
- Kein Regimewechsel in Sicht
Die aktuellen Proteste im Iran sind die größten seit der „Grünen Revolution“ von 2009. Sie sind für das Regime so gefährlich, weil sie gerade an den Rändern des Landes besonders starken Widerhall finden. Bisher scheinen die Sicherheitskräfte loyal zu Khamenei zu stehen, sodass sich kein Regimewechsel abzeichnet. Für die deutsche Politik sollten die Ereignisse Anlass sein, eine längst überfällige Iran-Strategie zu entwickeln.
Die seit Mitte September anhaltenden Proteste sind für die Islamische Republik nicht nur gefährlich, weil sie weite Teile des Landes erfasst haben und zeigen, dass die Zustimmung der Bevölkerung zur Politik des Regimes weiter gesunken ist. Außerdem sind sie in den iranischen Kurdengebieten an der Grenze zum Irak besonders stark, wo bis zu 10% der iranischen Bevölkerung leben. Kurden werden in der Islamischen Republik als Nichtperser und Sunniten oft zweifach diskriminiert und stehen ihr deshalb besonders ablehnend gegenüber. Ähnliches gilt für die bis zu zwei Millionen Belutschen in der Provinz Sistan-Belutschistan an der afghanischen und pakistanischen Grenze im Osten Irans. Keine andere Region Irans wird von der Zentralregierung so weitgehend ignoriert, sodass Belutschistan seit Jahrzehnten als Armenhaus Irans gilt.
Das Regime ist sich bewusst, dass der Iran ein multiethnischer und multikonfessioneller Staat ist und der Verlust der Kontrolle in einem von den Minderheiten bewohnten Landesteil zu einer Kettenreaktion führen könnte. Deshalb gehen Sicherheitskräfte in Kurdistan und Belutschistan mit besonders großer Brutalität gegen die Demonstrationen vor. Im belutschischen Zahedan erschossen sie am 30. September bis zu 100 Besucher der sunnitischen Zentralmoschee, nachdem einige gegen das Regime protestiert hatten.