Justitia auf dem Giebel des Justizpalastes in München / picture alliance

Weisungsrecht der Justizminister - Die abhängige Justiz

Justizminister behaupten meist, sie würden ihr Weisungsrecht nicht ausnutzen. Die Möglichkeit politischer Einflussnahme allein ist ein Problem. Manch einem droht intensivere Strafverfolgung als anderen. Hohe Richterstellen werden politisch besetzt.

Jessica Hamed / privat

Autoreninfo

Jessica Hamed ist Fachanwältin für Strafrecht und Dozentin an der Hochschule Mainz. Seit März 2020 vertritt sie bundesweit in verwaltungs- und strafrechtlichen „Coronaverfahren“ und veröffentlicht eine Vielzahl ihrer Schriftsätze.

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Jüngst forderte Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers, das Weisungsrecht der 17 deutschen Justizminister abzuschaffen. Gemäß §146 GVG haben die Beamten der Staatsanwaltschaft den dienstlichen Weisungen ihres Vorgesetzten – und des jeweiligen Justizministers – nachzukommen. Sprich: Wer regiert, kann die Geschicke der Staatsanwaltschaft bestimmen.

Regelmäßig wird das Thema in der (Fach-)Öffentlichkeit, aber auch im Bundestag kontrovers diskutiert. Auch Koppers hatte die Forderung schon zu einem früheren Zeitpunkt (2020) erhoben, damals vor allem mit Blick darauf, dass der Europäische Gerichtshof deutschen Staatsanwaltschaften aufgrund des ministeriellen Weisungsrechts verbot, europäische Haftbefehle auszustellen. Das Gericht sah letztlich die Gefahr, dass die Politik das Weisungsrecht missbrauchen könnte. Koppers forderte damals, jedenfalls das Weisungsrecht im Einzelfall, wie von der FDP vorgeschlagen, auszuschließen. Damit könnte die Justizverwaltung nicht mehr bezüglich einzelner Ermittlungen und damit konkreter Fälle Weisungen erteilen, sondern hätte „nur“ allgemein die Dienstaufsicht inne.

Im Januar 2024 führte Koppers zur Begründung ihrer neuerlichen Forderung aus: „Wenn ein AfD-Politiker den Justizminister stellte, dann möchte ich mir nicht vorstellen, wie die Strafverfolgung aussähe – vor allem im Bereich des Rechtsextremismus.“

Ihr Beispiel mag strategisch gewählt sein, aber es lässt das Bekenntnis vermissen, dass die politische Einflussnahme in Bezug auf die Strafverfolgung selbstverständlich unabhängig davon, welche Partei Einfluss nimmt, immer ein rechtsstaatliches Problem darstellen kann. Es geht nicht darum, wer Einfluss nimmt, sondern dass und in welcher Weise Einfluss genommen wird. Koppers selbst findet die Beteuerungen der Justizminister, dass das Weisungsrecht in der Praxis gar nicht ausgeübt würde, schließlich „so nicht glaubhaft“.

Willkür und Rechtsstaat stehen sich unversöhnlich gegenüber

Dass ihre Einschätzung nachvollziehbar ist, zeigt etwa in jüngster Vergangenheit der (gescheiterte) Versuch des nordrhein-westfälischen Justizministers Benjamin Limbach, die Zuständigkeit für die sogenannten Cum-Ex-Verfahren innerhalb der Staatsanwaltschaft Köln umzustrukturieren. Damit wären die seit 2013 mit diesbezüglichen Ermittlungen betraute Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker entmachtet und die Ermittlungen möglicherweise behindert worden. Diese Intervention ist zwar keine Einzelfallweisung, sondern stellt eine behördeninterne Umstrukturierung dar. Sie zeigt aber, dass auch im Rahmen der allgemeinen Dienstaufsicht getroffenen Maßnahmen zumindest den Eindruck erwecken können, politisch motiviert zu sein.

