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Integration und Migration - Jeder Vierte in Deutschland hat Migrationsgeschichte

Integration und Migration bleiben auch im Jahr 2020 ein Dauerthema. Ein Faktenpapier des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration zeigt nun, wie es um die Qualifikation der Zugewanderten steht

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Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration hat ein Faktenpapier zur Einwanderung in Deutschland veröffentlicht. Daraus geht hervor: Von rund 81,6 Millionen Menschen der Gesamtbevölkerung in Deutschland hat jede/r Vierte eine eigene Migrationsgeschichte oder mindestens ein Elternteil – insgesamt beläuft sich die Zahl auf 20,8 Millionen. Der größte Anteil von ihnen stammt mit 2,8 Millionen Menschen aus der Türkei. Das entspricht 3,4 Prozent der Gesamtbevölkerung. Mehr ein Drittel aller Personen mit Migrationshintergrund haben Deutschland ihre Wurzeln in einem EU-Mitgliedsstaat.

In den drei Stadtstaaten, in Hessen und in Baden-Württemberg ist der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund besonders hoch. Bremen führt mit 35,1 Prozent. In den neuen Bundesländern liegt der Anteil bei insgesamt nur 8 Prozent. Der Altersschnitt der Menschen mit Migrationshintergrund liegt mit durchschnittlich 35,5 Jahren deutlich niedriger als jener ohne Migrationshintergrund (47,4 Jahre).

Musliminnen und Muslime in Deutschland

Eine Hochrechnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge geht von 4,4 - 4,7 Millionen Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland aus. Der Bevölkerungsanteil beträgt demnach 5,4 - 5,7 Prozent. Im Vergleich gab es 2016 rund 23,6 Millionen Katholikinnen und Katholiken und 21,9 Millionen Protestantinnen und Protestanten in Deutschland.

Laut dem sogenannten „Wanderungssaldo“ ziehen insgesamt mehr Menschen nach Deutschland, als Menschen Deutschland verlassen. Das macht Deutschland zu einem Einwanderungsland. Das Statistische Bundesamt zählte 2018 insgesamt 1,59 Millionen Zugezogene nach Deutschland. EU-Bürgerinnen und Bürger machten 2018 dabei rund 57 Prozent aller ausländisch neu Zugewanderten aus. Die Hauptherkunftsländer waren im Jahr 2018 Rumänien (ca. 250.000), Syrien (ca. 34.000) und Kroatien (ca. 29 000).

Gründe für die Zuwanderung

2018 kam die größte Gruppe der Zugewanderten aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland, um hier Asyl zu beantragen. Knapp 130.000 Personen reisten aus diesem Grund zu, vor allem aus Syrien, dem Irak und dem Iran. Insgesamt wurden 161.931 förmliche Asylerstanträge gestellt. Die zweitgrößte Gruppe kommt im Rahmen der sogenannten Familienzusammenführung nach Deutschland (ca. 97.000). Auf Platz drei steht die Einreise zum Zweck der Erwerbstätigkeit (ca. 61.000). Eine kleinere Gruppe (ca. 58.000) zog für Schule, Studium und Ausbildung nach Deutschland.

Qualifikation und Erwerbstätigkeit im Fokus

Unter die zugewanderten Personen im Alter von 25 bis 64 Jahren im Jahr 2014 verfügten 37 Prozent über einen akademischen Abschluss – mehr als der Durchschnitt der deutschen Bevölkerung 21 Prozent. 27 Prozent hatten eine abgeschlossene Berufsausbildung. Fast ein Drittel verfügte aber über keinen berufsqualifizierenden Abschluss. Laut der Studie ist das Bildungsniveau der Flüchtlingen, die zwischen 2013 und Januar 2016  nach Deutschland kamen, deutlich niedriger. Von ihnen verfügen nur 11 Prozent über einen Hochschulabschluss oder eine Promotion. Ganze 40 Prozent haben davon eine weiterführende Schule besucht und 35 Prozent haben diese auch abgeschlossen.13 Prozent gaben an, keine Schule besucht zu haben.  

Ein Grund für diese Zahlen sind unter anderem die Ausbildungssysteme in den Herkunftsländern. Sie sind selten mit dem deutschen System vergleichbar. Viele Berufe erfordern in den Herkunftsländern meist oft keine formale Ausbildung.

