Deutschland in der Krise - Die Ampel hat den Schuss immer noch nicht gehört

Während die Deindustrialisierung voranschreitet, die Migrationskrise andauert, immer mehr Schulden aufgenommen und immer mehr Steuergelder verprasst werden, findet sich die Ampel immer noch toll. Und ist damit ziemlich allein auf weiter Flur.

Die Ampel-Spitzen auf dem Weg ins Luftschloss / dpa
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Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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Seit es Planwirtschaft gibt, verläuft sie immer nach demselben Muster: Erst wird beschlossen, dann kommt die Realität, dann wird es knapp, dann wird rationiert, dann wird geleugnet, dass die Sache nicht funktioniert, und dann ist alles kaputt. Was die jüngst aufgeklaffte 60-Milliarden-Euro-Lücke betrifft, befindet sich das semi-sozialistische Deutschland bereits auf fortgeschrittener Stufe. Im Volkshochschul-Jargon entspricht die aktuelle in etwa B1. Wir befinden uns also irgendwo in der Mitte dieser Strecke, was sich unter anderem daran ablesen lässt, dass die Bundesnetzagentur derzeit die Rationierung von Strom vorbereitet

Schaffen wir nicht bald eine echte Kehrtwende – also die Rückkehr zu einer pragmatischen Finanz-, Migrations- und Wirtschaftspolitik, in der man sich von CO2-freien Wunschträumen verabschiedet, fordern und fördern wieder zur Maxime für Migration macht und sich die Bundesregierung beim Geldausgeben wieder auf die ihr als Regierung obliegenden originären Aufgaben besinnt –, folgt bald B2 und so weiter. Mit dem Unterschied, dass am Ende des Volkshochschulkurses ein Zertifikat wartet, auf das man stolz sein kann, während am Ende des derzeitigen Ampelkurses der Ruin wartet, auf den man kein bisschen stolz sein kann. 

Wie der Dobermann an seinem Stöckchen

Doch wer hoffte, der peinlichste der bundesdeutschen Geschichte, weil verfassungswidrige Nachtragshaushalt wäre der längst überfällige Schuss gewesen, der die Ampel zur Einsicht bringen würde, hat sich sauber getäuscht. Stattdessen halten die Grünen an ihrem Gesellschaftsumbau fest, und die Ampel ingesamt veranstaltet jetzt irgendeinen Notstands-Harakiri, der in seiner Argumentationsweise dermaßen konstruiert ist, dass Otto Normalbürger im normalen Leben niemals mit derlei durchkommen würde. Und auch das Wort Steuererhöhung macht bereits die Runde – und das in ausgerechnet jenem Land, das ohnehin schon die höchsten Steuern und Abgaben hat. 

Denn in vermeintlich linken Kreisen ist man der Überzeugung, dass gerecht ist, wenn es allen gleich schlecht ergeht, während man behauptet, den einen mehr zu nehmen, hieße automatisch, den anderen mehr zu geben, obwohl das Geld am Ende beim Staat landet. Bei jenem Staat also, der derzeit offensichtlich nicht mit Geld umgehen kann, von dem er eigentlich schon mehr als genug hat. Und eben genau nicht bei, nennen wir sie, Gabi, die mittlerweile Stammkundin bei der Tafel ist, weil ihr ehemaliger Betrieb die Produktion ins Ausland verlagert hat, um der bundesrepublikanischen Räuberbande zu entgehen, die an ihren planwirtschaftlichen Vorhaben festhält wie der Dobermann am Stöckchen. 
 

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Wobei, es sind gar nicht nur die (angeblich) Linken. Selbst der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke will Steuererhöhungen nicht mehr kategorisch ausschließen. „Wir werden auch über diesen Teil reden müssen, wie wir Einnahmen verbessern“, so der FDP-Politiker im Gespräch mit Welt TV. „Einnahmeverbesserung“ also. Welch ein Clownswort! Heißt im Klartext: SPD, Grüne und FDP sind auf Beutezug und gucken derzeit ganz akribisch, wo sich noch mehr rauspressen lässt aus dem dummen Bundesbürger, der trotz Bürgergeld noch arbeiten geht, oder als Unternehmer gar so verrückt ist, seinen Betrieb immer noch nicht dorthin verlagert zu haben, wo man ihn wirklich zu schätzen weiß. In die Vereinigten Staaten zum Beispiel. Oder wenigsten irgendwohin, wo das Wetter besser ist als hierzulande und man immer noch an die Biologie glaubt