An anderer Stelle hat Limbach wiederum zu Unrecht suggeriert, keine Handhabe zu haben, nämlich bei den unterlassenen Ermittlungen bezüglich der klerikalen Sexualverbrechen: „Sie werden mir nachsehen, dass ich als Justizminister zu einzelnen Fällen kaum Stellung nehmen kann, ohne dann dort in die Rechte anderer Institutionen einzugreifen.“ Kritik an dieser verzerrten Darstellung der Eingriffsmöglichkeiten kam von dem Mainzer Strafrechtsprofessor Jörg Scheinfeld, der bereits häufig das auffällig zurückhaltende Vorgehen der staatlichen Ermittlungsbehörden in klerikalen Missbrauchsfällen beklagt hat. Er wies darauf hin, dass das NRW-Justizministerium 2021 direkt in ein Verfahren eingegriffen und ein von der Staatsanwaltschaft Bielefeld eingestelltes Verfahren (wegen des Verdachts von Vergewaltigungen an einer Bielefelder Klinik) überprüft und anschließend an die Staatsanwaltschaft Duisburg übergeben hatte.

Auch wenn die drei Fälle unterschiedliche Dimensionen des Weisungsrechts betreffen, so zeigt sich die Gefahr der willkürlichen Entscheidung für oder gegen eine politische Intervention. Willkür und Rechtsstaat stehen sich jedoch unversöhnlich gegenüber.

Politische Interventionen sind kein Einzelfall

Auch dem früheren Bundesjustizminister Heiko Maas und seiner Staatssekretärin Stefanie Hubig, heute Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz, wurde von dem damals amtierenden Generalbundesanwalt Harald Range vorgeworfen, sie hätten ihn angewiesen, einen im Zusammenhang mit seinen Ermittlungen gegen zwei Journalisten von netzpolitik.org wegen des Vorwurfs des Landesverrats vergebenen Gutachtenauftrag zurückzuziehen. 

In einer zeitnah nach dem Telefonat zwischen Hubig und Range gefertigten Aktennotiz, so berichtete der Spiegel, war zu lesen: „Nach Angaben von Herrn Generalbundesanwalt wies Frau Staatssekretärin Dr. Hubig ihn an, er habe die Erstellung des Gutachtens sofort zu stoppen und den Gutachtensauftrag zurückzunehmen. Falls er dieser Weisung nicht nachkäme, werde er unverzüglich entlassen.“ Range wurde, nachdem er dies öffentlich gemacht hatte, im August 2015 entlassen. 

Hubig und Maas behaupteten vor dem Parlament, es habe keine Weisung, sondern eine „Vereinbarung“ gegeben. Unabhängig davon, wer nun die Wahrheit sagte – wobei sehr vieles für die Darstellung Ranges spricht – zeigt der Vorfall, dass die politische Beeinflussung so oder so zur unschönen Realität in Deutschland gehört. Range verlor sein Amt, weil er die Eimischung nicht hinnehmen wollte und öffentlich den „unerträglichen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz“ anprangerte. Von Rechts wegen wäre eine derartige Weisung seitens des Justizministers übrigens zulässig gewesen.

„Verfolgungswahn“ bei Strafverfahren mit Corona-Bezug

Aber auch in Strafverfahren mit „Corona-Bezug“ (angeblich unrichtige Gesundheitszeugnisse usw.) waren es in den von mir vertretenen Verfahren die abhängigen Staatsanwälte, die meinem Eindruck nach vor allem aufgrund von Weisungen – in einem Fall vom Abteilungsleiter – einen auffallenden Verfolgungseifer an den Tag legten. Verfahrenseinstellungen im Ermittlungsverfahren waren und sind in dem Zusammenhang – anders als bei nicht politisch aufgeladenen Themen – (immer noch!) so gut wie unmöglich. 

Teilweise änderte sich die Haltung, sobald auch das Gericht einbezogen wurde, aber auch dort hörte ich nicht nur einmal und an unterschiedlichen Gerichten bundesweit, dass die Staatsanwaltschaften bei dem Thema einem regelrechten „Verfolgungswahn“ erlegen seien. Auf diese Weise wird nicht nur das Vertrauen der Bürger in die Justiz erheblich beeinträchtigt, sondern der „Verfolgungswahn“ kostet den Staat auch sehr viel Geld, da die Verfahren bei Gericht nicht selten letztlich doch mit einem Freispruch oder mit einer Einstellung auf Kosten der Staatskasse endeten.

Politischen Minderheiten droht eine intensivere Strafverfolgung

Ähnliches lässt sich auch bei der Strafverfolgung von Äußerungsdelikten beobachten. Vertreter einer politischen Minderheit – so scheint es mir – droht eine intensivere strafrechtliche Verfolgung (teilweise, aber zu Unrecht, auch in Fällen, in denen die Äußerungen unter Berücksichtigung der restriktiven Verfassungsrechtsprechung erkennbar noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sind) als jenen der gesellschaftlich akzeptierten Mehrheitsmeinung. 

