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Donald Trump verlässt die Bühne / dpa

Abschied von einem Außenseiter - Ignorieren geht über Echauffieren

Mit dem Ende der Amtszeit Trumps kommt nun die Stunde der Wahrheit für seine Kritiker. Denn es muss sich zeigen, wer seine Arbeit kritisiert hat und wer ihn lediglich als Verstärker eigener moralischer Überlegenheitsfantasien missbraucht hat. Denn es gibt nun eine Möglichkeit, Trump wirkungsvoll abzulehnen.

Autoreninfo

Julien Reitzenstein befasst sich als Historiker in Forschung und Lehre mit NS-Verbrechen und Ideologiegeschichte. Als Autor betrachtet er aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen.

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Donald Trump war bis 2016 ein Idiot. Das muss keine Beleidigung sein, sondern kann eine Feststellung sein, wie ein Blick in die Demokratiegeschichte zeigt: Die Demokratie in der Polis, dem Stadtstaat im antiken Griechenland eröffnete nur Wenigen den Zugang zu öffentlichen Ämtern. Unter ihnen gab es vereinfacht gesprochen jene, die sich aktiv um die Pflege der Demokratie bemühten, Ämter und Ehrenämter anstrebten und ihren Teil zur politischen Gestaltung der Polis beitragen wollten. Diese wurden Polites genannt.

Die sich von der Gestaltung des Gemeinwohls abgrenzenden Privatleute wurden Idiotes genannt – oft kümmerten sie sich lieber um Geschäfte als um Politik. Das mit diesem Begriff verwandte Substantiv Idiom bezeichnet laut Duden „eigentümliche Sprache, Sprechweise einer regional oder sozial abgegrenzten Gruppe“. Womit wir bei Donald Trump wären, dem sozial abgegrenzten und gewiss unwürdigsten Inhaber des Präsidentenamtes in der US-Geschichte.

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Wolfgang Tröbner | Mi., 20. Januar 2021 - 13:14

Herr Reitzenstein versteht es, einerseits alle sattsam bekannten Klischees der Gegner Trumps zu bedienen (das dürfte sicher einige, auch hier im Forum, sehr beglücken). Andererseits aber gelingt es ihm, wesentliche und bedeutsame Erfolge von Trump zu würdigen, was in unseren Medien derzeit doch sehr verpönt ist. Erfolge, die Trump auch deshalb erzielte, weil er einen ganz anderen Blick auf die Realitäten hatte, als die meisten seiner politischen Gegner. Erfolge, die seine politischen Gegenspieler(auch hierzulande) nicht annähernd vorweisen können. Und sein Nachfolger wird überhaupt erst einmal zeigen müssen, ob er Ähnliches zu erreichen imstande ist. Oder ob er eingeht in die Geschichte wie weiland Obama, der zwar wunderbare Reden halten konnte, aber am Ende kaum etwas von Bedeutung vorweisen konnte. Selbst nach 8 Jahren Regierung. Wir dürfen sehr gespannt sein. Herrn Reitzenstein sei gedankt für diesen sehr interessanten und inspirierenden Artikel.

Gerhard Lenz | Mi., 20. Januar 2021 - 16:26

Antwort auf von Wolfgang Tröbner

Geht's noch? Hat Obama etwa zum Sturm auf das Kapitol geblasen???

Schon erstaunlich, wie verblendet noch immer Trumps deutsche Fans durch die Gegen geistern.

wäre wünschenswert. Natürlich ist Trump ein Rüppel. Doch er wurde gewählt und Präsident. Auch hat er keinen Krieg angezettelt. Er schaute nicht über das inakzeptabel Verhalten Chinas hinweg, benannte viel kritisiert den Ursprung des Virus und Chinas Verantwortung. Mittlerweile allseits bestätigt. Er hat im nahen Osten mehr bewirkt als alle vor ihm. Die wirtschaftlichen Erfolge vor Corona unbestritten. Zu Recht kritisierte er Deutschlands nicht gehaltene Zusagen zur Beteiligung an Militärausgaben, das übliche Salongeschwätz deutscher Politik. So wie seine Vorgänger nur deutlicher im Ton. Eine unaufgeregtere Kritik an seiner Person wäre intelligenter und glaubwürdiger.