Zuwanderung qualifizierter und arbeitsfähiger Fachkräfte

Aufgrund des demografischen Wandels benötigt Deutschland laut der Studie weitere qualifizierte und arbeitsfähige Fachkräfte. Demnach könne man diesem Mangel entgegenwirken, indem gezielt ausländische Fachkräfte angeworben würden. Die bestehenden Gesetze für die Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt wurden dahingehend bereits deutlich liberalisiert. Wer einen akademischen Abschluss hat, kann inzwischen mit der Blauen Karte EU (Blue Card) einen Aufenthaltstitel bekommen und auch ohne Arbeitsplatz einreisen, um für ein halbes Jahr auf Arbeitsplatzsuche zu gehen. Fachkräfte aus dem Ausland können sich zudem in Deutschland nachqualifizieren. 

Am 01. März 2020 tritt außerdem das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft. Ihm zufolge ist dann eine den deutschen Standards entsprechende berufliche Ausbildung ausreichend, um in Deutschland zu arbeiten oder für ein halbes Jahr einen Arbeitsplatz zu suchen. Drittstaatsangehörigen unter 25 Jahren wird es zudem ermöglicht, in einem Zeitraum von sechs Monaten einen Ausbildungsplatz in Deutschland zu suchen.

Im Durchschnitt lag die Erwerbstätigenquote der 25- bis 64 –Jährigen mit Migrationshintergrund in der 1. Generation bei 80,7 Prozent (Männer) und 64,2 Prozent (Frauen) und in der 2. Generation 86 Prozent (Männer) und 77 Prozent (Frauen). Im Vergleich lag die Erwerbstätigenquote der Menschen ohne Migrationshintergrund bei 87,1 Prozent (Männer) und 80,5 Prozent (Frauen). Menschen mit Migrationshintergrund sind  in gehobenen Berufsstellungen unterrepräsentiert.

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Bettina Jung | Fr., 31. Januar 2020 - 18:20

Wenn die süssen Kleinen in 10 Jahren die Strassen beherrschen. Es reicht mir schon, wenn sie heute den Supermarkt in ein Schlachtfeld verwandeln, selbstverständlich abends, wenn man nach der Arbeit einkaufen muss. Gut, dass ich nicht mehr so lange habe...

Bernd Muhlack | Fr., 31. Januar 2020 - 18:38

Wenn man schon Muhlack heißt!

Ich hatte einen absolut genialen Mathe- und Physiklehrer, "der dicke Schmitt". Er stammte ursprünglich aus Böhmen, landete/strandete nach dem Krieg in Heidelberg.
Er sprach meinen Namen immer "Muchlack" aus, das stamme aus dem slawischen, sagte er.
Meine Großeltern väterlicherseits stammen aus Ostpreußen, Königsberg/Rastenburg; die andere Linie sind Rheinländer.
Unsere Familien sind das Produkt aus innerstaatlicher Vertreibung/ Umsiedlung.
Ist lange her, nicht wahr?
Früher gab es diese Treffen der "Landsmannschaften": "Schlesien bleibt unser!" etc. Das ist wohl eher im Abflauen, oder?

Diese unsägliche Verwirrung im Gebrauch von Bezeichnungen für "Fremde".
Aus dem AusländerG wurde das AufenthaltsG.
Es gibt Migranten, Asylanten, Flüchtlinge, Schutzsuchende/-bedürftige, Geduldete, Abzuschiebende, "Hergekommene" und was einem noch so alles einfällt.
Ich bin ob solcher Statistiken immer wieder begeistert!

"Sie sprechen aber sehr gut deutsch!"

Bernd Muhlack | Fr., 31. Januar 2020 - 18:40

Wenn man schon Muhlack heißt!

Ich hatte einmal in einer Kanzlei mit starkem Migrationshintergrund gearbeitet. Am Telefon jeweils:
"Sie sprechen aber sehr gut deutsch!"
"Ich bin Rheinländer, e Schängelsche (Koblenz)"
Es soll ja Zeitgenossen/innen geben, welche solche Sätze für Rassismus halten.
Und genau da, fängt das Problem an, genau da!
Fragen nach dem woher, warum, was willst du, sind eben kein Rassismus!
Unsere Tochter lebt seit 2010 in UK (nachher Brexit im Pub! Whitechapel)
"D? Woher, ich war einmal dort!"
Das sind doch ganz schlichte Fragen!

Statistiken!
Warum gibt es keine Statistiken ob der Kosten für Migration etc.?
Ich habe sehr viele Bekannte aus etlichen Ländern, Kulturen, muss mich für Kritik nicht rechtfertigen!