Zum Beispiel haben die Ermittlungsbehörden in einem Fall, in dem meine Mandantschaft eine offensichtlich nicht von der Meinungsfreiheit gedeckte öffentliche Schmähkritik („Arschloch“) durch eine in der Politik aktive Person angezeigt hat, offenkundig den Ablauf der Frist zur Strafantragsstellung abgewartet, ohne sie – gegen die zudem Ermittlungsverfahren wegen angeblicher Äußerungsdelikte laufen – auf die Notwendigkeit eines formgerechten (schriftlichen) Strafantrags hinzuweisen. 

 

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Kurz nach Fristablauf wurde mit Hinweis auf den fehlenden Strafantrag das Verfahren wegen des dann eingetretenen Verfahrenshindernisses eingestellt; damit wurde eine Strafverfolgung meiner Überzeugung nach vorsätzlich vereitelt. Unter umgekehrten Vorzeichen hingegen schicken die Ermittlungsbehörden den Anzeigenerstattern nach einer Online-Anzeigeerstattung meiner Beobachtung nach regelmäßig rechtzeitig Strafantragsformulare, um die Strafverfolgung zu ermöglichen.

Abschaffung des externen Weisungsrechts

Die beiden zuletzt genannten Beispiele zeigen, dass unabhängig von der Ausübung des externen Weisungsrechts und damit auch unabhängig von seiner Existenz bereits politisch gehandelt wird. Dies erfolgt nämlich selten so plakativ und offen wie in den Fällen Limbachs oder Maas’, sondern eher subtil. Der Ideologisierung des Rechts kann damit leider nicht mit der bloßen Abschaffung des Weisungsrechts ein Riegel vorgeschoben werden. Vielleicht sogar manchmal im Gegenteil: Durch die unmittelbare ministerielle Einmischung wird wenigstens mediale Aufmerksamkeit und damit auch Kontrolle erzeugt.

Dennoch spreche auch ich mich für die Abschaffung des externen Weisungsrechts aus und würde eine öffentliche Diskussion darüber begrüßen, wie eine anderweitige (parlamentarische) Kontrolle der Staatsanwaltschaften (1.) und auch der Gerichte (2.), die ebenfalls in die Justizverwaltung eigebunden sind, sichergestellt werden kann. Denn soweit ersichtlich gibt es derzeit kein etabliertes Leitbild einer unabhängigen Behörde, an das man anknüpfen könnte.

Wer Karriere machen will, schwimmt nicht gegen den Strom 

1. Die Staatsanwaltschaften sind hierarchisch aufgebaute Behörden. Die Behördenleitung liegt bei dem Leitenden Oberstaatsanwalt, jede Staatsanwaltschaft verfügt zudem über verschiedene Abteilungen, die ihrerseits von Abteilungsleitern (Oberstaatsanwalt) geleitet werden. Der Abteilungsleiter kann den seiner Abteilung angehörigen Staatsanwälten Fälle zuweisen, entziehen und Vorgaben zur Sachentscheidung (Einstellung, Verweis auf den Privatklageweg, Anklage usw.) machen. Im Falle von rechtswidrigen Weisungen können Beamte diese im Wege der sog. Remonstration beanstanden. Wie beliebt sich jemand macht, wenn er eine Weisung seines Vorgesetzten förmlich rügt, liegt auf der Hand. Aber auch und gerade unterhalb der Schwelle der rechtswidrigen Weisung – in vielen Fällen gibt es erhebliche Beurteilungs- und Entscheidungsspielräume – setzt sich der politische Anstrich durch: Dass höhere Behördenämter häufig politisch besetzt werden, ist kein Geheimnis. 

