Bei Gartenpartys blüht Boris Palmer auf / Mathias Brodkorb

Boris Palmer - Der Sonnenkönig

Boris Palmer ist einer der umstrittensten Oberbürgermeister des Landes. Eigentlich wollten die Grünen ihn sogar loswerden. Sie hatten sowohl seine zuwanderungskritischen Äußerungen satt als auch seine als Provokation empfundenen Einlassungen während der Corona-Krise. Nun steht Palmer zur Wiederwahl. Wie gehen die Grünen damit um?

Porträt Mathias Brodkorb

Autoreninfo

Mathias Brodkorb ist Cicero-Autor und war Kultus- und Finanzminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Er gehört der SPD an.

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Am 23. Oktober wählt Tübingen einen Oberbürgermeister. Während sich Amtsinhaber Boris Palmer als unabhängiger Kandidat zu privaten Grillpartys einladen und jeweils einen Kasten Freibier springen lässt, buhlen seine beiden aussichtsreichsten Mitbewerberinnen mit Hausbesuchen oder Zitroneneis um die Gunst der Wähler. 

Wegen eines Kompromisses kann der wohl erfolgreichste grüne Bürgermeister der Republik nicht für seine eigene Partei antreten. Eigentlich wollten die Grünen ihn sogar loswerden. Sie hatten sowohl seine zuwanderungskritischen Äußerungen satt als auch seine als Provokation empfundenen Einlassungen während der Corona-Krise. Im „Frühstücksfernsehen“ von Sat.1 erklärte er einst, dass man mit allzu rigiden Lockdown-Maßnahmen nur alte Menschen retten würde, die „in einem halben Jahr sowieso tot wären“. Die Reaktionen auch vor Ort waren eruptiv. 

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Alexander Brand | Di., 18. Oktober 2022 - 08:22

Es mag sein, daß Palmer im Vergleich zum Standard-Grünen mit etwas mehr Verstand/Logik/Kompetenz gesegnet ist, er bleibt aber ein Grüner. Er steht links und er vertritt die grüne Heilslehre, wenn auch möglicherweise etwas weniger dogmatisch als andere Grüne. Er ist und bleibt damit gefährlich für Deutschland, es ist wie bei Wagenknecht, viele ihrer Äußerungen passen, sie gibt sich bürgerlich und fast konservativ, im Herzen ist sie aber überzeugte Kommunistin und als solche unwählbar. Palmer ist ein Grüner und nur weil er etwas weniger grün-dogmatisch ist als der Durchschnittgrüne ist er immer noch ein Grüner und somit eine Gefahr für Wohlstand, Freiheit, Demokratie!

Volle Zustimmung Herr Brand. Noch bevor ich die Kommentare las, fiel mir dieser Gedanke noch während beim Lesen des Artikels auf. Ja, er mag nicht mehr der nur an Ideologie festhängende Politiker sein und ja, er mag realistischer sein, wie der Rest seiner Partei und dennoch nutzt er sein Netzwerk zur Wiederwahl und das sind auch GRÜNE und AL. Hätte der Mann wirklich Haltung und Charakter, wäre er bei den GRÜNEN ausgetreten. Aber so kandidiert er auch bei ruhender Parteizugehörigkeit, wenn auch nicht offiziell für grüne Politik, mag er teilweise ausscheren und gar konservative Ansätze haben.
Dennoch gönne ich den Tübingern den Bürgermeister, den sie mehrheitlich wollen, denn sie müssen ihn auch aushalten.
Jedenfalls birgt eine Wiederwahl wenigstens ordentlich Auseinandersetzung innerhalb des grünen Glibber und da könnte es durchaus amüsant und interessant werden. Abgesichert haben viele ihre Ämter sicher gut. Man ist dort bei der AL und den GRÜNEN Mitglied..

