Blick auf Teheran bei Nacht / dpa

USA und Iran - Tauziehen um Macht und Einfluss

Die Vereinigten Staaten und Iran konkurrieren um Macht und Einfluss in Nahost. Um zu verstehen, wie sich die Situation entwickelt, lohnt ein Blick auf die jeweiligen Ziele und Beweggründe beider Länder.

Autoreninfo

George Friedman, 74, ist einer der bekanntesten geopolitischen Analysten der Vereinigten Staaten. Er leitet die von ihm gegründete Denkfabrik   Geopolitical Futures  und ist Autor zahlreicher Bücher. Zuletzt erschien „Der Sturm vor der Ruhe: Amerikas Spaltung, die heraufziehende Krise und der folgende Triumph“ im Plassen-Verlag.

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Bei einem Drohnenangriff auf einen Militärstützpunkt in Jordanien nahe der syrischen Grenze wurden vor wenigen Wochen drei amerikanische Soldaten getötet. US-Präsident Joe Biden hat die vom Iran unterstützten Milizen als Täter beschuldigt, die seit Monaten Vergeltungsschläge gegen die US-Streitkräfte verüben – aber bisher darauf bedacht waren, nicht zu dramatisch zu eskalieren. Um zu verstehen, wie sich die Situation entwickelt, müssen wir die jeweiligen Ziele und Beweggründe der USA und des Iran verstehen.

Die USA interessieren sich bekanntlich schon seit langer Zeit für den Nahen Osten und sind dort seit der Operation Wüstensturm, deren Ziel es war, den Irak daran zu hindern, seine Nachbarn anzugreifen und so die Kontrolle über die Ölversorgung der Region zu übernehmen, mehr oder weniger aktiv im Einsatz. Der Irak ist nicht mehr die Bedrohung, die er einmal war, aber er befindet sich sehr wohl im Einflussbereich des Iran. In letzter Zeit hat sich Washington auf subnationale Bewegungen konzentriert, die die Region destabilisieren könnten. Vereinfacht gesagt, sind die Ziele der USA im Nahen Osten die gleichen wie in den 1950er Jahren: die Aufrechterhaltung des Ölflusses und die Minimierung der Gewalt durch die Blockade von Ländern und Bewegungen, die den US-Interessen feindlich gegenüberstehen. Daher sind die US-Streitkräfte und ihre Verbündeten über die gesamte Region verstreut.

Das Ziel der USA

Viele der jüngsten Aktivitäten des Iran stehen im Widerspruch zu dieser Position. Kürzlich feuerte der Iran Raketen auf Ziele im Nordwesten Syriens, in Irakisch-Kurdistan und im Südwesten Pakistans ab, angeblich als Reaktion auf einen Terroranschlag in der iranischen Stadt Kerman. Teheran unterstützt auch die jemenitischen Huthi-Rebellen, die mit aus dem Iran gelieferten Waffen und Geheimdienstinformationen Öltanker und andere Schiffe im Roten Meer und den nahe gelegenen Wasserstraßen angreifen. In den vergangenen Wochen haben die USA und einige Verbündete einen Seekrieg gegen die Huthis geführt.
 

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Das Ziel der USA besteht also darin, sicherzustellen, dass ihre Verbündeten nicht gestürzt oder destabilisiert werden – was die Unterstützung strategischer Kräfte erfordert. Irans Ziel ist es, die Position der USA zu untergraben und die mächtigste Kraft in der Region zu werden – was einen Rückzug der USA erfordert. Es reicht nicht aus, dass sich die Amerikaner aus der Region zurückziehen; man muss sehen, dass der Iran sie vertreibt. In zweiter Linie muss Teheran als Anführer des Kampfes gegen Israel durch seine meist schiitischen Stellvertreter gesehen werden und dadurch die Schwäche der sunnitischen Akteure demonstrieren.

Wenn die USA verdrängt werden, ist der Iran in der Lage, die Macht am Suezkanal und möglicherweise darüber hinaus zu übernehmen. Wenn hingegen der Iran geschwächt wird, werden die USA die Region beherrschen. Der Iran hat das schwächere Militär und ist weit weniger einflussreich, und er scheint beschlossen zu haben, dass ein Schlag gegen die USA mit dem, was er an Macht hat, die USA schließlich zum Rückzug bewegen wird. Aber es steht etwas anderes auf dem Spiel. Die USA werden überleben, wenn sie „verlieren“. Hingegen wäre anderenfalls die Zukunft des Irans als solche in Gefahr.