Wer etwas werden will, weiß daher auch ohne dass es entsprechender Weisungen bedarf, wie politisch bedeutsame (oder oft im Einzelfall auch völlig unbedeutsame) Fälle zu behandeln sind. Einmal, etwa bei den Sexualverbrechen der Kleriker oder beim Aufklären der Rolle von Politikern bei Cum-Ex-Fällen, ist das politische Interesse an der strafrechtlichen Aufklärung sehr unterentwickelt und ein anderes Mal, etwa bei der Strafverfolgung wegen eines möglicherweise gefälschten Impfpasses, gilt faktisch ein „Anklagezwang“. Dasselbe gibt es natürlich auch auf „niedrigerer“ Ebene, dann spielen etwa kommunale Interessen eine Rolle. Das Ergebnis ist jeweils, dass nicht opportunes Handeln letztlich im Wege von Beurteilungen abgestraft werden kann und – so die anekdotische Evidenz – auch wird. Das ist den Staatsanwälten ebenso bekannt wie allen anderen Beamten im Staatsdienst. Wer Karriere machen will, schwimmt dem Strom nicht entgegen.

Hochrangige Positionen werden ebenfalls politisch besetzt

2. Zwar sind Richter von Verfassungs wegen unabhängig, allerdings sind auch sie subtiler politischer Einflussnahme ausgesetzt und dem Beurteilungs- und Beförderungswesen unterworfen. Hochrangige Positionen werden ebenfalls politisch besetzt, wie man zum Beispiel in Rheinland-Pfalz bei der Ernennung von Lars Brocker zum Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Koblenz und des Verfassungsgerichtshofs gut beobachten konnte.  Der Journalist und Jurist Christian Rath hält in dem Zusammenhang fest: „Brocker begann seine Karriere im wissenschaftlichen Dienst des Mainzer Landtags, wurde dann Justiziar der SPD-Landtagsfraktion und anschließend Direktor des Landtags. 2012 wurde der SPD-Mann aus dem Stand zugleich zum Präsidenten des OVGs und des VerfGH berufen.“ 

In Nordrhein-Westfalen scheiterte unter Limbach jüngst ein Versuch, die Präsidentenstelle des Oberverwaltungsgerichts politisch zu besetzen. Die dortige SPD sah durch diesen Versuch die „Unabhängigkeit der Justiz“ bedroht. Bei Gericht gibt es keine Weisungen, aber das „richtige“ Verhalten erlernen die jungen Richter schon früh. Wer in einer Kammer seinen Dienst versieht, wird von der oder dem Vorsitzenden bewertet. Der ehemalige BGH-Vorsitzende Thomas Fischer schreibt: „Der Proberichter befindet sich in einer beamtenartigen Stellung der Abhängigkeit von den (informellen und formellen) Beurteilungen durch ,Vorgesetzte‘. […] Ein Richter auf Probe ist in Wahrheit kein ,unabhängiger‘ Richter.“

Um Vorsitzender, sprich: befördert, zu werden, wird man zum sogenannten „Dritten Staatsexamen“ an Obergerichte, Bundesgerichte, zum Generalbundesanwalt oder in Ministerien (!) abgeordnet und hat sich dort auch als gestandener Richter derart unterzuordnen, dass so mancher lieber abbricht, als sich weiter erniedrigen zu lassen. Fischer schreibt: „In fast allen Bundesländern gibt es ,Erprobungen nach der Erprobung‘, das heißt Abordnungen an Obergerichte zur Erprobung der Beförderungstauglichkeit von R 1 nach R 2. Man nennt das auch ,Drittes Staatsexamen‘; es ist nicht selten ein demütigender Härtete[s]t auf Angepasstheit.“ Letztlich ist auch Fischer der Ansicht, „dass jenseits der Besoldungsgruppe ‚R 2‘ fast nichts mehr geht ohne parteipolitische Hintergrundmusik.“ Das Problem könnte sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten allerdings durch den mit der demographischen Entwicklung einhergehenden Nachwuchsmangel in der Breite wenigstens rein faktisch lösen.

Staatsnähe der Richter ist ein großes Problem

Untrennbar mit der oben dargestellten politischen Einflussnahme verbunden ist die insbesondere auch durch Abordnungen der Richter hergestellte Staatsnähe. Die Staatsnähe ist – bereits unabhängig von gerne vorgenommenen Abordnungen – insbesondere an den Verwaltungsgerichten mit den Händen greifbar. Hier stehen sich stets Bürger und Staat gegenüber. Streitgegenstand ist damit immer das staatliche Handeln gegenüber den Rechtsunterworfenen, das heißt die Verwaltungsgerichte haben die Aufgabe, die Bürger vor rechtswidrigem staatlichen Handeln zu schützen. Hierfür benötigen sie offensichtlich eine kritische Distanz zum Staat. In der Realität werden die meisten Verwaltungsrichter während ihrer Laufbahn nicht nur in ein Ministerium abgeordnet, sondern sind oftmals bereits nach kurzer Zeit durch gemeinsame Verfahren mit den jeweiligen Behördenvertretern bekannt und – wie ich im Einzelfall feststellen musste – sogar vertraut.