Norbert Heyer | Di., 18. Oktober 2022 - 08:59

Ein Grüner, der weniger Ideologe als Realist ist, das geht ja überhaupt nicht. Rebellen in der Partei - sie sind nicht gerade beliebt, stören sie noch nachhaltig die meist brüchige Harmonie. Palmer ist so einer, der in Talkrunden nicht nur pastorale Leerhülsen absondert, der ist wirklich in der Realität angekommen und zeigt auch
deutlich seinen Unmut mit vielen Entscheidungen seiner Partei. Ein Bürgermeister, der zuerst die Sorgen und Nöte seiner Bürger zum Gradmesser seines Handelns macht, da ist es völlig egal, welcher Partei er angehört. Nicht die Partei darf an erster Stelle stehen, sondern der Mensch und die Lösung von Problemen. Wenn er seine mittlerweile seltenen Auftritte im Fernsehen hat, erlebe ich den einzigen Grünen mit Sachverstand und pragmatischen Lösungsansätzen. Er ist ein Exot, ein einsamer Rufer in der Wüste der
Ideologie und deshalb wollen die Grünen ihn entmachten. Menschen, die gradlinig denken, stören bei geplanter Deindustrialisierung und
Armut.
verordneter

Maria Arenz | Di., 18. Oktober 2022 - 09:48

Palmer macht nachweislich eine für Tübingen gute Politik, aber sein Stil gefällt den Damen nicht. Habeck macht eine rechte Sch..politik, die das Land in den Ruin treibt, aber sein Stil gefällt halt. Vor allem offenbar nach wie vor dem wichtigsten Grün-Wähler-Reservoir: weiblich und, akademisch gebildet. Leider aber nicht in MINt-Fächern sondern vorzugsweise in Literatur, Sozial -und Gesellschaftswissenschaften. Ich fürchte, diese nicht nur in Tübingen zu beklagende, verhängnisvolle Verschiebung der Maßstäbe hat etwas mit diesem speziellen "Erfolg" der deutschen Bildungsrevolution zu tun, aus dem ja auch seine Grüne Herausfordererin kommt. Wer aber wirklich glaubt, daß Leute, die Politologie studiert haben, auch dem Gemeinwohl zuträgliche Politik können, der glaubt auch, daß Zitronenfalter Zitronen falten.

Gerhard Lenz | Di., 18. Oktober 2022 - 10:19

Wie gehen die Grünen damit um? Begeistert werden sie kaum sein.

Immerhin sind beide Seiten konsequent: Palmer, indem er "offiziell" als Neutraler antritt und die Grünen, indem sie eine eigene Kandidatin aufstellen.

Natürlich wird Palmer auch aus dem grünen Lager Stimmen bekommen. Allerdings sollte man nicht vergessen: Tübingen ist eine studentisch geprägte Stadt. Da kommt Palmers Narzissmus nicht überall gut an. Mehr noch, und ähnlich wie bei Sahra Wagenknecht: Viel Unterstützung für Palmers Populismus kommt aus Reihen, die ihn sonst gar nicht unterstützen. Die jubeln, wenn der Querkopf mal wieder über Migranten meckert, oder bei Corona-Maßnahmen einen Aussetzer hat, wählen ihn aber wahrscheinlich gar nicht - schließlich ist er ja immer noch, irgendwie, ein Linker.
Gut möglich, dass am Ende sogar die Kandidatin der SPD vorne steht.

Palmer hatte Chancen, bei den Grünen Kretschmer zu beerben. Sollte er verlieren, ist er hauptsächlich an seiner eigenen Geltungssucht gescheitert.

also mal ehrlich, Palmer ist schlicht zu intelligent für den Durchschnitts-Grünen. Er hat zwar seit vielen Jahren erfolgreich grüne Politik gemacht, beherrscht aber deren Wording nicht, und er mag es auch nicht, es ekelt ihn an, so meine Einschätzung.

Palmer hatte Chancen Kretschmer zu beerben. Aber Kretschmer war leider zu feige, den Schreihälsen die Meinung zu stoßen. So mußte er mangels Personal selber ran und erklärt nun dem interessierten Publikum, wie man eine Heizung einstellt bzw. den Umgang mit Waschlappen.

Gerhard Lenz | Mi., 19. Oktober 2022 - 13:56

Antwort auf von Fritz Elvers

Palmer ist zweifellos ein begabter Politiker. Aber leider einer, der unter einem extremen Profilierungszwang leidet, und es offensichtlich liebt, "anderer" Meinung zu sein.

Ich bin gar nicht mal sicher, ob er das, was er zuweilen so sagt, immer so meint - oft genug schiebt er ja eine Entschuldigung für sein Reden hinterher.

Nur steht ein Politiker mitttendrin im Lichte der Öffentlichkeit, und kann sich keine endlose Zahl von Fauxpas' leisten.

Man möchte Herrn Palmer anraten: Halt doch manchmal einfach die.....

