- „Die Substanz darf nicht verloren gehen“
Tilman Kuban, Chef der Jungen Union, ruft den „Sneaker-Konservatismus“ aus und verteilt Turnschuhe an die Parteiprominenz. Die Erneuerung der Christdemokratie soll auf Gummisohlen daherkommen? Wir haben einen angehenden Schuhmachermeister gefragt, was er davon hält.
Markus Karl Winschuh (25) arbeitet als Maßschuhmacher im südbadischen Staufen. Dieses Jahr hat er die ersten beiden Teile seiner Meisterprüfung abgeschlossen. Wir haben ihn telefonisch am Arbeitsplatz erreicht.
Herr Winschuh, tragen Sie Sneaker?
Im Moment nicht. Hier in der Werkstatt trage ich rahmengenähte Maßschuhe, die ich selbst hergestellt habe. Zuhause habe ich zwar auch Sneaker im Schuhregal, aber ich bin schon eher der klassische Typ. Jetzt im Herbst trage ich zum Beispiel gerne Chelsea Boots.
Die Junge Union verteilt Turnschuhe an CDU-Politiker. Das soll für Modernität und Aufbruch stehen. Was halten Sie davon?
Einerseits finde ich es richtig, mit der Zeit zu gehen. Die Menschheit entwickelt sich weiter, es gibt neue Materialien und Herstellungstechniken. Andererseits sollte man das alte Handwerk, die Vergangenheit nicht vergessen. Denn darauf baut alles auf. Das ist die Substanz, und die darf nicht verloren gehen.
Sehen Sie diese Gefahr?
Ja, leider. Viele junge Leute wissen gar nicht mehr, wie man Schuhe pflegt und dass man sie reparieren lassen kann. Früher wurden jedes Wochenende die Schuhe geputzt, bevor man am Sonntag in die Kirche gegangen ist. Das ist heute nicht mehr so. Wenn der Schuh dreckig ist oder kaputtgeht, wird er weggeschmissen. Dabei kann man auch Sneaker ohne Probleme neu besohlen. Die alte Gummisohle wird weggeschliffen und eine neue draufgeklebt. Das ist eine Reparatur von vielen, die nicht mehr so bekannt ist wie früher.
Sie sind selbst noch jung. Wie haben Sie die Liebe zum Schuh entdeckt?