Ein junger Südkoreaner zeigt seine  Landesflagge während einer Busfahrt nahe der Demarkationslinie
Ein junger Südkoreaner zeigt seine Landesflagge während einer Busfahrt nahe der Demarkationslinie / Sarah Palmer

Nordkorea - Warten auf den Grenzfall

Kim Jong-un hat als erster nordkoreanischer Machthaber seit Kriegsende südkoreanischen Boden betreten. Inzwischen wird sogar von möglicher Wiedervereinigung gesprochen. Als Blaupause gilt Deutschland. Aber taugen die Erfahrungen aus Ost und West für die Lage in Nord und Süd?

Autoreninfo

Felix Lill ist als Journalist und Autor spezialisiert auf Ostasien.

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Nein, heißt es im Abgeordnetenbüro von Chung Jong-sup, ein Mauerfall war das nicht. Zwar fuhr im Februar eine ranghohe Delegation aus dem Norden über den Landweg zum Besuch der Olympischen Spiele nach Pyeongchang in Südkorea. In einem symbolischen Akt überquerten die Pjöngjang-Gesandten den 38. Breitengrad, der Nord und Süd schwerbewaffnet voneinander trennt. Und was folgte, das war in Zeiten von Atomtests, Kriegsdrohungen und UN-Sanktionen schon sensationell: Nordkoreas Regent Kim Jong-un lud Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in nach Pjöngjang ein. Zugleich hat Südkorea die Kosten für den nordkoreanischen Olympiabesuch übernommen.

Aber Chung Jong-sup, einer der profiliertesten Politiker und Akademiker seines Landes, insistiert: „Das alles ist sehr unklug. Es wird hier viel aufs Spiel gesetzt.“ Obwohl der elegante Herr im Rollkragenpulli und Sakko mit seinen Ansichten nicht nur Freunde hat, hören die meisten zu, wenn er spricht. Bis Südkoreas Konservative vergangenes Jahr die Macht an die Liberalen verloren, war Chung Verwaltungsminister, davor lehrte er als Professor für Verfassungsrecht an der elitären Seoul National University. Jetzt macht Chung als Parlamentsabgeordneter Opposition. Und in seinem Büro im linken Flügel der Nationalversammlung im Zentrum von Seoul sagt er zunächst etwas, worüber sich alle einig sind: „Ich wünsche mir ein geeintes Korea.“ Doch gleich fügt Chung Jong-sup hinzu: „Aber nicht so.“

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Dorothee Sehrt-Irrek | Fr., 27. April 2018 - 14:57

Deutschland ihren Einfluss zu intensivieren suchen gegen hier China. Sie sind evtl. international noch imperial aufgestellt.
Das nationale Zusammengehörigkeitsgefühl der Koreaner wird sie auch über die mittlerweile aufgebauten Differenzen hinwegtragen.
Ihr Gefühl für Selbstbestimmung werte ich nicht viel anders als das der Japaner.
Seit einiger Zeit schaue ich mir gerne südkoreanische Filme an. Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür, dass Korea seine eigenen Machtstrukturen hat und weder Nord - eher schon Kim Jong Un persönlich - noch Südkorea ein Interesse haben, zum Sattelitenstaat der USA zu werden.
Wird China eine Atommacht an seinen Grenzen dulden, über die die USA sehr wohl in der Lage wären, starken Druck auf China auszuüben?
Das machen die USA evtl. so schon.
China könnte sich freischwimmen wollen und Nordkorea aus seinem Machtbereich entlassen.
Das ginge nur bei gleichzeitiger starker innerer Führung.
An Eigeninteresse und Nationalstolz mangelt es in China nicht.

Fritz Gessler | Fr., 27. April 2018 - 15:06

... mr. monster-trump scheint in 1 jahr regierungszeit erfolgreicher mit seiner art von politik zu sein als mr. obama in seinen 8 gewesen ist.
und was immer auch die mainstream-democrats sagen&schreiben mögen.

Joachim Wittenbecher | Fr., 27. April 2018 - 21:05

Die jetzige Annäherung Nordkoreas an die USA und Südkorea hat von seiten Kim Jong-un den alleinigen Zweck, seine eigene Herrschaft zu zementieren; diese ist nicht demokratisch legitimiert. Daher ist es schwer vorstellbar, dass Reiseverkehr, auch nicht in reglementierter Form, für Normalbürger des Nordens zugelassen wird. Die Konfrontation mit der Realität des Südens würde bei vielen Nordkoreanern einen Schock auslösen. Eine richtige Wiedervereinigung nach deutschem Beispiel wird es für lange Jahre nicht geben, obwohl man es den Koreanern wünschen würde. Es bleibt die "Politik der kleinen Schritte", die erst einmal zu dem Ziel führen muss, in etwa Verhältnisse wie in Deutschland v o r 1989 herzustellen. Brief- und Telefonverkehr in beiden Richtungen und Reisemöglichkeiten in Süd-Nord-Richtung. Schon das wäre ein Fortschritt. Danach kann es noch Jahrzehnte dauern, bis sich der politische Gegensatz Demokratie/kommunistische Dynastie langsam abschleift.

Alexander Mazurek | Di., 1. Mai 2018 - 01:18

… die WASP USA und JPN werden einem koreanischen Frieden nie zustimmen wollen, in pursuit of happiness and prey.
Wie viele Millionen tote Koreaner haben JPN und USA auf dem Gewissen? Keinen. Ganz klar und logisch. Wo kein Gewissen, da keine Schuld. Jedes Gewissen braucht (mindestens den sokratischen) Gott, und ein solcher ist diesen Bundesgenossen fremd, in pursuit of happiness and prey.