Die Abordnungen von Richtern an (natürlich politisch geführte) Ministerien bis zu mehreren Jahren sind gang und gäbe und gefährden die Unabhängigkeit der Richter. Diese Praxis sollte von Gesetzes wegen verboten werden.

Die problematische Staatsnähe der Verwaltungsgerichte zeigte sich in besonders eindrücklicher und zugleich erschütternder Weise in der Corona-Krise. Es war nahezu unmöglich, argumentativ gegen das Staatsnarrativ durchzudringen (vgl. hierzu z.B. hier, hier und hier).

Bei den sogenannten ordentlichen Gerichten, insbesondere in der Zivilgerichtsbarkeit, dürften politischen/gesellschaftlichen Ansichten in vielen Fällen eher wenig Bedeutung zukommen – aber hier habe ich als Straf- und Verfassungsrechtlerin nur wenig Einblick. Abstrakt dürften im Arbeits-, Miet- und Familienrecht durchaus Einfallstore für das Politische existieren.

In der Strafgerichtbarkeit hingegen hat etwa die strenge Prohibitionspolitik bzgl. Betäubungsmittel ebenso eine Relevanz wie die Verfolgung politisch motivierter Taten.

Ideologisch gefärbtes Strafrecht gefährdet die freie Gesellschaft

Auch nur der Anschein ideologisch gefärbten Strafrechts, etwa der Eindruck, dass Menschen mit politischen Minderheitsmeinungen intensiver verfolgt werden als andere, gefährdet die freie Gesellschaft und die pluralistische Demokratie. Eine Strafrechtspraxis, die mit zweierlei Maß misst und die jeweilige politische Stimmung darüber entscheiden lässt, was und wie verfolgt wird, ist höchst gefährlich. Insoweit ist Koppers in ihrer Begründung zuzustimmen. 

In der Tat gehe auch ich davon aus, dass sich – zumindest allmählich, denn die entsprechenden Posten müssen erst einmal frei und dann politisch neu besetzt werden – die Strafverfolgung unter einem AfD-Justizminister ändern würde. Bloß: Eine politische Einflussnahme findet bereits statt. Diesen Bestrebungen ist im Interesse des Rechtsstaats dringend entgegenzuwirken. Ich freue mich daher auf (weitere) konkrete Vorschläge und vor allem Konzepte einer Justizorganisation, die sie resilienter gegen sachfremde Interventionen gleich welcher politischen Couleur machen.

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Karl-Heinz Weiß | Do., 22. Februar 2024 - 18:37

Der "vorauseilende Gehorsam“ ist nicht nur im Justizbereich ein Problem. Es wäre interessant, die Erfahrungen in anderen Ländern zu beleuchten. So sehe ich, im Gegensatz zu Frankreich, durch die föderale Struktur in Deutschland das Problem hierzulande nicht als gravierend an. Interessant ist eher, dass das Thema durch die angeblich drohende "Machtergreifung“ der AfD über die "Fischer-Perspektive" hinaus gewaltig an Fahrt aufnimmt. Hier könnte der Forist Lenz mit seinem unsäglichen und ständig wiederholten "Wannsee 2.0" mitgewirkt haben.

Bernhard Marquardt | Do., 22. Februar 2024 - 18:43

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Hamed,
für ihre sehr eindrucksvollen Ausführungen.
"Ich freue mich daher auf (weitere) konkrete Vorschläge und vor allem Konzepte einer Justizorganisation, die sie resilienter gegen sachfremde Interventionen gleich welcher politischen Couleur machen."
Das Thema beschäftigt mich seit Jahren.
Ein entsprechendes Konzept werde ich Ihnen in Kürze zukommen lassen.
Ziel kann nur sein, den fatalen Einfluss der jeweils regierenden Parteien auf den gesamten Justizapparat (und neuerlich sogar die offene Instrumentalisierung der Verfassungsschutz-Behörden) definitiv und in Zukunft sicher auszuschalten.
Die Parteien werden auf ihren Einfluss zugunsten echter Gewaltenteilung nicht ohne massiven öffentlichen Druck verzichten.
Nähere Ausführungen an dieser Stelle sprengen den Rahmen einer Leserzuschrift.
Falls meine Erwägungen bei Ihnen auf Resonanz stoßen sollten, könnten Sie ja an dieser Stelle (Cicero-online) oder anderweitig eine offene Diskussion darüber anstoßen.

