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Recep Tayyip Erdogan hat auch Einfluss auf die Schweiz / dpa

Konflikt mit der Türkei - Die Schweiz sitzt in der EU-Patsche

Als Schweizer stößt unserem „Cicero“-Koluminsten Frank A. Meyer immer wieder sauer auf, wie seine Landsleute über die EU urteilen – insbesondere in der aktuellen Türkei-Frage. Denn alles, was die EU zu erreichen versuche, geschehe am Ende auch im Interesse der Schweiz.

Autoreninfo

Frank A. Meyer ist Journalist und Kolumnist des Magazins Cicero. Er arbeitet seit vielen Jahren für den Ringier-Verlag und lebt in Berlin.

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Folgende Schlagzeile war allerjüngst in der Schweizer Zeitung Blick zu lesen: „Erdogan rächt sich an der EU.“ Eine Botschaft, die uns Schweizer mit einer gewissen Erleichterung erfüllen muss, gilt die Rache des Despoten vom Bosporus doch nicht der Schweiz, sondern ausdrücklich der Europäischen Union, zu der wir Distanz zu halten pflegen, so weit wie immer möglich.

Brüssel zahlt an Erdogan Milliarden, damit er Flüchtlinge, die vorwiegend aus Syrien in die Türkei strömen, auch in der Türkei festhält. Inzwischen ist er glücklos in den Bürgerkrieg im Nachbarland verstrickt, wo russische Kampfflugzeuge für Assad, den syrischen Diktator, türkische Truppen bombardierten. Das kostet Nerven. Und Geld. Darum verlangt er noch mehr Mittel von der EU, andernfalls er den Migrantenmassen endgültig die Grenzen öffnen werde.

Ein bedrohliches Szenario

Doch damit haben wir ja ebenfalls nichts zu tun. Was die EU tut oder lässt, lässt uns kalt. Wir haben bisher nichts auf Erdogans Flüchtlingskonten überwiesen, also fühlen wir uns auch durch dessen Nachforderungen nicht angesprochen.

Leider war im Blick einen Tag später zu lesen: „Wir müssen uns auf einen Ansturm an der Grenze vorbereiten.“ Die Flüchtlingskrise, die sich soeben an der türkisch-griechischen Grenze dramatisch zuspitzt, könnte die unschul­dige, die unbeteiligte, die europaferne Schweiz erreichen. Was heisst erreichen? In Mitleidenschaft ziehen könnte sie die Schweiz. Schmerzhaft treffen sogar: wenn Flüchtlinge und Migranten womöglich morgen schon an unserer Grenze Einlass begehren.

Darum ist hier zwingend eine weitere Schlagzeile zu zitieren, diesmal aus der Neuen Zürcher Zeitung: „Die EU muss entschieden auftreten.“ Genau – was gesagt sein muss, muss gesagt sein. Wäre ja noch schöner, die Europäische Union liesse die missliche Angelegenheit schleifen. Verantwortungslos wäre das. Nicht zuletzt – aus unserer Sicht natürlich ganz besonders – gegenüber der total unbeteiligten, komplett unschuldigen Schweiz!

Ja, so überaus betrüblich stehen derzeit die Dinge: Wir, die Schweizer, sind nicht EU-Europa, sind sogar weit entfernt davon, es je zu werden – und müssen doch erkennen: Es gibt kein Entrinnen vor dem Schicksal unseres supranational organisierten Kontinents.

Die Schweiz sitzt mitten in der EU- Patsche

Was bedeutet das? Es bedeutet: Alles, was die Europäische Union unternimmt, um das Drama an der griechisch-türkischen Grenze in geordnete Bahnen zu lenken, geschieht auch im Interesse der Eidgenossenschaft. Für Flüchtlinge und Migranten nämlich ist die Schweiz ein überaus attraktives Zielland: reicher als alle andern, mit einem besseren Sozialsystem als alle andern.

Die Schweiz: das Schlaraffenland.

So tief die politisch-seelischen Abgründe sein mögen, die uns von der ver­maledeiten Europäischen Union trennen – die Völkerwanderer aus Afrika und Arabien und Asien scheren sich keinen Deut darum. Sie wissen über ihre Smart­phone-Apps nur: Da gibt es doch noch dieses kleine glückliche Land mit seinen tüchtigen, wohlhabenden, freundlichen Menschen, die hoffentlich Herberge bieten!

Und plötzlich schert sich die Schweiz keinen Deut mehr um irgendwelche seelisch-politischen Abgründe, die sie von Brüssel trennen, denn genau dort, in Brüssel, wird gerade über das Schicksal der Schweiz entschieden. Darum unser Stossgebet, man möge dem Erpresser Erdogan entschlossen gegenübertreten, wie es die international kompe­tente NZZ richtigerweise anmahnt. Was die EU allerdings auch etwas kosten könnte: mehr Geld für die Flüchtlings- und ­Migrantengeiseln in der Hand des allmächtigen Zuchtmeisters von Ankara.

