Orte der Begegnung werden in unserer Gesellschaft immer seltener / picture alliance

Marlene Knobloch im Gespräch - „Wir müssen ein Gemeinschaftsverständnis erlernen“

Die Journalistin Marlene Knobloch beschreibt in ihrem heute erscheinenden Buch „Serious Shit“ den Realitätsschock der 30-Jährigen. Es ist ein Essay über eine Gesellschaft, die immer individualistischer wird - und warum sich das in Zukunft ändern muss.

Lena Middendorf

Autoreninfo

Lena Middendorf studierte Politik- und Kommunikations- wissenschaften an der Uni Greifswald. Nach Hospitanzen bei der Hamburger Morgenpost und der Süddeutschen Zeitung absolviert sie derzeit ein Praktikum bei Cicero.

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Marlene Knobloch ist Autorin und Journalistin. Sie schreibt für die Seite Drei und das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung sowie als freie Autorin für die Zeit und das SZ-Magazin.

Frau Knobloch, Ihr Essay handelt über das Lebensgefühl und den Realitätsschock unserer Generation, die in den 90er-Jahren geboren wurde. Wie hat diese Altersgruppe das Leben vor diesem Wendepunkt wahrgenommen?

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Markus Michaelis | Do., 2. Februar 2023 - 12:01

Sich informieren, sich als Ergebnis einer Familie, Gruppe, Geschichte, Kultur zu begreifen, die Unvorhersehbarkeit der Weltenläufe und deren Einfluss auf mich wahrnehmen ... all das ist sicher gut. Ich würde dazu nicht nur Zeitung lesen, sondern auch Bücher. Zeitung ist immer auch knapp, selektiv, ein Gemeinschaftswerk. In Büchern hat eine Person die Möglichkeit freier die eigene Sichtweise detailliert auszubreiten.

"Privilegierte Perspektive, Verantwortung für unsere (Nazi)Vergangenheit": das ist sicher sehr gut und wichtig. Wie ich das heute in der Gesellschaft und politischen Jugend wahrnehme erschreckt es mich oft. Da ist für mich eine Verengung der Weltsicht, eine Fixierung auf die eigene Sicht, die eigene Bedeutung, den eigenen Beitrag, absolute (eigene) Werte dahinter. Ist da noch Platz für andere Menschen? Ist da Platz für Fragen?

In vergleichbaren Interviews erstaunt mich stets ein Aspekt: die Bedeutung der Schule für die persönliche Entwicklung erscheint marginal. Wo sind die Erfahrungen mit dem Lehrpersonal, ob positiv oder negativ ? Müssen bald auch 20-Jährige nach der Zeit mit dem Schulsozialarbeiter zur Psychotherapie, um dann "ins Leben“ zu starten ? Irre !

Markus Michaelis | Do., 2. Februar 2023 - 15:33

Antwort auf von Karl-Heinz Weiß

So weit weg vom Leben empfinde ich das nicht. Zumindest in diesem Interview wird über wichtige Themen nachgedacht - das ist nicht schlecht. Mit meiner Bemerkung, ob da auch Platz für andere Menschen ist, meine ich bestimmte Themen und Einstellungen, die, aus meiner Sicht, so absolut und unreflektiert von der Gesellschaft (und da sicher auch der Schule) übernommen werden, dass für "andere Menschen" (andere Sichtweisen auf die Welt und den Menschen) nur noch wenig Raum bleibt.

Ronald Lehmann | Do., 2. Februar 2023 - 12:11

Vor 50 Jahren hatte wir selbst im geteilten Deutschland ein mehr als großes Gemeinschafts-Verständnis, welches in Richtung

ALLES ZUM WOHLE DES VOLKES GING
(Ost wie West)
solange dies nicht politisch zur Waffe umfunktioniert wurde!

Das das Wort Heimat (wie unsere großen Dichter....), was uns Deutschen mehr als ein Wort war, wo Liebe, Freude, Gesang, Demut & Lebensglück wie miteinander Leben & Arbeiten in den Herzen der Menschen aufkam.