Effektiver als bisher

Die USA müssen wichtige iranische Ziele angreifen, wenn sie zeigen wollen, dass sie bereit sind zu kämpfen – und zu gewinnen. Der Iran wird in ähnlicher Weise kontern müssen. Wenn der Konflikt ausgetragen wird, werden Raketen und Luftstreitkräfte zum Einsatz kommen, um die Zahl der Opfer zu minimieren. Der Iran wird neben seinen Drohnen auch Bodentruppen einsetzen, und die USA werden versuchen, Drohnenfabriken und Lagerräume zu zerstören. Teheran wird versuchen, mit einer kurzen, aber sehr intensiven Kampagne die Verbündeten der USA davon abzuhalten, sich dem Kampf anzuschließen.

Wenn sich die Vereinigten Staaten auf einen Krieg mit hoher Intensität gegen den Iran einlassen müssen, werden sie weniger in der Lage sein, die Ukraine mit der benötigten Unterstützung zu versorgen. Man sollte daher auf eine mögliche russische Beteiligung achten, denn sie wird Moskau die Möglichkeit geben, effektiver zu werden als bisher.

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Christoph Kuhlmann | Mo., 11. März 2024 - 12:07

Die USA haben kein Problem mit konventionellen Armeen. Mit Guerillas sieht es da schon anders aus. Dort kommt es sehr auf das Terrain an. Solange die USA keine Bodentruppen einsetzt sehe ich kein großes Risiko. Falls sie aber auf die Idee kommt auf ethnische und religiöse Minderheiten zu setzen, sehe ich das Blutbad programmiert. Nur 49% der Bevölkerung Irans sind Iraner. Man könnte den Mullahs ganz erheblich einheizen. Das würde aber von den Menschen im Iran einen hohen Blutzoll fordern. Die Erfahrungen aus Afghanistan sind ja auch ernüchternd, wenn 30 000 Taliban beide Weltmächte nacheinander besiegen können. Es ist nett, dass die USA versuchen die Handelswege für Asien, Afrika und Europa frei zu halten. Doch ohne boots on the ground wird das wohl nicht funktionieren. Insofern macht was ihr wollt, aber löst bitte keine neuen Flüchtlingswellen aus.

Ernst-Günther Konrad | Mo., 11. März 2024 - 13:39

Benachteiligt sind die Iraker einerseits. Sie brauchen den Schutz der USA und tauschen damit die Abhängigkeit gegen deren Hilfe und Bevormundung ein, um sich gegen einen Nachbarn der siehe vereinnahmen und unterdrücken will zu schützen Die Interessen sind im Wesentlichen gleich. Die Sicherung bzw. den Zugriff auf das schwarze Gold. Das wird sich nicht ändern, solange die Menschheit nicht begreift, das Krieg, das Gewalt und Unterdrückung sie nicht weiter bringen. Aber andererseits sind die Iraker selber zerstritten. 62% Schiiten wollen den Rest des Volkes bestehend aus Sunniten und Christen vernichten und wollen sie zu ihrem Glaubensrichtung mit Gewalt umerziehen bzw. vertreiben oder gar töten. Ich sehe da keinen Weg, wie Frieden in der Region entstehen soll. Und solche Menschen lassen wir unkontrolliert in unser Land.

Henri Lassalle | Mo., 11. März 2024 - 14:09

Konfliktstoff zwischen den USA und dem Iran, voher war auch England involviert. Relativen Frieden brachte die Thronbesteigung Reza Pachlevis, der sich in die wirtschaftsimperialistischen Bestrebungen der Amerikaner einrahmen liess. Der Konflikt wird also voll weitergehen.
Es ist richtig, dass ein militärischer Konflikt Mittel der USA biinden wird und ein Wahlerfolg Trumps wird dann erst recht kein gutes Omen für die Ukraine sein.
Aber es ist anzunehmen, dass die Europäer, vielleicht insbesondere D bis zur Selbstaufopferung der Ukraine treu bleiben werden.

