Kurz und Bündig - Jeffrey Steingarten: Der Mann, der alles isst. Zweiter Gang

An sich müsste das Buch im Untertitel «Nachschlag» anstatt «Zweiter Gang» heißen, denn es ist das Gleiche vom selben, eine Fortsetzung des ersten Teils. Mit einer Einschränkung: Jeffrey Steingartens Buch «Der Mann, der alles isst. Aufzeichnungen eines Gourmets» von 2004 lieferte kulinarische Impressionen, die reportagehaft verfasst und mit einer ansehnlichen Zahl von Rezepten ausgestattet waren. Dagegen will der «Zweite Gang» nun vor allem Grundsätzliches besprechen.

An sich müsste das Buch im Untertitel «Nachschlag» anstatt «Zweiter Gang» heißen, denn es ist das Gleiche vom selben, eine Fortsetzung des ersten Teils. Mit einer Einschränkung: Jeffrey Steingartens Buch «Der Mann, der alles isst. Aufzeichnungen eines Gourmets» von 2004 lieferte kulinarische Impressionen, die reportagehaft verfasst und mit einer ansehnlichen Zahl von Rezepten ausgestattet waren. Dagegen will der «Zweite Gang» nun vor allem Grundsätzliches besprechen. Also: wie stellt man besonders gutes Brot her? Wann ist eine Me­lone reif? Wie sieht die billigste Mahlzeit aus, die auch schmeckt? Woraus besteht das optimale Trinkwasser, was enthält Schokolade und was nicht, und wie wirkt sie tatsächlich auf uns? Steingarten, erst Anwalt und seit 1989 Gastronomiekritiker der Zeitschrift «Vogue», erzählt von seinen Erfahrungen, die er zahl­reich und weltweit gesam­melt hat. Er breitet sogar seine Schwächen aus – beschreibt etwa, wie er sich sorgt, am Gourmand-Syndrom erkrankt zu sein. Sein Leid schafft Nähe. Aber sogar über das vermeintlich schwere Los verliert Steingarten nicht die leichte Hand, mit der er schreibt. Und auch der – nicht unreflektierte – Optimismus bindet seine Leser erheblich an ihn. Steingarten kann schreiben; mit dem beinahe zur Masche verkommenen Vereinfachungsdrang der Amerikaner, die Fakten aber nicht vernachlässigend. Satzballungen wie diese können als beispielhaft gelten: «Stellen Sie sich vor,
Sie wären ein saftiges und at­trak­tives Gemüse. Rings um Sie herum lauern heimtückische Feinde – Mikroben und Schimmelpilze, Käfer und Schnecken, Vögel und Tiere, die in Ihnen nichts weiter
sehen als ihre nächste Mahlzeit. Sie haben kein Haus, um sich drin zu verstecken, keine Füße, um wegzulaufen, kein Geld, um sich eine Waffe zu kaufen. Das da draußen ist ein Dschun­gel, wie er im Buche steht, und selbst Ihr Nachbargemüse will Sie von Ihrem Platz an der Sonne verdrängen. Was tun Sie in diesem Fall? Sie reißen sich am Riemen und entwickeln ein komplexes System der chemischen Kriegsführung.» Steingarten verfügt über den Eifer eines entspannten Missionars. Er nimmt den Leser ein mithilfe von Stil, Witz und sogar mit seinen Selbstzweifeln – für sich und für das Objekt seiner Zuneigung, die Erzeugnisse der Küche und deren Verarbeitung. Und das ohne jegliche Penetranz. Essen nicht als Über­lebenszwang, als lästigen Kauvorgang oder hektische Ne­ben­sächlichkeit zu sehen, sondern als primäre Freude, die den Menschen wesentlich definiert: diese Erkenntnis bleibend zu vermitteln ist kein leichtes Kunststück. Jeffrey Steingarten führt es nonchalant vor.

 

Jeffrey Steingarten
Der Mann, der alles isst. Zweiter Gang. Neues vom berüchtigten Gourmet
Aus dem Amerikanischen von Fritz Schneider.
Rogner & Bernhard, Berlin 2006. 346 S., 17,90 €

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