Geld? Mehr Geld? Schweizer Geld? Gott behüte und alles, was recht ist: Die Schweiz ist die Schweiz ist die Schweiz. Und die EU die EU.

Da bitte soll mal niemand nie und nimmer nichts verwechseln!

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Romuald Veselic | So., 8. März 2020 - 15:26

„Erdogan rächt sich an der EU.“
Damit wird besonders Deutschland gemeint. Denn die Visegrad Länder, sowie Austria Felix, Kroatien, Rumänien oder Bulgarien, lassen sich von dem anatolischen Frankenstein nicht erpressen. Zumal ihnen klar ist, dass nicht Deutschland sie beschützen kann, sondern Russland o. USA. Falls es so weit kommen sollte, wird rund um Deutschland die neue Mauer gebaut, um die möglichen Unruhen dort, nicht auf die Nachbarländer übergreifen lassen. Denn die nächsten Migranten, werden die Deutschen selbst, um ihr Leben zu retten.

Wie kommt es das du auf einmal pro Russisch eingestellt bist. Amerika wird es nicht zulassen das die Ost-EU Länder sich an Russland heranwagen, selbst wenn sie es wollten es gibt Eliten die in den USA ausgebildet werden genau wie in DE es fängt im Journalismus an. Damit ja die öffentlichen Meinung anti RU bleibt. Das gleiche machen sie im Osten. Ich meine Russland hatte Rumänien und Bulgarien und ganzen Balkan von den Türken befreit, was war den Dank Bulgariens im 1 u. 2 WK Vasall der Deutschen und später der Nazis der dritte Verrat folgte von der Nato. Da ich selbst von dort ursp. komme kuckt man in RU verdutzt was den den EU-Euros eigentlich mit den Muslimen erreichen wollen. RU war 300 Jahre und mehr unter der Fuchtel der Mongolen-Tataren Joch. Das weiß jedes Kind, obwohl die Russen in der Mehrzahl waren, das war das Ende der Kiever RUS da sie alle Kleinreiche gegeneinander ausgespielt hatte bis Ivan kam.

Christa Wallau | So., 8. März 2020 - 15:29

Ja, auch die Schweiz ist natürlich mitbetroffen von der Migrationswelle, die über Europa geschwappt ist und weiter zu schwappen droht.
Da mag sich Ihr Land noch so sehr von der EU absondern, die Probleme bleiben für alle dieselben.
Was gilt es zu tun?

Der Pakt mit Erdogan war von vornherein das falsche Signal. Diesem Despoten kann man nicht trauen; denn er ist ein Lügner und Betrüger mit Großmachtphantasien.

Vielleicht wäre ja mit einem anderen Land - etwa
Jordanien oder dem Libanon - eine Schutzzone
zu schaffen, welche echte Kriegs-Flüchtlinge aus dem Nahen Osten aufnähme und die von a l l e n
EU-Staaten sowie anderen Ländern Europas, z. B. Norwegen und eben a u c h der Schweiz (!), finanziert würde.

Heuchelei gibt es leider überall, nicht nur bei Ihnen im Land der Eidgenossen, sondern auch und vor allem bei uns in D, wo diejenigen am lautesten nach humanitärer Hilfe für "Geflüchtete" schreien, die selber am wenigsten mit ihnen zu tun bekommen bzw. für sie bezahlen müssen.

Die EU hat € 6 Mrd. zugesagt, davon bisher nur ca. € 3.3 Mrd. ausgezahlt. Zusage € 6 Mrd. für 3.5 Mio Flüchtling - für 4 Jahre - ist ca. € 400.- pro Person im Jahr. Das ist sehr wenig. Jeder Migrant in D (oder A, CH, S, NL ) kostet ca. € 30,000.-plus im Jahr, und das auch meist für mehrere Jahre. Viele Institute rechnen sogar mit deutlich höheren Kosten, weil es keine Einigkeit darüber gibt welche Verwaltungsgemeinkosten und Sozialkosten in die Gesamtkosten aufgenommen werden sollten. Wenn die EU zugesagt hätte : wir zahlen euch € 5 Mrd. jedes Jahr, bei jederzeitiger Kündigungsmöglichkeit, dann hätte die EU die Türkei an der Kandare. Selbst wenn die Türkei sich nach EU-Urteil positiv verhalten hätte, und die € 20 Mrd. erhalten hätte, dann wäre dies immer noch Kleingeld im Verhältnis zu den Kosten die andernfalls auf die EU-Länder zukämen.

sondern glasklare Vorwürfe an die ungeliebte Partei, die aus nachvollziehbaren Gründen gegen einen EU-Beitritt ist. ( Es gibt auch Gründe dafür, welche sind stichhaltiger und vernünftiger? Es i s t ein Dilemma, wir sind mitten in Europa , aber nicht in der Organisation EU. )
Auch und gerade das Verhalten von Brüssel- EU im Zusammenhang mit der Massenmigration ist aber nicht gerade vertrauenerweckend, wenn auch Herr Meyer offenbar auf sie baut.

