
- Die Entgleisung der Ulrike Guérot
Als in der Nacht die ersten Prognosen zur Wahl in Großbritannien kamen, twitterte sich die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot ins diskursive Abseits. Sie verglich das Wahlergebnis mit der Machtergreifung der Nazis. Sogar eine absurde Ausrede hatte sie dafür parat
Das Jahr 1933 war ein Schicksalsjahr der Deutschen. Adolf Hitler wurde Kanzler und löste den Reichstag auf, der wenige Wochen später brennen sollte. Das Ermächtigungsgesetz beendete die Demokratie von Weimar. Das Deutsche Reich trat aus dem Völkerbund aus. Im Jahr 1933 wurde der Weg in die nationalsozialistische Diktatur unumkehrbar, die in Weltkrieg und Shoah mündete. Wer heute in aktuellen Debatten das Jahr 1933 aufruft, greift zum denkbar größten Alarmknopf. Darum war es eine schlimme Entgleisung, als jetzt nach dem Wahlsieg der britischen Konservativen die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot Parallelen zu 1933 zog. Mehr Geschichtsvergessenheit passt in keinen Satz. Mehr deutscher Dünkel auch nicht.

Am Donnerstagabend vermeldeten die Wahlbefragungen einen Erdrutschsieg für Boris Johnson. Die absolute Mehrheit der Mandate stand rasch fest. Diese Nachrichten missfielen Guérot, die als Expertin für europäische Politik gilt, sehr. Sie leitet das von ihr gegründete sogenannte „European Democracy Lab“ an der Berliner „European School of Governance“ und verfasste Bücher mit Titeln wie „Warum Europa eine Republik werden muss“ oder „Wie hältst du's mit Europa?“. Auch war sie Co-Autorin eines gemeinsam mit dem Schriftsteller Robert Menasse verfassten Essays, in dem dieser mit falschen Zitaten für ein post-nationales Europa geworben hatte.