Thomas Romain | Do., 22. Februar 2024 - 19:18

Was die Staatsanwaltschaften betrifft, ist das sicher korrekt. Man denke nur etwas an den Fall in Köln, wo vor einigen Jahren ein Mann von Polizisten angegriffen wurde, sich dann aber selber als Beschuldigter vor Gericht wiederfand. Selbst nach einem eindeutigen Urteil ging die Staatsanwaltschaft in Berufung, irgnorierte im nächsten Verfahren dann auch noch die eindeutigen Hinweise des Richters, die Anklage habe keinerlei Aussicht auf Erfolg. Es endet dann mit einem letzinstanzlichen Freispruch und einer Entschuldigung des Richters beim Beschuldigten.

Tomas Poth | Do., 22. Februar 2024 - 19:58

Leider ist das alles wahr!
Es geht um die Macht für die Parteien und darum durchregieren zu können.
Der Parteienproporz in unserer Gesellschaft muß gebrochen werden.
Es gibt viel zu tun in Deutschland bis wir eine Demokratie sind.

Ingofrank | Do., 22. Februar 2024 - 20:32

Politisch ausgerichtete Justiz mit Richtern & Staatsanwälten die von politischen Amtsträgern eingesetzt werden und nicht das Recht vertreten sondern die vorherrschende politische Meinung. Ob Corona, oder im Kampf gegen Andersdenkende im besten Fall gegen Rechts…..
Hatten wir alles in der DDR …. Es fehlen nur noch die Stasi Gefängnisse wie beispielsweise in Bauzen. Aber, auch das wird noch kommen. Die jetzige Politik & der Verfassungsschutz werden sich mit dem Problem sicher beschäftigen und geeignete Vorschläge erarbeiten …alles zum „Schutz“ der Demokratie. Vor 89 wurde es lediglich anders benannt, Statt Demokratie hieß es damals, zum „Schutz des Sozialismus“. Auch die Bonzen der SED bemächtigten sich ebenfalls der Justiz & der Gesetzgebung. War alles schon mal da, & kommt alles wieder nur mit anderen Bezeichnungen. Im Kern ist’s gleich.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Gerhard Lenz | Do., 22. Februar 2024 - 21:27

völlig ideologiefreien Rechtsprechung ist ein ziemlich hohes Ziel, das oft nicht erreicht wird. Auch Staatsanwälte oder Richter sind zuweilen voreingenommen oder parteipolitisch orientiert - warum sollte eine Weisungsunabhängigkeit am Ende zu "besseren" Urteilen führen? Beispiel Thüringen: Der Weimarer "Maskenrichter" wurde wegen Rechtsbeugung verurteilt. Er handelte nicht weisungsgebunden.
Beispiel Harald Range: Der handelte, nachdem ein gewisser Hans-Georg Maaßen Anklage gegen zwei eher links eingestellte Enthüllungsjournalisten erstattet hatte. Heute weiß man, dass Maaßen bereits im Amt zuweilen fragwürdig handelte.
Offen ist auch, welche Alternativen es gibt. Hat das Parlament zu viel Einfluss, drohen Zustände wie in Ungarn, wo Orban dank einer satten Mehrheit im Parlament eine ihm gewogene Justiz installierte, da bedarf es keiner Weisungen mehr. Ähnliche Entwicklungen gab es in Polen. Die Ernennung der Richter im höchsten US-Gericht hängt von den Mehrheiten im Senat ab.

Reinhold Schramm | Fr., 23. Februar 2024 - 06:55

1. Das Geschäftsmodell der kriminellen Familienzusammenführung in die deutschen Sozialkassen beenden; siehe auch hierzu die TV-Sendung KONTRASTE vom 22. Februar im 1-TV-Programm, um 21:45 Uhr.

2. Remigration der kriminellen Familienclans und Aberkennung der doppelten Staatsbürgerschaft und (dauerhafte) Beschlagnahme aller rechtswidrigen Vermögen durchsetzen.

