
- „2G weckt falsche Sicherheit“
Die vierte Welle ist da: Die Infektionszahlen steigen, Intensivstationen und Krankenhäuser verzeichnen wachsende Einweisungen. Nun werden die Debatten um eine flächendeckende 2G-Regelung und eine Impfpflicht lauter. Prof. Detlev Krüger, ehemaliger Chef-Virologe der Berliner Charité, sieht das kritisch.
Herr Krüger, im Januar haben Sie in einem Gastbeitrag für Cicero geschrieben: „Wir werden also in den nächsten Monaten sehr wichtige neue Einsichten in die Effektivität des ausgelösten Schutzes und in die Praktikabilität des Einsatzes von ganz unterschiedlichen Impfstoffen gewinnen. (…) Bis diese notwendigen Erkenntnisse akkumuliert sind, ist jeder Gedanke an eine Impfpflicht abwegig.“ Zehn Monate später steht die Impfpflicht zur Debatte. Zu Recht?
Die gegenwärtig genutzten Impfstoffe haben wegen der existierenden Notlage sogenannte „bedingte Marktzulassungen“ durch die Europäische Arzneimittelagentur erhalten, deren Verlängerungen beantragt sind. Ich bin nach wie vor nicht für eine Impfpflicht, sondern für eine aufgeklärte Bevölkerung, die frei entscheidet. Ich will auch nicht, dass eine falsche Sicherheit existiert. Eine Idee hinter einer Impfpflicht ist, dass man mit einer vollständigen Durchimpfung die Infektionsausbreitung beherrscht. Das ist leider zu kurz gegriffen, auch deshalb, weil sich in letzter Zeit immer mehr herausgestellt hat, dass auch Geimpfte das Virus weitergeben können. Wir werden uns also endlich mit dem Gedanken vertraut machen müssen, dass das Coronavirus uns wie viele andere menschenpathogene Viren weiterhin begleiten wird.