Die Deindustrialisierung schreitet vorn

Wissen Sie, es ist schön und gut, dass die Politik derzeit so tut, als wäre die Ansiedlung irgendeiner Chip-Fabrik in Sachsen-Anhalt, die mit Milliarden Steuern subventioniert werden soll, der große Game-Changer, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik angeht. Und selbstverständlich brauchen wir Arbeitsplätze und wirtschaftliche Perspektiven für strukturschwache Regionen. Gleichzeitig haben laut Insolvenzstatistik des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2022, also im ersten Ampeljahr, aber auch rund 14.500 Unternehmen Insolvenz angemeldet, was einem Plus von 4,3 Prozent zu 2021 betrifft.

Obendrauf kommt dann noch der Umstand, dass immer mehr deutsche Unternehmen ihr Geschäft ins Ausland verlagern. 32 Prozent der Investitionen, das geht aus einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer von Mitte des Jahres hervor, werden inzwischen zum Zweck der Kostenersparnis im Ausland getätigt. Und eine Umfrage des Verbands Die Familienunternehmer offenbarte im April, wie die Stimmung beim Rückgrat der deutschen Wirtschaft ist: 96 Prozent der Befragten gaben an, dass die Deindustrialisierung Deutschlands begonnen habe. 

Uns nimmt keiner mehr ernst

Wer als Politiker behauptet, einzelne mit Milliarden subventionierte Fabrikansiedlungen würden die deutsche Wirtschaft fit machen für die Zukunft, muss, damit die Argumentation funktioniert, also konsequent ignorieren, wer auf der anderen Seite alles schließt oder abwandert. Denn eine Handvoll Neuansiedlungen werden bei hunderten, vielleicht tausenden Schließungen und Abwanderungen die Industrienation Deutschland nicht retten. Da müsste man schon ran an die Substanz, Bürokratie abbauen und Deutschland als Industriestandort insgesamt wieder attraktiver machen, statt Unternehmen mit Milliardensummen aus Steuergeldern ins Land zu locken, wie andere den Esel mit der Karotte vor der Nase in den Stall. 

Zwei konkrete Beispiele: Während die Grünen noch von der Elektrozukunft träumen, räumt VW längst ein, dass sich das Geschäft mit E-Autos nicht rentiert. Also gehen Arbeitsplätze verloren. Und durch die Schließung der letzten deutschen Atomkraftwerke hat sich Deutschland selbst vom Netto-Strom-Exporteur zum Netto-Strom-Importeur degradiert, was die Strompreise hat steigen lassen; was besonders jene Industriezweige trifft, die besonders viel Strom benötigen: die Stahlindustrie etwa.  

Kein Wunder also, dass uns und unsere Wirtschafts- und Energiepolitik in der Welt kaum noch jemand ernstnimmt. Der französische Präsident Emmanuel Macron etwa sagte im August, der Atomausstieg Deutschlands sei fatal. Und innerhalb der Europäischen Union macht längst die Sorge die Runde, Deutschland könnte im Zuge seiner Wirtschafts- und Klimapolitik in den kommenden Jahren zum „kranken Mann Europas“ werden – mit fatalen Folgen für die gesamte EU. 

Vertrauen im Keller

Während es einerseits in der deutschen Wirtschaft also krächzt und pfeift, machen die Sozialausgaben, die vergangenes Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 27 Milliarden Euro gestiegen sind, mittlerweile ein Drittel des BIP aus: 1,18 Billionen Euro. Eine Summe, die tagtäglich weiter steigt. Beispielsweise wurden von Januar bis Oktober 2023 insgesamt 286.638 Asylanträge in Deutschland gestellt, was fast der Einwohnerzahl der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn entspricht. Flüchtlinge aus der Ukraine kommen in dieser Statistik nicht vor und wandern direkt ins Bürgergeld. Obendrauf kommt dann noch aus Steuergeld finanzierte Entwicklungshilfe (inklusive etwa Hilfsgelder für die Ukraine), die im Jahr 2022 so hoch war wie noch nie zuvor: 33,3 Milliarden Euro. Geld, das abfließt, aber wohin konkret, das weiß man in vielen Fällen nicht genau. 

