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() VW-Betriebsratsvorsitzender Bernd Osterloh kämpft für seine Mitarbeiter
Bernd Osterloh - Betriebsrat ohne rote Fahne

Er ist ein Gewinner aus der Übernahmeschlacht mit Porsche, hat bis 2014 die VW-Beschäftigungsgarantie verlängert und hat Anfang dieser Woche eine kräftige Lohnerhöhung durchgesetzt. Aber das reicht VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh nicht: Er will 3 Prozent des Unternehmens – für die Mitarbeiter.

Manchmal, wenn man Bernd Osterloh zuhört, bekommt man den Eindruck, dass es dem VW-Betriebsratsvorsitzenden egal ist, wer unter ihm Vorstandsvorsitzender von Volkswagen ist. Deutschlands mächtigster Arbeitnehmervertreter sagt dann Sätze, die man eher von VW-Chef Martin Winterkorn erwartet: „Der Plan von VW steht, bis 2018 der größte Autohersteller der Welt zu werden. Das hängt aber auch immer davon ab, wie sich das wirtschaftliche Umfeld entwickelt.“ Dem Vorstandsvorsitzenden bescheinigt er im gleichen Atemzug, dass Winterkorn sich „in seiner Zeit als Chef bei Audi noch einmal deutlich weiterentwickelt hat“. Osterloh wirkt derzeit sichtlich zufrieden mit sich und dem Unternehmen. 2010 war aus Sicht der Arbeitnehmer das Jahr von Volkswagen. Europas größter Autohersteller hat erstmals mehr als sieben Millionen Autos weltweit abgesetzt, das VW-Gesetz blieb erhalten, und die Übernahme durch Porsche konnte verhindert werden. Gerade in der Auseinandersetzung mit Porsche schien es lange Zeit so, dass Osterloh auch die Interessen des Vorstands nach außen vertrat, weil sich dessen Mitglieder vor der Entscheidung nicht öffentlich äußern konnten oder wollten. Bereits Anfang des Jahres hatte er eine Verlängerung der Beschäftigungsgarantie bis 2014 für alle deutschen Standorte erreicht. Die Mitarbeiter dankten es ihm, indem sie ihn mit 90,4 Prozent der Stimmen wiederwählten. Entsprechend selbstbewusst tritt er in den soeben begonnenen Tarifverhandlungen auf und fordert eine Lohnerhöhung von 6 Prozent für die Belegschaft in Deutschland. „In dieser Tarifrunde geht es um Cash“, sagt Osterloh, über weitere leistungsabhängige Vergütungsanteile wolle er im Moment nicht reden. Richtig ärgerlich kann der 1,90 Meter große Osterloh werden, wenn der Eindruck erweckt wird, die deutschen Werke müssten aus China oder Brasilien quersubventioniert werden. „Wir verdienen auch in Deutschland richtig Geld“, stellt er daher gerne bei jeder Gelegenheit klar. Ursprünglich hatte er nie das Ziel, Betriebsrat zu werden, auch weil er familiär vorbelastet ist. Osterlohs Vater war nämlich im Personalrat der damals noch staatlichen Deutschen Bundesbahn und nur selten zu Hause. Der Sohn nahm sich vor, seine Freizeit später lieber Familie und Freunden zu widmen. Doch kurz nachdem er 1977 als gelernter Industriekaufmann bei VW in der Produktion anfing, ließ er sich auf Drängen seiner Kollegen zur Wahl des Vertrauensmanns der Abteilung aufstellen. Einige Wahlen und Jahre später ist Osterloh von 1990 an für acht Jahre Vertrauenskörperleiter und koordiniert die Arbeit der 2500 Vertrauensleute, die das Bindeglied zwischen Betriebsrat und Belegschaft sind. Zum Vorsitzenden des Konzernbetriebsrats wird Osterloh 2005 gewählt, nachdem sein Vorgänger Klaus Volkert wegen Korruptionsaffären und Lustreisen zurücktreten musste. Obwohl Osterloh seit 1972 der IG Metall angehört und gerne betont, dass er der Gewerkschaft viel verdanke, ist er nicht der klassische Arbeiterführer alter Prägung. „Ich vertrete hier die Interessen der Belegschaft, das mache ich aber nicht, indem ich jeden Tag mit der roten Fahne ums Haus laufe“, sagt Osterloh. Kritiker werfen ihm deswegen vor, er pflege gegenüber Winterkorn und Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch einen Schmusekurs. Osterloh ficht das nicht an: „Winterkorn genießt hohes Ansehen bei der Belegschaft, und Piëch ist für viele hier bei Volkswagen eine Art Kultfigur. In den 18 Jahren, die er jetzt hier ist, hat er das Unternehmen mit an die Weltspitze entwickelt“, sagt Osterloh. „Die Belegschaft vertraut ihm, weil er auch immer an die Menschen gedacht hat.“ Beide hätten verinnerlicht, dass Beschäftigung und wirtschaftlicher Erfolg gleichrangige Unternehmensziele seien, sagt Osterloh. Das macht es für ihn leichter, der Belegschaft zu erklären, warum in den USA, Russland oder Asien neue Standorte gebaut werden müssen, um die ehrgeizigen Ziele des Unternehmens zu erreichen. Im Gegenzug hat der Vorstand gerade beschlossen, dass die Hälfte der Investitionen von knapp 52 Milliarden Euro bis 2015 deutsche Arbeitsplätze sichern sollen. Um den Einfluss seiner Gewerkschaft im Unternehmen muss sich Osterloh wohl auch in Zukunft keine Sorgen machen. Volkswagen ist mit einem Organisationsgrad von über 90 Prozent der Vorzeigebetrieb der IG Metall. Selbst auf den höheren Managementebenen tummeln sich überdurchschnittlich viele Gewerkschaftsmitglieder. Mitarbeiter, die vor einer Beförderung stehen, die der Zustimmung des Betriebsrats bedarf, berichten immer wieder, dass ihnen nahegelegt wird, in die IG Metall einzutreten. Osterloh bestreitet das: „Wir üben keinen Druck auf die Leute aus. Im Endeffekt ist es nicht karriereentscheidend, ob jemand in der IG Metall ist, sondern ob er soziale Kompetenz mitbringt.“ Er begrüße es aber, wenn Mitarbeiter in der Gewerkschaft blieben, wenn sie im Konzern Karriere machten. Das ist nicht verwunderlich, steigen doch mit dem Gehalt auch die Mitgliedseinnahmen für die Gewerkschaft. Neben einem vernünftigen Tarifabschluss ist Osterlohs nächstes großes Ziel die Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen. „Wenn der Belegschaft ein Anteil von zunächst 2 bis 3 Prozent gehörte, wäre das ein tolles Signal“, sagt Osterloh und ist zuversichtlich, dass diesbezüglich bald eine Entscheidung fällt. Zusammen mit dem Land Niedersachsen wäre die Sperrminorität von 20 Prozent auch dann gewährleistet, wenn eine Kapitalerhöhung ansteht, die das Land nicht mitmachen kann.

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