Tomas Poth | Mo., 11. März 2024 - 14:36

"Das Ziel der USA besteht also darin, sicherzustellen, dass ihre Verbündeten nicht gestürzt oder destabilisiert werden"

Das stürzen behalten sich Die USA selbst vor, je nachdem wie es ihnen gefällt und ob der "Verbündete" noch als solcher gesehen wird.

Romuald Veselic | Mo., 11. März 2024 - 17:19

retardierten Überzeugungen u manischer Besessenheit ihre eigene Männlichkeit zu projizieren. Nach dem Motto: Wir (also die Mullahs & ihre Schergen/Speichellecker) brauchen nicht, dass sie v Westlern geliebt werden. Hauptsache, die Westler, haben Hose voll vor uns.

Mit Monstern der religiösen/ideologischen/rassischer Prägung, kann man nur in ihrem Idiom "handeln". Aus der Position der (Super-) Stärke. 20 B2A Bomber, können aus der iranischen Mullah-Zone, in 1er Nacht, 1 weitläufige Mülldeponie.

Nicht "wir" sollen Angst vor Mullahs/Hamas/Putin/Kim/Maduro & other Assholes haben, sondern umgekehrt.

Wo liegt das Problem?

Denn im umgekehrten Fall, werden wir zu Prügelknaben m 1er Halbwertzeit v wenigen Jahren.

Unser Planet wird nicht durch Klimarettung gerettet, sondern durch den nächsten globalen Krieg verdünnt. Und die übrigen Überlebenden, werden wahrlich andere Sorgen haben, als E-Transformation. Nicht mal Zündhölzer wird es geben. 😈

Walter Bühler | Mo., 11. März 2024 - 18:14

Ich kann nicht glauben, dass die Emire von Kuweit, Katar sowie Saudi-Arabien nur eine passive Rolle spielen. Im Gegensatz zum schiitischen Islam tritt der wahhabistisch-sunnitische Islam im Luxus auf. Er hat nämlich alles - Dollar, Pfund, Euro, dienstbare Europäer und Sportfunktionäre, und übt so auf viele Muslime eine große Anziehung aus (Türkei, Indonesien, Singapur, Malaysia). Hier werden die Träume aus 1001 Nächt realisiert, auch mit grün-roter Unterstützung aus Deutschland (das bei sich zu Hause keinen eigenen Bahnhof mehr fertigbauen kann).

Khomeiny galt für die marxistisch geprägte Intelligentsia Westeuropas früher als ein positiver Mitstreiter gegen den Kapitalismus. Das war natürlich falsch. Der Gegensatz zwischen Iran und den Scheichtümern scheint mir der Gegensatz zwischen arm und reich zu sein.

Wie lange aber reicht alleine die religiös-ideologische Bindung im Iran aus, um gegen die Faszination der glitzernden Märchenwelt vom Golf zu bestehen?

Hans Süßenguth-Großmann | Di., 12. März 2024 - 10:58

Wo und wie und mit was wollen die USA eingreifen? In der Ukraine sieht es nicht nach Sieg aus, gegen die Huthis wird ein Ping Pong Schießen mit Raketen gemacht ohne das eine Änderung der politischen Situation im Jemen erreicht werden kann. Von Gaza nicht zu reden. Und was hat man eigentlich gegen China wg. Taiwan in der Hand, wenn man Taiwan nicht als souveränen Staat anerkennt? Wenn man es machen würde, wäre Schrödingers Katze tot und der Krieg real.
Meine "kognitive Dissonanz" besteht darin, dass wir einerseits zum Ende des Jhd. (ich nicht) in sehr ungemütlichen Umständen leben werden und wir unsere ganze Kraft darauf konzentrieren müssten hier Linderung zu erreichen und wir andererseits uns jetzt schon die Hölle heiß machen und konstruktive Vorhaben für die Zukunft verunmöglichen. Friedliche Koexistenz war ein Wort aus den 70 er Jahren und es sollte wieder in Umlauf gebracht werden

Hans Süßenguth-Großmann | Di., 12. März 2024 - 11:00

Joe Biden verliert langsam die Übersicht.