Ludwig Römer | So., 8. März 2020 - 17:10

Für die Schweiz gilt nichts anderes als für die EU-Länder: Entweder schützt die EU ihre Aussengrenzen, oder die einzelnen Staaten müssen ihre Grenzen selber schützen. Das war ja immer so, ist also nichts aussergewöhnliches.
Von allen europäischen Staaten traue ich das am ehesten der Schweiz zu, die hat bisher darauf verzichtet, sich auf andere zu verlassen.
Schillers "Tell" hat auch das richtige Sprichwort dazu, sie kennen es sicher!

Norbert Heyer | Mo., 9. März 2020 - 06:12

Wer hat nicht gewarnt vor diesem unseligen Flüchtlingspakt mit Herrn Erdogan. Dieser Mann wird für das Erreichen seiner Ziele alles auf eine Karte setzen und sogar eine militärische Auseinandersetzung mit der EU riskieren, sozusagen NATO gegen NATO. Frau Merkel wird alles versuchen, um den Sultan zu beruhigen, Geld ohne jedes Limit wird fließen, dass könnte ihn kurzfristig zum Einlenken bewegen. Aber machen wir uns nichts vor: Erfolgreiche Erpresser werden ihr lukratives Geschäft niemals aufgeben. Die harte Haltung der EU-Partner verhindert außerdem, das Deutschland wieder unbegrenzt Migranten aufnimmt. Nicht nur die Schweiz weiß: Sollte Deutschland unter der finanziellen und logistischen Last zusammenbrechen, werden diese Menschen innerhalb der EU neue Versorger suchen und da bleibt dann auch das kleine Land in den Bergen nicht verschont. Somit haben die Deutschen traditionsgemäß wieder einmal Europa destabilisiert. Eigentlich müssten wir als Gefahr unter Aufsicht gestellt werden.

Günter Johannsen | Mo., 9. März 2020 - 11:44

Erdogan hält ein Stöckchen hin und die Deutschen- und EU-Politiker springen mit Freude drüber … ! Der selbstherrliche Sultan vom Bosporus
träumt von Groß-Osmanien und wird so weitermachen, wie bisher, weil unsere hilflosen Politiker sich nicht wagen, dem islamistischen Despoten gegenüber deutliche Zeichen zu setzen. Solange in Deutschland türkische Wahlen stattfinden dürfen ... solange die "Grauen Wölfe" oder eine Osmanen-Motorrad-Gang sich bei uns weiterhin als Terrortruppen organisieren und strukturieren können ... solange die islamistische Organisation Ditib weiter in unseren Schulen und öffentlichen Einrichtungen das Sagen hat, wird man in Ankara keine Achtung gegenüber Deutschland und seinen staatlichen Behörden entwickeln können! Erdogan hält Deutschland für seine türkische Enklave und behandelt es auch so. Das muss JETZT ein Ende haben. Zuerst aber muss das EU-Beitritts-Verfahren beendet werden! Nur diese Sprache versteht Erdogan: keine Toleranz der Intoleranz!

Brigitte Miller | Mo., 9. März 2020 - 11:49

dass das kleine Land verschont ist von der Zuwanderung. Gemeinden ächzen unter der Last der Sozialhilfebezüger, die Einwanderung aus der EU ist auch nicht ohne.
Und es wird nicht besser.

Tomas Poth | Mo., 9. März 2020 - 14:01

Mal ganz simpel formuliert:
Erdogan "produziert" mit seiner Beteiligung am Syrienkrieg, von Beginn an, Flüchtlinge für die er sich von uns bezahlen läßt oder uns direkt aufhalst.
Erdogan ist einer der Schurken in diesem ganz miesen Geo-Politik Schauspiel!

Günter Johannsen | Di., 10. März 2020 - 14:42

Ist Putin der Einzige, der erkannte hat, dass man den von Erdogan angezettelten Krieg in Syrien nur beenden und stabile Verhältnisse schaffen kann, wenn man die etablierte Regierungen Assad unterstützt gegen die Islamisten des IS. Wenn Herrscher, auch wenn sie Diktatoren sind, von den noch viel schlimmeren mörderischen Islamiten gestürzt werden, ist das bestimmt KEIN arabischer Frühling, sondern ein elendiger Untergang jedweder Menschlichkeit!
Erdogan unterstützt die Islamisten und liefert ihnen Waffen, die zunächst gegen die Kurden kämpften. Nun heizt er mit seinen Soldaten den Krieg in Syrien an und ruft nach Hilfe der Nato, um auf Syrischen Boden Menschen abzuschlachten, um dem IS wieder zur Macht zu verhelfen. Die NATO muss, wenn sie glaubwürdig bleiben will, den islamistischen Despoten endlich aus ihrem Verein rausschmeißen. Und Europa muss sich endlich dazu durchringen, jede Zusammenarbeit mit dem Möchtegern-Sultan zu beenden!