- Nicht ohne Zorn
Einst war hier ein Dorf. Dann kamen die Sozialisten, später die Privatisierer, zuletzt kamen Flüchtlinge. Nun ist Prohlis ein armer, gespaltener Stadtteil von Dresden. Darin leben viele empörte Bewohner. Ein Ortstermin
Der erste Kunde der Prohliser Tafel, der Lebensmittelausgabe für Bedürftige, ist ein Mann in einem grellblauen Daunenanorak, wie er beim Skifahren in den Alpen getragen wird. Und der Mann ist auch ein sportlich wirkender, durchaus Charisma ausstrahlender; wäre er bereit zu erzählen über sich?
„Nein“, sagt er, „Journalisten verdrehen nur alles.“ Aber er guckt nicht böse. Er bleibt, als er mit keinem Wort überredet wird, stehen und fängt doch an zu sprechen, über die Messerattacke auf den Bürgermeister in Altena im Sauerland, es ist Advent, sie ist gerade drei Tage her, und sie wurde von einem deutschen Flüchtlingspolitikgegner verübt: „Ich verurteile die Attacke, keine Frage. Aber was seitdem daraus gemacht wird! Keine Nachrichtensendung ohne das Thema, und jetzt auch noch die Talkshows! Es ist viel zu viel. Dass die Leute in diesen Sendern nicht merken, dass sie genau das Gegenteil erreichen. Ich frage Sie, was ist eigentlich mit den vielen anderen Fällen? Den Messerattacken von Nichtdeutschen? Gibt es die gar nicht, oder warum werden die nicht diskutiert?“