Heimat war nicht nur Erholung, sondern auch ein Auge auf alles & jede ungesunde Entwicklung zu haben, ohne eine Schnappatmung zu bekommen.
Natürlich, Wahrheit muss raus & sie schmeckt immer bitter, weil es sonst nicht die Wahrheit wäre (egal welche Struktur die Wahrheit hat)

Aber das heutige Gemeinschafts-Verständnis hat doch die Probleme bei Merkel oder Orwell/Huxley angezeigt (Medien)

Nein, Entwicklung entsteht durch das lösen von Widersprüchen & Fragestellungen, eben
DIS(P-K)UTIEREN, STREITEN, DEBATTIEREN, BEFASSEN, BEWEIS

& keinen Gleichschritt

Gabriele Bondzio | Do., 2. Februar 2023 - 12:17

Ich lese regelmäßig die Rubrik "Neue vom Schrauber" .
Heute war die Mangelwirtschaft unter der Lupe.

Da wird ganz realistisch der "Anteil am Weltgeschehen" auf eine realistische Lage herunter dividiert. und "welche Verantwortung" wer wo trägt.

Urban Will | Do., 2. Februar 2023 - 13:03

ähnlich alte Frauen reden über ihre Generation, das macht wenig Sinn, zumal viele Aussagen Knoblochs zu widerlegen gewesen wären.
Zeitung lesen ist im Zeitalter des „Haltungsjournalismus“ kein Mittel, um sich zu informieren. Da hilft – nur um die Geschehnisse an sich zu kennen, ohne Wertung – auch das „Scrollen“ im Handy.
Der Journalismus, den die Generation 50+ noch kennt, ist tot. HaJo Friedrichs' Postulat weitestgehend entsorgt. Leider.
Frau Knobloch redet über Individualismus. Ja, er wird überbetont in der eigenen Lebensgestaltung, aber er ist tot im Aufbegehren gegen außen, gegen eine Politik, die sich immer mehr heraus nimmt in Gestalt von Leuten, die immer weniger geeignet sind. Fast nur noch Stümper in allen Ämtern. Eine Plage.
Es fehlt der echte öffentliche Diskurs, der Streit. Seit Corona wissen wir: Widerstand ist nicht mehr gefragt, Konformismus ist das alles beherrschende.
Dagegen sollte sich die Generation 30+/- stellen! Zumindest in deutlich stärkerer Form als bisher.

Martin Schulze | Do., 2. Februar 2023 - 13:11

….was mir diese Platitüden Aneinanderreihung jetzt sagen soll. Ich hoffe für die jungen Damen, dass sie sich in Zukunft soviel gedanklichen Individualismus leisten, dass etwas originelles und amüsantes rauskommt.

Tomas Poth | Do., 2. Februar 2023 - 13:46

Antwort auf von Martin Schulze

... Hr. Schulze, mir fiel auch noch gemütlicher, unverbindlicher Kaffeeklatsch dazu ein.

Heidemarie Heim | Do., 2. Februar 2023 - 13:25

Ich muss zugeben, ich war in diesem Alter und Lebensabschnitt in diesem Kontext viel weniger reflektiert als Frau Knobloch und Frau Middendorf. Obschon etliche Jahre mit einem Lebenspartner an meiner Seite und einiges an Höhen und Tiefen erlebt bis hin zu persönlichen Schicksalsschlägen familiärer Natur, die damals in etwa den gleichen Bruch in unserem Leben auslösten was die Wahrnehmung unerwünschter Realitäten betraf wie die heutigen Ereignisse während Pandemie und Krieg, die weder wesentliche Unterschiede zwischen jung oder alt machen, noch zwischen dem Empfinden für Recht oder Unrecht. Und auch mich in meinem fortgeschrittenen Alter, die ich ein weitgehendes wie selbstverständliches Leben in westlicher Freiheit mein eigen nennen darf, ereilte der Schock und danach der unbedingte Wille den Preis der Freiheit zu hinterfragen. Zumal meine Generation durch Erzählungen von Großeltern und Eltern sozusagen analog, live und in Farbe Familiengeschichte erlebte, die Identitäten schuf. MfG