Ich bemühe wieder einmal Asterix; "Das Geschenk Cäsars"
Methusalix spült das Geschirr und sagt zu seiner Frau: "Weißt du, ich habe nichts gegen Fremde, einige meine besten Freunde sind Fremde. Aber diese Fremden sind nicht von hier!"

only 7 Hours to Brexit!

dieter schimanek | Sa., 1. Februar 2020 - 21:06

Antwort auf von Bernd Muhlack

Methusalix sagte noch etwas viel besseres: " Ich habe nichts gegen Fremde, solange sie dort bleiben, wo sie herkommen."

Christa Wallau | Fr., 31. Januar 2020 - 20:02

...hat es über fünf Jahrzehnte sträflich versäumt,
den Immigranten unmißverständlich die Bedingungen klar zu machen, die an sie gestellt werden, wenn sie Mitbürger der eingesessenen
Deutschen werden u. auf Dauer hier leben wollen.

Zunächst erfolgte dieses Versäumnis gegenüber den Türken u. anderen Arbeits-Migranten, dann
gegenüber den Massen von sog. Asylanten, die seit 2015 den größten Teil der Einwanderer stellen, obwohl die wenigsten von ihnen Asylanten sind.

Das FORDERN ist in Deutschland ganz allgemein verloren gegangen. Während die Sozialsysteme
ausgebaut wurden, das FÖRDERN / BETREUEN
also zu Höchstform auflief, wird weder in den Schulen u. Nicht-Elite-Hochschulen Höchstleistung für einen qualifizierten Abschluß verlangt, noch fordert man von Sozialhilfe-Empfängern echte, effektive Mitarbeit, um aus der Hängematte herauszukommen. Und von den Einwandern fordert man erst recht nichts! Sie bekommen a l l e Sozialleistungen, ob sie selber etwas dafür leisten oder nicht.

Genau wie Sie es darlegen ist die jetzige Situation, liebe Frau Wallau.
Deutschland braucht "Fachkräfte". Die kommen aber nicht wie bestellt. Stattdessen kommen Menschen ohne Ausbildung o.ä. in großer Menge.
Die arbeiten dann (wenn überhaupt) für mickrige Löhne(Zusteller,Gastronomie wie Döner Bube usw.)auf Arbeitsstellen von denen kein Normalmensch sein Lebensunterhalt bestreiten kann. Aber diese Tätigkeiten sind für eine funktionierende Gesellschaft unabdingbar.
Hieß es nicht immer: Lernt was in der Schule & studiert dann? Nur mit Studium, wird keiner diese Stellen besetzen!
Polizisten, "kleine" Beamte , Normal-Berufler, Familien etc. können sich doch eine Bleibe in der Stadt (München, Düsseldorf u.a.) gar nicht mehr leisten.
Warum lagert denn Bayern( raus aus München), Behörden usw. auf Land aus?
Deutschland mutiert zum Billiglohnland-zumindest in Dienstleitungsbereich!
Empfehlung (ob schon älter) B. Engelmann/G. Wallraff: "Ihr da oben - wir da unten" von 1973.
Salute

Nein, Frau Wallau,
nicht „Deutschland“ hat versäumt, den Migranten etwas klarzumachen, sondern diese Bande von absolut rückgrat- und charakterlosen Politikern, die für Wählerstimmen alles, aber auch wirklich alles tun.

Hannibal Murkle | Sa., 1. Februar 2020 - 03:12

@"Aufgrund des demografischen Wandels benötigt Deutschland laut der Studie weitere qualifizierte und arbeitsfähige Fachkräfte."

Ganz anders als die Ideen der Grünen, die gerne flächendeckend "Klimapässe" verteilen würden - egal, ob jemand qualifiziert ist und arbeiten will.

gabriele bondzio | Sa., 1. Februar 2020 - 08:14

weitere qualifizierte und arbeitsfähige Fachkräfte. Das Medialvermögen deutscher Haushalte ist mit das niedrigste in Europa (siehe Liste 2019), Steuern zahlt man reichlich, Wohnungen und Bildung werden Luxus, vor allem in Ballungsgebieten...und so weiter und sofort.
Mit was will man Fachkräfte nach DE locken? Im Gegenteil, wer von den Fachkräften noch denken kann, verlässt DE.

helmut armbruster | Sa., 1. Februar 2020 - 09:36

doch von Regierungseite kommt nichts.
Und auch das Faktenpapier dieses Sachverständigenrats ist unvollständig.
Es fehlt eine Kostenrechnung -prognose, also was diese massive Zuwanderung bisher gekostet hat und voraussichtlich noch kosten wird und wer das bezahlt hat und noch zahlen wird.
Und es fehlt eine Analyse über die Auswirkungen auf die Gesellschaft.
Last not least muss auch noch erwähnt werden, dass die Deutschen ohne Hintergrund, niemals gefragt wurden ob sie eine solche Einwanderung in ihr Land und ihr Volk wollen oder nicht.
Auch bei den Wahlen wurde Einwanderung nie zum Thema, mit der Folge, dass man als Wähler keine Chance hatte zu wählen (Ausnahme: ein paar ultrarechte Splitterparteien).
Jetzt haben wir diese Einwanderung und müssen - wiederum von der Politik allein gelassen - irgendwie damit leben. Wobei man nur hoffen kann, dass die gegenseitig notwendigen Anpassungen friedlich ablaufen.