Bernhard K. Kopp | Do., 21. Januar 2021 - 07:07

Antwort auf von Wolfgang Tröbner

Wenn man nicht die Realität in den USA, und in der Welt, in den Jahren 2008-2011 wirklich im Bild hat, dann kann man sehr leicht nur von " Reden" reden. Man kann auch die US-Realität betreffend Krankenversicherung/Krankenversorgung ignorieren, dann ist seine Arbeit an den Jahrhundertprojekt ( tatsächlich seit 1912 ) nichts. Unter Obama ist auch vieles misslungen, und es wurden neue Fehler gemacht. Aber, The State of the Union Anfang 2017, als Trump übernahm, war deutlich besser als 8 Jahre vorher, und natürlich auch viel besser als heute.

Olli Land | Do., 21. Januar 2021 - 08:09

Antwort auf von Wolfgang Tröbner

Also Obama gilt bei den meisten als einer der größten Präsidenten der US Geschichte. Er erfreut noch auch heute noch sehr hoher Beliebtheit.
Die Erfolge in deiner ersten Periode führten auch zu seiner Wiederwahl.
Man muss schon sehr stark die Augen zu machen, hier was anderes sehen zu wollen.

Die ersten Erfolge Bidens: Rückkehr zum Pariser Klimaabkommem,
Einführung der Maskenpflicht,
Rückkehr in Gemeinschaft der dem. westlichen Länder,....

als das Setzen von Unterschriften und zelebrieren reinster Symbolpolitik.
Biden hat den Durst des Mainstreams gestillt und sein Land brav wieder eingereiht in die globale Symbolpolitik á la Klimaabkommen, WHO, etc. Und natürlich die Masken. Klar. Das war überfällig. Jetzt ist sie sicherlich vorbei die Corona – Krise...

„Erfolg“ hat man dann, wenn Ergebnisse klar vorliegen.
Mal gespannt, wie viel Milligramm CO² die Amis jetzt zusätzlich einsparen werden, weil Joe da gestern seine Unterschrift unter ein Stück Papier gesetzt hat...
Und ob denn die Maskenpflicht etwas bewirkt...
Und dass die USA aus der Gemeinschaft der demokratischen Länder ausgetreten waren (welche denn?), ist mir neu.
Selbst Donald schaffte es nicht, demokratische Wahlen „rückgängig“ zu machen...

Aber ok, jetzt hat der Mainstream wieder „seinen“ Vertreter im Whitehouse und alles wird gut.

Gisela Fimiani | Mi., 20. Januar 2021 - 13:27

Haben Sie Dank, für einen Beitrag, der einen kritisch differenzierenden und profunderen Blick auf Trump, sowie eine classe politique, samt angeschlossener Medien, wirft, die sich ausschließlich in wohlfeiler moralischer Häme ergeht. Trump hat es ihnen leider wahrlich leicht gemacht, politische Ursachen, Hintergründe und Tatsachen zu ignorieren. Schließlich war der Sündenbock für Alles gefunden, der es der moralischen Selbstüberhebung gestattete, sich in eitler Arroganz jeder rationalen Analyse politischer und gesellschaftlicher Umstände zu entziehen. Diese „Kritiker“ sind sich selbst gegenüber längst unkritisch geworden. Von kritischer, rationaler Denk- Anstrengung keine Spur.

helmut armbruster | Mi., 20. Januar 2021 - 13:35

denn jetzt, wo ihn das Amt nicht mehr schützt, wird ihn eine Flutwelle von Prozessen einholen.
So wie man USA und das dortige Schadensersatzrecht und die Klageindustrie kennt, kann man kaum anderes erwarten.
Und Mitleid oder Nachsicht wird auch niemand mit ihm haben, denn viel zu viele hat er verächtlich gemacht oder vor den Kopf gestoßen.
Und dann sind da noch ungeklärte Steuerfragen.
Besonders das werden sich die Demokraten nicht entgehen lassen.
Wirklich wahr, nur bei Putin wäre er sicher. Aber dieser wird ihn jetzt, wo er ihm nichts mehr nützen kann, auch nicht mehr wollen.

Marianne Bernstein | Mi., 20. Januar 2021 - 13:39

Alle, auch Sie in diesem Beitrag, arbeiten sich an Trump ab, ohne auch nur ein Problem zu lösen. Biden hat 2000 Dollar (stimulus check) in Georgia zugesagt, wenn die man die Demokraten wählt. Jetzt sind es nur 1400 Dollar. Die Menschen haben keine Arbeit und jede Menge Kosten, z.B. verliert man mit der Arbeit auch die Krankenversicherung. Was macht Biden? Nichts! Vielleicht sollte man sich mal mehr damit auseinander setzen, was schief läuft als alles seinem Lieblingsfeind in die Schuhe zu schieben. Wenn, nach Umfragen in den USA, die größte Sorge der Menschen andere Amerikaner sind und nicht etwa Krisen, Pandemie oder gar der Klimawandel, dann hat die Spaltung der Gesellschaft stattgefunden. Daran haben die Medien und vor allem auch die deutschen hervorragend gearbeitet. Probleme lösen, eine Gesellschaft einen ist offensichtlich nicht im Interesse der Medien.

