
- Hybris kommt vor Holocaust
Das Zentrum für Politische Schönheit ist dafür bekannt, dass es die Zuschauer seiner Inszenierungen zu Akteuren macht. Jetzt setzen sich Betroffene zum ersten Mal zur Wehr. Hat das Zentrum mit der Instrumentalisierung von Holocaust-Opfern eine Grenze überschritten?
Das Zentrum für politische Schönheit ist ein zuverlässiger Kunstproduzent paradoxer Ereignisse. Erfolgreich war die Aktion, als es unter dem Logo des Familienministeriums die „Kindertransporthilfe des Bundes“ ins Leben rief. Tausende Kinder sollten aus dem Bürgerkrieg in Syrien gerettet werden, wenn sich genügend Paten in Deutschland finden würden. In kurzer Zeit wurde das Ministerium von einer Anfrageflut von Hilfswilligen überschwemmt. Allein, dort wusste niemand von einer solchen Aktion, und so musste die damalige Ministerin in die Öffentlichkeit treten, um klar zu stellen, dass es keine Kindertransporthilfe gibt.
In dieser Aktion sind alle Zutaten vorhanden, mit denen seither das Zentrum immer neue Aufgüsse versucht. Die Mittel sind eine gefakte Realität, eine Inszenierung des öffentlichen Raumes – und vor allem eine Handlungsprovokation, bei der die Zuschauer zu Akteuren werden. In diesem Fall waren es die vielen hilfsbereiten Mitbürger, die durch ihre Anfrage die Ministerin zu ihrer Aussage gezwungen haben. Die Methode besteht also darin, die Öffentlichkeit so in Erregung zu versetzen, dass dadurch latente Bruchlinien und Widersprüche hervortreten. Menschen wollen helfen, die Ministerin will das nicht.