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 1. Februar 2020 - 11:47

Nirgendwo sehe ich ein wirkliches Problem bis auf die evtl. Apotheose Merkels.
Wer das zu verantworten hat, ist dazu intellektuell evtl. nicht einmal in der Lage.
NORMALITÄT des Hier und Dort mit allen möglichen Widrigkeiten wurde darüber evtl. zum Sündenpfuhl des menschlichen Geschlechtes erniedrigt, vor allem die Bundesrepublik Deutschland.
Die bis dahin unglaubliche Bereitschaft der Deutschen sich ihrer jüngsten katastrophalen Geschichte zu stellen wurde evtl. einfach negiert und eine "Erbschuld" ausgemacht.
So etwas hat in Religionen seinen kulturellen Stellenwert, meinem Empfinden nach hatte dies aber mit Kultur, gar religiöser nichts mehr zutun.
Die Welt wurde evtl. "auf den Kopf gestellt".
Nun hatte ich etwas in der Art evtl. sehen können und bin jetzt ein bisschen misstrauisch.
Eine andere Erfahrung sagt mir, dass Menschen auf "vehementen Unsinn", vor allem von ganz oben, verunsichert reagieren.
Dagegen möchte ich die NORMALITÄT des HIER und DORT, dann ganz WOANDERS verteidigen

Helmut Bachmann | Sa., 1. Februar 2020 - 16:18

Es gibt ja auch andere Modelle. Es wäre sicher besser, sich mit einer schwindenen Bevölkerungszahl abzufinden. Wir sind eh überbevölkert.

Wolfgang Beck | Mo., 3. Februar 2020 - 18:35

1."Laut dem sogenannten „Wanderungssaldo“ ziehen insgesamt mehr Menschen nach Deutschland, als Menschen Deutschland verlassen. Das macht Deutschland zu einem Einwanderungsland." Egal ob Einwanderungs- oder Auswanderungsland, sein eigenes Land verlassen und in eine anderes gehen ist demnach durchaus in Ordnung - heißt, jeder darf denken, eigentlich könnte ich mein Land auch verlassen, heißt, keiner muß sich für sein Land mehr verantwortlich fühlen! Korrekt? In der Schule haben wir was anderes gelernt, ist aber schon lange her - überholt.
2. "Aufgrund des demografischen Wandels benötigt Deutschland laut der Studie weitere qualifizierte und arbeitsfähige Fachkräfte." Wenn der Zuzug derartige Fachkräfte für den einen Staat ein Vorteil ist, dürfte er sehr wahrscheinlich für den Staat, dem diese Kräfte entzogen werden, ein Nachteil sein - oder? Das Motto heißt also: ist doch egal, wie es den anderen geht. Es gibt da einen passenden Begriff: Rücksichtslosigkeit.

Manuel Reibach | Di., 4. Februar 2020 - 13:17

"Am 01. März 2020 tritt außerdem das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft. Ihm zufolge ist dann eine den deutschen Standards entsprechende berufliche Ausbildung ausreichend, um in Deutschland zu arbeiten oder für ein halbes Jahr einen Arbeitsplatz zu suchen."

Dieses Fachkräfteeinwanderungsgesetz kann am Ende zu einer Migrationswelle in noch größeren Ausmaß führen als zur Zeiten der "Flüchtlingskrise" 2015/2016.

Die Drittstaatler, die momentan – eher schlecht als recht – durch die Grenzschließungen der Balkanländer an der Reise nach Deutschland gehindert werden, können jetzt problemlos mit diesem "Fachkräftezuwanderungsgesetz" nach Deutschland kommen. Nur, dass sie nicht mehr in der Asylstatistik auftauchen werden.

Wenn sie dann nach Ablauf der 6 Monatsfrist keine Arbeit gefunden haben, können sie dann einfach einen Asylantrag stellen und sind dann erst mal "drinn" im Sozialsystem.