Der 91-jährige Maler und Bildhauer Gerhard Kurt Müller in seinem Leipziger Atelier
Im Leipziger Atelier des 91-jährigen Malers und Bildhauers Gerhard Kurt Müller schauen viele Augen in die eine Welt / Felix Adler

Bach-Skulptur - Das Holz will es so

Nach unten gezogene Lippen, Doppelkinn, kleine, müde Äuglein – für die DDR war die Statue von Johann Sebastian Bach damals nicht optimistisch genug. 33 Jahre später gelangt das Kunstwerk von Gerhard Kurt Müller ins Museum

Alexander Kissler

Autoreninfo

Alexander Kissler ist Redakteur im Berliner Büro der NZZ. Zuvor war er Ressortleiter Salon beim Magazin Cicero. Er verfasste zahlreiche Sachbücher, u.a. „Dummgeglotzt. Wie das Fernsehen uns verblödet“, „Keine Toleranz den Intoleranten. Warum der Westen seine Werte verteidigen muss“ und „Widerworte. Warum mit Phrasen Schluss sein muss“.

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Der Block ist da, und er steht im Weg. Das ist Künstlers Los, Schicksal vor allem eines „Bildschneiders“, als der Gerhard Kurt Müller schon bezeichnet worden ist. Auch „Malerbildhauer“ wurde er genannt. Doch wäre der mittlerweile 91-jährige Leipziger, der sich so gut mit Worten auszudrücken versteht – „Der Horizont ist der Haaransatz der Natur“ lautet ein typischer GKM-Satz –, Schriftsteller geworden, hätte er auch da vor einem Block gestanden, vor der Masse des Ausdrückbaren und der Winzigkeit an Sagenswertem. Er hätte vielleicht, wie es Heiner Müller in „Mommsens Block“ beschrieb, im Angesicht der Weltgeschichte an schöpferischer Blockade laboriert, kapituliert. So aber blieb für GKM der Block aus Holz sein Widerstand, aus dem die Form erlöst werden will.

Am Rande von Leipzig drängeln sich Autowerkstätten und Tankstellen dicht aneinander. Putz blättert, Straßen lecken. Über einem Billardsalon und einem Fitnessklub befinden sich die Räume der Gerhard-Kurt-Müller-Stiftung. Hier ruhen großformatige Gemälde an den Wänden, farbensatt, formenreich, Körper in kubistischer Verfremdung, das Leben, reduziert auf widerstreitende Geometrien, „Frau mit Kind“, „Billardspieler“. Hier stehen in gefrorener Andacht die dunkel schimmernden, gebeizten Skulpturen, Ausdruck eines starken Willens zur Form, eines Dranges zur Reduktion auch sie. „Der Block ist diktatorisch“, wird der alte Herr im grauen Anzug gleich sagen, „der Block stellt seine Forderungen. Das ist wie eine Zwangsheirat.“

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Holger Stockinger | Mo., 28. Mai 2018 - 23:16

setzt naturgemäß Bildung voraus, was der Begriff "bildungsfern" nicht wirklich widergibt.

Musik ist "bildlose Kunst", aber Bach war imstande, ein Thema des Potsdamer Flötenspielers Friedrich dem Großen in nullkommanix fugal zu vertonen ...

Von Mozart existiert ein halb fertig gemaltes Bildnis.

Der DDR-Führung sei Dank: mit angedachter Perücke läßt sich Bach sogar aus "Holz schnitzen" ...

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 30. Mai 2018 - 10:43

über einen wohl großen Künstler und einen fast nicht zu Erreichenden, Johann Sebastian Bach.
Bach war evtl. eher nicht naiv, siehe dazu auch das Buch von Sir John Eliot Gardiner "Bach. Musik für die Himmelsburg", - ich habe das Buch für mich nicht selten zelebriert, indem ich die Lektüre unterbrach und die Musik hörte - aber er war ein lebendiger und vor allem liebender Künstler auf dem Weg in den Himmel, das mag manchmal naiv wirken.
Liebe ist das Höchste und Einfachste.