3. Lobbyismus in Politik, Wirtschaft und Justiz strafrechtlich und dauerhaft beseitigen.

4. Korruptionsbekämpfung in Wirtschaft, Politik (Parteien, Parlament und Regierung), Behörden und Beamten und Gesellschaft aktivieren und wirksam praktizieren.

{...}

Heutzutage würde ich behaupten, die Masse der Justiz-Angestellten, vor allem die in den oberen Stockwerken
gehören eher in die Liga der ÜBELKEIT & VERDORBENHEIT

& ich möchte nicht wissen, wie viele es gibt, die sich schuldig gemacht haben

statt die Schuldner auf ihre Rechtsverletzungen aufmerksam machen, um mit Wort/Verurteilungen &&& diese zur Sühne, zur Reue zu bewegen

indem ein jeder für seine Handlungen VERANTWORTUNG übernimmt

& durch tagtägliche SELBST-Disziplin an sich selber arbeitet
ein Mensch zu sein, der so viel wie möglich Gesetzte/Anstands &/oder andere Regeln/Anordnungen/Gebote einhält bzw. nicht gegen diese verstößt

um früher nannte man dies GOTTGEFÄLLIG zu sein

Aber die heutige Waage der Gerechtigkeit, der Würde/Ausgeglichenheit
rotieren wie die Flügel eines Ventilator im Kreise & sind für keinen mehr ersichtlich

die nach Wahrheit/Gerechtigkeit Ausblick halten/streben

NAJA, wenn selbst Bischöfe lieber die Todsünden huldigen als die 10. Gebote,
was soll man da noch sagen

Wilfried Düring | Fr., 23. Februar 2024 - 09:35

'Jüngst forderte Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers, das Weisungsrecht der 17 deutschen Justizminister abzuschaffen.'
Na soweit kommsts noch!
Das wäre ja das Ende der Schein-'Demokratie', wie wir sie kennen! Da müßte ja die halbe Bundesregierung auf Anklage-Bank Platz nehmen; allen voran Ole der Vergeßliche ('Cum-Ex und Wirecard hab ich vergessen grad').
Nicht zu vergessen, die nach Blut gierende Meute staatlich geförderter medialer Hetzer
('Mit dem Zweiten sieht man besser - UNSER Streicher heisst Böhmermann!').
Oder die NRW-Bildungsministeren NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU), die 'angeregt' hat, daß (ihre beamteten) 'Lehrer an Demonstrationen teilnehmen - gerne auch mit ihren Schülern'. Das wäre/ist ja wie zu seligen Zeiten der Genossin Margot Honecker - ein politischer Mißbrauch von Abhängigen und Minderjährigen. Zuvor hatte Fellers Genosse Söder (CSU), ausgerechnet ein Opfer von Honeckers Gesinnungsdiktatatur (Ministerin Steffi Lemke) schwer beleidigt!

Ferdinand Jensen | Fr., 23. Februar 2024 - 11:37

Ich stimme dem Artikel voll zu. Ich möchte nur an den sog. Maskenrichter in Erfurt erinnern, der letztes Jahr verurteilt wurde. Sein damaliges Urteil entspricht heute dem wissenschaftlichen Kenntnisstand. Aber weil er nicht konform ging mit der Corona-Politik, wurde er angeklagt und verurteilt. Das ist mein Begräbnis für die unabhängige Justiz.
Ich hoffe, dass sich die Mehrheiten in Thüringen ändern und ein Untersuchungsausschuss diesen Fall aufarbeitet.

Ernst-Günther Konrad | Fr., 23. Februar 2024 - 12:40

Es ist doch ganz einfach. Wenn die Politik behauptet, niemals Einfluss zu nehmen, dann kann man § 146 GVG doch ersatzlos streichen. Dann bräuchte niemand Angst vor einem AFD-Justizminister oder von anderen konservativen Parteien haben. Ich habe zweimal in den 1980er und nochmal in den 1990er Jahren erlebt, dass uns bei durchaus politisch brisanten Einsätzen versucht wurde auf unsere Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Das hieß dann so: Das Ministerium hat angerufen, die würden gerne sehen, die wollen das wir usw. Natürlich wurde nicht gesagt, der Minister will. Damals aber hatten die Behördenleiter noch einen A... in der Hose und drohten mit Veröffentlichung. Das hätte zu der Zeit noch Kopf des Ministers gekostet. Heute ist das Voraussetzung für den Job.