
- Seine Firmen, sein Staat
Der Milliardär und Multiunternehmer Andrej Babis will Premierminister von Tschechien werden – und hat trotz diverser Skandale die Parlamentswahlen gewonnen.
Wenn diese Sache mit den zwei Millionen Euro nicht gewesen wäre, wie viel näher hätte das Andrej Babis dem Posten des Premierministers gebracht! Es war noch im alten Leben des 63-Jährigen, als ihm dieses verfallene Anwesen eine Stunde vor den Toren Prags aufgefallen war, eingebettet in sanfte Hügel. Er ließ einen Stararchitekten kommen, der eine private Residenz auf dem Gelände errichtete, ein paar Hotelzimmer, ein Restaurant, ein Fitness- und ein Kongresszentrum, eine Reithalle, ein paar Bowlingbahnen, einen Golfplatz, einen Tierpark und einen Badesee. Wie angenehm, dass die EU eben jene zwei Millionen Euro dazutat.
Seit sechs Jahren mischt Andrej Babis jetzt die tschechische Politik auf. Dass der drahtige Mann eigentlich weder Posten noch Macht oder Ruhm bräuchte – gerade das hat ihn paradoxerweise zum Liebling der Wähler gemacht. Steinreich ist Babis in seinem vorherigen Leben geworden, auf der Forbes-Liste wird er mit einem geschätzten Vermögen von 3,4 Milliarden Dollar als zweitreichster Tscheche geführt. Aus dem Nichts baute er, der unter den Kommunisten im Außenhandel wichtige Kontakte sammelte, nach der politischen Wende den Konzern Agrofert auf, einen Gemischtwarenladen mit Dutzenden Firmen aus den Bereichen Agrar, Lebensmittel und Chemie.
Steiler Aufstieg
Warum er im Jahr 2011 die Bewegung Ano gründete, damals noch das Akronym für Allianz der unzufriedenen Bürger, wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben. Er wollte der Misswirtschaft und der oft überforderten Staatsverwaltung im Land nicht länger tatenlos zuschauen, so lautet die offizielle Legende. Und weil Andrej Babis es aus seinem Leben als Unternehmer gewohnt ist, die Dinge entweder ganz oder gar nicht zu machen, heuerte er die teuersten Marketingspezialisten an, gründete einen politischen Thinktank als Ideengeber für seine Bewegung, die mit liberal-populistischen Positionen auftritt.
Er gewann bekannte Schauspieler, Kommentatoren und Firmenchefs als Unterstützer und überzog das Land mit einer nie da gewesenen Kampagne. „Wir führen das Land wie eine Firma“ – solche Schlagworte reichten im Wesentlichen aus, um Ano bei den Parlamentswahlen im Jahr 2013 zur zweitstärksten politischen Kraft in Tschechien zu machen. Babis wurde Vizepremierminister in einer Koalition mit den Sozialdemokraten und den kleinen Christdemokraten. Und er wurde Finanzminister.