Karl-Heinz Weiß | Mi., 20. Januar 2021 - 13:43

Danke für diesen Denkanstoß, der im öRR momentan noch undenkbar ist. Der US-Journalismus und auch der UK-Journalismus lebt seit Jahren von Empörungswellen. Dank Corona sind wir nicht mehr weit davon entfernt.

Albert Schultheis | Mi., 20. Januar 2021 - 14:01

Lieber Herr Reitzenstein, danke für einen der klügsten Stellungnahmen (es geht heute nur noch um Stellungen bzw Gräben) über den Trumpelstilz, die ich zu lesen bekam. Sie empfehlen offensichtlich ihrer eigenen Klasse das Ignorieren! Aber Ignorieren vermiest die Show und stiehlt die Gelegenheit der narzisstischen, moraltümelnden Selbst-Stilisierung. Man muss sich ausweisen können in der gelenkten Demokratie, als Guter, als Experte, als einer von uns. Demnächst geschieht das durch den Impf-Pass, heute bereits durch das Einstimmen ins "Die sind Pack!", Aussätzige, man darf sie nicht demonstrieren lassen, Bühne rauben, Mikro abdrehen, Wirte einschüchtern.
Aber warum das?: Trump, "dem sozial abgegrenzten und gewiss unwürdigsten Inhaber des Präsidentenamtes in der US-Geschichte." Das ist doch ein Fake! Waren nicht zB die heute gefeierten Bush II, Cheney, ja, auch Bush I tausendmal unwürdiger in diesem Amt? Wollen Sie auch zu den Guten gezählt werden? Weil Sie morgen noch publizieren wollen?

Tomas Poth | Mi., 20. Januar 2021 - 14:10

Interessanter Beitrag/Sichtweise zu dem Thema Trump/USA-Präsidentschaft/Biden.

Tonicek Schwamberger | Mi., 20. Januar 2021 - 16:03

. . . vielen Dank für die mal etwas andere Sicht auf Donald Trump; vieles, was Sie schreiben, ist für mich absolutes Neuland. Ich freue mich, daß ich wieder etwas lernen konnte - bezeichne ich mich doch auch mal ganz lax als ein Idiotes . . .
Vielen Dank und bitte mehr in dieser Richtung.

Thorwald Franke | Mi., 20. Januar 2021 - 17:12

Erstens ging der Sturm auf das Kapitol von einer anderen (!) Demo aus als der von Trump, nämlich der "Wild Protest"-Demo, die sich direkt am Kapitol sammelte. Die Akteure waren gut ausgerüstet und alles andere als spontan. Sie begannen die Polizei zu attackieren, noch bevor Trumps Rede überhaupt zu Ende war. Zweitens stellt sich die Frage, warum die Polizei das Szenario einer Attacke auf das Kapitol zuvor durchgespielt hatte, von den "bad boys" der "Wild Protest" Demo wusste, aber dennoch keine Verstärkung im Vorfeld anforderte. - Das Narrativ von dem Sturm aufs Kapitol durch einen Mob, der spontan durch eine Hetzrede Trumps inspiriert wurde, ist jedenfalls falsch.

gabriele bondzio | Mi., 20. Januar 2021 - 17:16

dass jemand, der 70 Jahre lang zu den Idiotes gehörte, in der Wahlnacht ein Polites wird.“...konnte richtig schön lachen, über die Formulierung.
Obwohl es in den USA keine Seltenheit ist, dass "Idiotes" in die Politik einsteigen. Man(n)/frau braucht schon was im Geldbeutel, um sich eine Wahl leisten zu können.
Ganz hervorragend ist der Satz;: „Wenn eine Problemlösungsmethode nicht funktioniert, muss man sie ändern, sonst wird es misslich.“...diese könnte man(n)/frau auch der Bundesregierung empfehlen.
Daumen hoch, für ihren Artikel...Herr Reitzenstein!

