
- Not kennt ein Gebot
Gesundheitsminister Spahn macht sich jetzt stark für ein „Impfgebot“ in Abgrenzung zu einer „Impfpflicht“. So droht der Staat nicht mit Strafen, macht aber klar: Wer sich dem Impfen verweigert, verhält sich unsozial. Doch das Private zum Öffentlichen zu machen, davor sollte sich die Politik hüten.
Jens Spahn hat gewiss viele Qualitäten. Man tritt ihm jedoch nicht zu nahe, wenn man feststellt, dass er als großer Denker bisher eher nicht aufgefallen ist. Am vergangenen Dienstag jedoch sorgte der Gesundheitsminister für eine Sternstunde der Moralphilosophie. „Wir brauchen“, sagte Spahn nach seinem Besuch des Robert-Koch-Instituts, „keine Impfpflicht, wir brauchen aber ein Impfgebot“.
Holla, die Waldfee – was für eine Ansage! Nicht Pflicht soll Impfen also sein, aber Gebot. Man kommt umgehend ins Grübeln. Was ist eigentlich die nachdrücklichere Aufforderung? Tatsächlich die Pflicht? Oder nicht doch das Gebot? Was Jens Spahn sagen wollte, ist klar: Der Staat droht Impfunwilligen nicht mit Strafen, er macht aber unmissverständlich klar, dass jeder sich impfen lassen sollte. Und wer sich dem verweigert, der verhält sich unsozial. Allein dieser Gedanke ist apart genug: Ganz offen äußert hier ein Bundesminister, dass renitente Bürger zwar nicht mit Zwangsmaßnahmen zu rechnen hätten (die ziemlich sicher ohnehin verfassungswidrig wären), aber dass ihre soziale Ächtung durchaus das Wohlgefallen des Staates fände.