
- „Europa hat bei Putin zu lange weggesehen“
Mit Außenministerin Donika Gërvalla-Schwarz besuchte erstmals seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen im Jahr 2020 ein kosovarischer Politiker Israel. Im Gespräch mit Cicero erklärt Gërvalla-Schwarz, warum ihr Land fest an der Seite der Ukraine steht, warum sie fürchtet, dass der Krieg auf den Balkan überschwappen könnte, und warum Kosovo seine Botschaft in Jerusalem und nicht Tel Aviv errichtet hat.
Donika Gërvalla-Schwarz, 50, ist seit März 2021 Außenministerin des Kosovo. Ihre Biografie ist eng mit Deutschland verbunden. Als sie acht Jahre alt war, flohen ihre Eltern mit ihr 1979 aus Pristina nach Deutschland, wo ihr Vater Jusuf Gërvalla, ein bekannter Schriftsteller, Musiker und Journalist, Schutz vor politischer Verfolgung gefunden hatte. Im Januar 1982 wurden er, sein Bruder und ein Besucher von einem Killerkommando in Untergruppenbach erschossen; die Staatsanwaltschaft ging von einem Auftragsmord des jugoslawischen Regimes aus. Die Witwe ging mit ihren Kindern nach Albanien, Tochter Donika studierte Musik, war später bei Studentenprotesten gegen das Regime aktiv. Nach dem Sturz der Diktatur ging sie 1992 nach Hamburg, studierte Musik und Jura. Daneben engagierte sie sich politisch für ihre Heimat und war während des Kosovokriegs 1999 vielfach Gesprächspartner von Politik und Medien. 2021 kehrte sie nach Kosovo zurück und wurde ins Parlament gewählt; ihre Familie lebt weiter in Bonn.
Kosovo hat jüngst entschieden, 20 ukrainische Journalisten aufzunehmen und deren Lebensunterhalt und damit journalistische Tätigkeit abzusichern. Das kleine Land will 5000 ukrainische Flüchtlinge aufnehmen und hat sich von Anfang an den internationalen Sanktionen gegen Russland angeschlossen. Das Gespräch fand während Gërvalla-Schwarz’ offiziellem Besuch in Israel statt.