Aber ich nehme an, das hat er von seinem Vater geerbt, einem bekanntermassen notorischen Quertreiber.

Thomas Hechinger | Di., 18. Oktober 2022 - 10:50

Boris Palmer - eine ambivalente Persönlichkeit. Einerseits gefallen mir seine Unbeugsamkeit, seine gelegentlich unkonventionellen Ideen und Methoden. Das ist auf jeden Fall kein stromlinienförmiger Systemlangweiler, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut, der sich ganz seiner Aufgabe als Bürgermeister einer Mittelstadt verschrieben hat und in ihr aufgeht.
Andererseits läßt mir seine immer wieder einmal durchscheinende totalitäre Gesinnung manchmal das Blut in den Adern gefrieren. Dann schaudert mir vor Boris Palmer.
Ich habe in dieser Situation nicht zu entscheiden, die Tübinger Bürger werden schon wissen, was sie tun.

Günter Johannsen | Di., 18. Oktober 2022 - 12:49

Ich hoffe doch sehr, dass die Bürger in Tübingen mit Verstand wählen. Die vergangene Zeit unter der rot-grün dominierten Ampel hat uns nicht nur Peinlichkeit, sondern auch sehr viel Schaden eingebracht. Dass die Grünen Zwangsweltverbesserer nur durch ein Machtwort des Kanzlern gestoppt werden konnten, sollte für die Wähler in Tübingen doch ein eindeutiges Zeichen sein, vernünftig zu wählen: Boris Palmer!

Sabine Jung | Di., 18. Oktober 2022 - 14:19

was für viele Grüne fehlt. Woher auch, der Schul-bzw.Studiumabschluss lässt dies nicht zu. Gearbeitet hat man noch nie in der freien Wirtschaft. Herr Palmer ist Ökonom und wohl auch im Aufsichtsrat seiner Stadtwerke. Praktische Empfehlungen hatte er ja damals auch zu Corona-Massnahmen.
Aber ja, auch er denkt und tickt immer noch grün, jetzt eher ruhend grün.

Heidemarie Heim | Di., 18. Oktober 2022 - 14:54

Was soll Bürger*in darunter verstehen? Zitroneneisspende um den Glauben daran zu stärken, dass Zitronenfalter Origamis mit Zitronen kreieren? Oder wird man der Politik erst würdig wenn man die Kunst des gesprochenen Gendersternchens bzw. Glottisschlags beherrscht? Aussagekraft und Anspruch eines solchen Bewerberprofils sagt mir nur Eines:" Weitere Qualifikationen erwünscht, jedoch nicht unbedingt beweiskräftig vonnöten" bei so einem kleinen Kaff wie Tübingen. Hauptsache die Parteilinie wird strikt eingehalten. Und ist es nicht seltsam und für jeden halbwegs vernünftig Denkenden an der Zeit, darüber nachzudenken, dass man heutzutage nur die Vergangenheit, vergangene Aussagen, Fehler und Meinungen zu Kampfzwecken verwendet, und nicht die in der Vergangenheit gemachten Verdienste abzuwägen imstande ist? Oder schlimmer, sich einbildet, die Bürger oder Einwohner wären ebenso nicht willens und in der Lage dazu! In der Krise braucht es mehr solch zupackende Sonnenkönige als Stiljünger. MfG

Walter Bühler | Mi., 19. Oktober 2022 - 17:43

... Politiker gute Arbeit macht, nämlich gute Arbeit im Interesse der Bevölkerung. Das gibt es auch anderswo in D. Wie die guten Politikern in den anderen Parteien kommt aber auch Palmer automatisch mit den Ideologen und vor allen mit den mediokren Schwätzern der eigenen Partei in Streit, die durch ihre pure Masse heute überall die Außenwirkung der Parteien bestimmen.

Insofern sind die Tübinger wahrscheinlich gut beraten, wenn sie bei Palmer bleiben. Fleißig und ehrlich - das ist heutzutage sehr, sehr viel wert.

Christoph Kuhlmann | Mi., 19. Oktober 2022 - 17:47

in dem stromlinienförmige Mitläufer den Ton angeben, fällt Palmer positiv auf. Er bricht Tabus, die doch nichts anderes sind als erbärmliche Zensurversuche. Er ist einer der wenigen Grünen, den ich wählen würde. Wir teilen die Einstellung gegenüber Konsensverordnern und SUVs.