„Objektivität: Alles hat zwei Seiten. Aber erst wenn man erkennt, dass es drei sind, erfasst man die Sache.“ (Heimito von Doderer)

Walter Bühler | Mi., 20. Januar 2021 - 17:43

... und Business-Man, den Sie in schöner Weise bis in die Antike zurückverfolgen, konnte sich nur deshalb in der von Ihnen treffend geschilderten Weise bei Trump auswirken, weil die westlichen Medien besonders in den USA eine Deformation erleben, und weil die Medien in aller Welt für die Politik eine viel zu große Rolle spielen.
Das Bild des Politikers von der Wirklichkeit wird im Vordergrund von den Medien bestimmt, während das Volk nur noch das große Hintergrundrauschen liefert, Wegen der medialen Barriere kann es kaum mehr auf anderen Wegen mit Politikern kommunizieren.

Man wird sich vielleicht bald ernsthaft die Frage stellen, ob die Demokratie in der Zeit der "sozialen" Medien, der Influenzer und Internet-Blasen, an denen sich inzwischen auch die "traditionellen" Medien orientieren, noch als funktionierende Staatsform betrachtet werden kann.

Der Blick des gemeinen Mannes UND des politischen Führers auf die Realität wird durch die deformierten Medien völlig eingetrübt.

Brigitte Simon | Do., 21. Januar 2021 - 02:45

Zu Trumps Schadensbilanz zählt ein noch tiefer ge-
spaltenes, verunsichertes, auseinander geschlagen-
es Land. Corona ist außer Kontrolle aufgrund Trumps Corona-Negierung. Bereits 400.000 Leben
hat diese gekostet und Millionen in die Armut ge-trieben. Das muß Trump angelastet werden. Für mich gleicht seine Untätigkeit einer Kriegserklär- ung gegen das eigene Volk.

Auf eine gemeinsame Realität können sich die zwei Lager nicht einigen. Mit tatkäftiger Unterstützung Trumps öffnete sich ein noch tieferer Graben. Für eine gemeinsame Zukunft können sich die gegner-ischen feindlichen Parteien nicht mehr einigen. Mit Trumps fanatischer Unterstützung können sich die verfeindeten Parteien nicht zueinander finden und einigen. Ist eine Demokratie noch möglich?
Biden läßt hoffen. Seine Einladung an Pence und dessen Annahme finde ich wunderbar. Ein Silber-streif am dunklen Horizont läßt Hoffnung ent-stehen.

Kai-Oliver Hügle | Do., 21. Januar 2021 - 03:18

Im privaten Bereich ist es durchaus sinnvoll und zielführend, das Geltungsbedürfnis psychisch gestörter Persönlichkeiten zu ignorieren. Hier aber geht es nicht um soziale Beziehungen sondern um den ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten, dessen Fehlverhalten vermutlich eine ganze Kette von Strafprozessen nach sich ziehen wird.
Hinzu kommt, dass speziell die Ereignisse der letzten Monate verdeutlicht haben, wie anfällig demokratische Systeme für Desinformation sind und welche Folgen dies haben kann. Zur Erinnerung: Trump hat versucht, das Wahlergebnis zu fälschen und Reden gehalten, die dazu geführt haben, dass seine Anhänger das Kapitol gestürmt haben! Ergebnis: Sechs Tote, darunter zwei Polizisten. Ermittelt wird wegen domestic terrorism.
Insofern halte ich Trumps Präsidentschaft für ein Mahnmal, das man keinesfalls ignorieren sollte. Sie war eine Erinnerung daran, dass Demokratie kein Selbstläufer ist, sondern etwas, das aktiv beschützt werden muss!

Werner Peters | Do., 21. Januar 2021 - 17:35

Vorneweg, ja der Mann war ein Chaot und hat viel Sch... gebaut. Haben aber andere auch. Wenn ich mich zurückerinnere vor vier Jahren an die Nacht am Radio, als er völlig überraschend die Wahlen gewonnen hat, und ich die ersten bösen rein polemischen Kommentare hörte, die sich dann Tag für Tag in ihrem Schaum steigerten, war mir klar, der Mann wird nicht lange Präsident sein. Das galt es zu verhindern. Dem medial-industriellen Komplex war dieser Mann, der keine weiteren Kriege mehr führen wollte, suspekt. Klingt nach Verschwörungstheorie, meinetwegen. Aber in der Rückschau: Trump hat vieles falsch gemacht, vor allem am Schluss seiner Amtszeit, aber er hatte nie eine echte Chance zu reüssieren.