
- Die Pöbeldemokratie
Das Internet und seine „sozialen Medien“ bedeuten eine Kulturrevolution. Es blüht der Hass, Fake News haben Konjunktur. Aber staatlich verordnete Sprachhygiene und ein blasierter Moralismus werden das Problem nicht lösen
Wer sich als guter Europäer versteht, sieht unsere Kultur in der stolzen Tradition der Aufklärung. Und deshalb muss er sich heute von zwei hässlichen Gestalten herausgefordert fühlen, die dem Wesen der Aufklärung, nämlich Wahrheitsliebe und Toleranz, den Kampf angesagt haben. Ich meine den Hasser und den Lügner. Hate und Fake, Hass und Lüge gehören zusammen. Die Produzenten von Fake News wollen unseren Glauben an die Wahrheit unterminieren. Die kleinen und großen Hassprediger wollen uns zur Intoleranz verführen. Längst nennt man sie auch hierzulande Hater.
Fälscher und Verleumder hat es schon immer gegeben. Aber die neuen, sozial genannten Medien haben ihnen eine bisher unerhörte Wirkungschance eröffnet. Hass und Lüge sind online gegangen und profitieren nun von der Tatsache, dass man das Internet prinzipiell nicht kontrollieren kann. Hinzu kommt, dass die neuen Medien einen Enthemmungseffekt haben. Scham und Rücksichtnahme, Respekt und Manieren gehen dabei genauso über Bord wie die Sorgfalt im sprachlichen Ausdruck. Online kritisiert man nicht mehr, sondern man hasst. Man stellt sich nicht mehr dar, sondern aus. Exhibitionismus und eine Rhetorik der Vernichtung sind die deutlichsten Formen dieses Enthemmungseffekts.