Bei dieser Gemengelage, inklusive aller Fauxpas, die sich die Ampel seit ihrer Inthronisierung geleistet hat – von komplett unfähigen Ministerinnen bis zum Skandal um grüne Seilschaften im Bundeswirtschaftsministerium –, braucht es niemanden zu wundern, dass das Vertrauen in die Bundesregierung im Keller ist. Laut einer jüngsten Insa/YouGov-Umfrage kämen SPD, Grüne und FDP derzeit zusammen auf gerade einmal 35 Prozent der Stimmen. Und über ein Drittel der Befragten gehen davon aus, dass die Ampelregierung das offizielle Ende der derzeitigen Legislaturperiode nicht mehr erleben wird. 

Floskel-Alarm nach Söder-Vorstoß

All das und mehr veranlasste jüngst den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder dazu, Neuwahlen zu fordern. Eine Forderung, die mit Blick auf die derzeitigen Umfragewerte von SPD, Grüne und FDP freilich nicht gut ankommt bei der Ampel. Als Reaktion gab es dann den großen „Floskel-Alarm“ (Bild). Ganz vorne mit dabei: SPD-Krawallo Ralf Stegner. Er gab zu Protokoll: 

„Wenn wir einen Funken Verstand und Verantwortungsgefühl haben, dann gehen wir unserer Arbeit nach und geben die nicht nach zwei Jahren zurück. In einer Situation, wo wir merken, dass Rechtsradikale in westdeutschen Parlamenten zweitstärkste Kraft werden, wo wir Krisen in der ganzen Welt haben, da soll dieses Deutschland, drittstärkste Wirtschaftsmacht der Welt, sagen, jetzt machen wir mal Wahlkampf und gehen da raus?“

Zum Einrahmen und neben den Insolvenzantrag hängen auch folgendes Zitat von FDP-Politiker Konstantin Kuhle: 

„Wer angesichts von Krieg, Krise und Extremismus leichtfertig mit Neuwahlen kokettiert, hat den Schuss nicht gehört. Es braucht in diesen Zeiten mehr politische Klarheit, Führung und Orientierung – keine monatelange Hängepartie und Instabilität.“

Was SPD-Mann Stegner nicht einsehen will: Die steigenden Umfragewerte der AfD lassen sich direkt auf die schlechte Arbeit der Ampel zurückführen, insbesondere, aber nicht nur beim Thema Migration. Und wenn FDP-Mann Kuhle von „mehr politischer Klarheit, Führung und Orientierung“ spricht, weiß man tatsächlich nicht, ob man lachen oder weinen soll. Denn alles drei ist derzeit Mangelware bei der Ampelregierung, die vielleicht wirklich die „schlechteste Bundesregierung aller Zeiten“ (Serdar Somuncu im Cicero-Podcast) ist, aber nach wie vor wohl meint – obwohl es dafür nicht ein einziges plausibles Argument gibt –, unterm Strich trotzdem einen guten Job zu machen. Es ist zum Fremdschämen. 

Lichtblick: Kalifat

Sieht düster aus, keine Frage. Und was macht die Ampel inmitten dieser multiplen Krise, die sie in großen Teilen selbst verursacht hat? Statt eine echte Erklärung zur Haushaltskrise zu liefern, lieferte Olaf Scholz Anfang dieser Woche eine Verklärung der Umstände. Nach dem Motto: War da was? Gleichzeitig fährt die Bundesrepublik mit 250 (!) Delegierten zur Weltklimakonferenz und verspricht am allerersten Tag, freiwillig 100 Millionen Euro in einen Fonds einzubezahlen, mit dem Klimaschäden in besonders „verwundbaren“ Staaten behoben werden sollen. Daheim ist Krise, aber auswärts hat man die Spendierhosen an. Wenn einem da als Bürger mal nicht die Hutschnur hochgeht. 

Angesichts all dieses Irrsinns bietet dann folgende Nachricht vom Freitagmorgen vielleicht einen Lichtblick für die Zukunft dieses Landes: Die Bild berichtet, dass Islamisten die geplante Einbürgerung von Millionen Ausländern nutzen wollen, um eine eigene Partei zu gründen – und in den Bundestag einzuziehen. Wenn uns schon die Ampel nicht retten kann und will, dann probieren wir es halt mal für eine Legislaturperiode mit dem Kalifat. Denn wer braucht schon Wohlstand im Diesseits, wenn im Jenseits 72 Jungfrauen warten? 
 

Serdar Somuncu im Gespräch mit Ben Krischke
Cicero Podcast Gesellschaft: „Das ist die schlechteste Bundesregierung, die wir je hatten“
  

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