriefen gegen sie stehen. Wie glaubwürdig ist diese Aussage?
Wir haben erhebliche Zweifel, ob das stimmt. Dazu muss man wissen: Herr Münch ist ein enger Vertrauter von Herrn Beuth, mit dem er über viele Jahre zusammengearbeitet hat. Dass ausgerechnet er den Innenminister nicht informiert haben soll, bezweifeln wir. Das riecht alles sehr danach, dass es sich um ein Bauernopfer handelt. Herr Beuth soll offensichtlich geschützt werden
Wollen Sie dem Innenminister damit unterstellen, er hätte von der Geschichte längst gewusst?
Ich unterstelle nichts, mir fehlt nur der Glaube, dass Herr Münch Herrn Beuth nicht informiert haben soll. Die residieren sogar im selben Haus, nur ein, zwei Stockwerke voneinander getrennt. Das wäre schon extrem ungewöhnlich, wenn die beiden, die wie gesagt ein langjähriges Arbeitsverhältnis miteinander verbindet, in so einer wichtigen Angelegenheit nicht mehr miteinander kommunziert hätten.
Die Drohbriefe wurden mit NSU 2.0 unterzeichnet. Experten haben Indizien dafür gefunden, dass der Verfasser offenbar derselbe ist, der auch schon Drohbriefe an die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz geschrieben hat. Das war auch schon im März bekannt. Welchen Grund soll denn der Polizeipräsident Münch gehabt haben, Beuth nicht darüber zu informieren?
Eine berechtigte Frage. Zumal ja der Fall Basay-Yildiz auch immer wieder Thema im Landtag war. Insofern kann man sich schwer vorstellen, dass ausgerechnet eine so relevante wichtige Nachricht nicht an den Innenminister gelangt ist.
Im Fall bei Basy-Yildiz hat man festgestellt, dass ihre persönlichen Daten von einem PC der Frankfurter Polizei abgefragt worden waren. Die persönlichen Daten von Frau Wissler wurden von einem Rechner in einem Wiesbadener Polizeirevier abgefragt. Muss man davon ausgehen, dass wir es mit einem Netzwerk zu tun haben?
Das kommt darauf an, wie man Netzwerk definiert. Aber wir haben jetzt zumindest schon zwei verschiedene Polizeidienststellen, in denen Daten missbräuchlich abgefragt wurden.Von daher stellt sich die Frage: Warum kriegen die hessischen Sicherheitsbehörden dieses Problem nicht in den Griff? Wie oft passiert es eigentlich, dass Daten ohne erkennbaren dienstlichen Anlass abgerufen werden? Und warum wird nicht jede Datenabfrage vom System kontrolliert, sondern nur jede 200.? Darum sollte sich Herr Beuth kümmern. Stattdessen führt er einen Kleinkrieg und hetzt seine Behörden gegeneinander auf.
Was meinen Sie damit ?
Vergangene Woche hat Herr Beuth dem Landeskriminalamt vorgeworfen, es habe die Informationen im Fall Wissler nicht an das Landespolizeipräsidium – also an eine Stelle direkt im Ministerium – weitergegeben. Da war das LKA böse, das Polizeipräsidium gut. Dann sind in den Medien Vermerke aufgetaucht, die belegen, dass das gar nicht stimmt. Trotzdem reißt die Kritik des Ministers am LKA nicht ab, auch wenn er sie inzwischen etwas subtiler formuliert. Der Minister hat da ohne Not zwei seiner wichtigsten Behörden zu Gegnern gemacht.