Habeck und Lindner
Grünen-Vorsitzender Robert Habeck und FDP-Vorsitzender Christian Lindner im Jahr 2018 / dpa

Lindner oder Habeck - Der nächste Finanzminister wird der Herr der Schulden

Grüne und Sozialdemokraten planen in den kommenden zehn Jahren Investitionen von 500 Milliarden Euro allein für Klimaschutz, Digitalisierung und Ausbau der Infrastruktur. Gleichzeitig haben die rot-gelb-grünen Koalitionäre auf Druck der FDP Steuererhöhungen ausgeschlossen. Auf den neuen Bundesfinanzminister wartet also eine Herkulesaufgabe.

Hugo Müller-Vogg

Autoreninfo

Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Der nächste Finanzminister wird der Herr der Schulden Das Sondierungspapier der Ampel-Parteien ist in vielen Punkten sehr konkret. Mit einer Ausnahme: Von den Kosten ist so gut wie nicht die Rede, jedenfalls nicht in Form von konkreten Zahlen. Dabei planen Grüne und Sozialdemokraten in den nächsten zehn Jahren Investitionen von 500 Milliarden Euro allein für Klimaschutz, Digitalisierung und Ausbau der Infrastruktur. Dazu sollen noch andere kostspielige Projekte kommen: die Stabilisierung des Rentenniveaus bei unveränderten Beitragssätzen, der Einstieg in die Aktienrente, die Kindergrundsicherung und die großzügigere Gewährung von Sozialleistungen wie das in „Bürgergeld“ umgetaufte Arbeitslosengeld II alias Hartz IV, um nur einige Vorhaben zu nennen.

Gleichzeitig haben die rot-gelb-grünen Koalitionäre auf Druck der FDP Steuererhöhungen ebenso ausgeschlossen wie die Einführung neuer Steuern. Die Schuldenbremse soll nicht aufgeweicht werden. Dieser Erfolg der FDP ist freilich nur ein Scheinsieg. Da die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert ist, brauchte jede Regierung eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag wie im Bundesrat. Dafür würde aber die CDU/CSU benötigt, die da nie und nimmer mitmachen wird. Auch wird der im Sondierungspapier angekündigte Subventionsabbau nicht ausreichen, um die drohenden Finanzierungslücken zu schließen.

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Walter Bühler | Mi., 20. Oktober 2021 - 18:17

Erstaunlich viele Deutsche applaudieren heute einer Haltung, die sie früher bei den Griechen verteufelt haben. Herr Notheiß hat im April (glaube ich) einen Cicero-Artikel über die Staatsverschuldung und einen Schuldenerlass geschrieben, den sollte man noch einmal lesen.

Mir wäre es lieber, der deutsche Finanzminister würden nicht aus dem Harry-Potter-Reich der Magier hereinschweben, der mit leichter Hand Geld herbeizaubert. Mir wäre es lieber, wenn es in Deutschland eine Persönlichkeit geben würde, die von der Wirtschaft, von Finanzen, von Währungen und vom realen Finanzmarkt etwas versteht. Ich finde, die Italiener machen es richtig, wenn sie in dieser Zeit Mario Draghi an die Spitze setzen.

Ich sehe aber in Deutschland keinen vergleichbaren Fachmann für Finanzen. Herr Scholz, Herr Habeck und auch Herrn Lindner kann ich leider nicht dazu rechnen, auch wenn ich ihnen gute Absichten nicht absprechen will.

Reicht aber der gute Wille?

Wer hohe Schulden hat, der erhält Gelder der anderen EU.Länder, egal wie gut, oder miserabel er gewirtschaftet hat, werter Herr Bühler.

Daher bin ich gespalten bzgl. der Frage wer Fin.Min. werden sollte.

Habeck = die Schulden steigen enorm an

Lindner = die Schulden halten sich in Maßen.

Unser Geld, bzw. das der Sparer, hält die Geldumverteilungsmaschinerie der EU am Laufen.

Vllt wäre es klug sich ebenfalls bis über die Hutkante zu verschulden.
Dann müssten wir keine anderen Länder mehr stützen.

Am Ende bricht dann nat. alles zusammen.

Denn wenn wir erst mal bei Tripple B angelangt sind, dann sind auch wir auf dem Weltmarkt kaum noch etwas wert.
Unsere gute Bonität sichert die miesen Bonitäten Italien, Spanien, Portugals uvm.

Also ohne uns geht der Geldhahn für alle zu.

Den Gedanken Deutschland selbst zum Netto-Empfängerland im EU-Verbund zu machen habe ich auch schon oft gedacht. Euro und EU würden damit in sich zusammenfallen!
Für mich bleibt die Frage, wer kann das Riesenrad der Restrukturierungen in der EU, in Richtung Eigenverantwortung und Selbsthilfe durch Eigenleistung, in Bewegung setzen?
Derzeit ebenso wichtig für mich, wie könnten wir unsere Target-2 Salden eintreiben? Italien und Spanien sind hier die Hauptschuldner, rund 97%.
Wenn diese uns z.B. mit Strom belieferten, könnten sie diese Schulden abbauen, unser Ausfallrisiko gegen Null bringen.
Parallel mit diesem Schuldenabbau können wir dann bei uns den Aufbau einer neuen Energieselbstversorgung betreiben.

Gerhard Schwedes | Mi., 20. Oktober 2021 - 19:52

Den neuen Regierenden fliegen schon sehr bald die Fetzen um die Ohren. Und der Wähler, der sich für eine solche Koalition entschieden hat, wird sich endlich fragen, warum er bloß so blöde sein konnte.

Norbert Heyer | Mi., 20. Oktober 2021 - 20:19

Schattenhaushalte sind heute bei fast allen deutschen Kommunen gang und gäbe. Eine Stadt sondert z.B. die Straßenreinigung und Müllabfuhr aus dem städtischen Haushalt aus und gründet eine neue Gesellschaft, um an frisches Geld zu kommen und die Schulden der Stadt bilanztechnisch nicht zu erhöhen. Das Spiel wird jetzt der Ansatz, um die Schuldenbremse für den Bund einzuhalten, da die neuen Kredite, wie schon heute im Fernsehen angedeutet, z.B. bei der Bundesbahn für ihre Investitionen eingesetzt werden. Das ist im Grunde Augenwischerei, da ja im Endeffekt in jedem Fall der Steuerzahler für die Gesamtschulden irgendwann aufkommen muss. Handelt es sich um Investitionen für Infrastruktur oder Digitalisierung, ist dagegen wenig einzuwenden, da hier eine Amortisation möglich ist. Die neue Regierung will aber viele Milliarden aufnehmen, um ein Phantom zu jagen: Der vermeintliche Klimawandel wird sich als grösste Luftnummer aller Zeiten erweisen und Geld wird sinnlos verpulvert.

... und die Schuldenmacherei verläuft in Deutschland auf allen Ebenen der politischen Gliederung. Ich fürchte, dass es - ähnlich wie bei den Corona-Zahlen des RKI - keine zuverlässigen Zahlen für die Gesamtsituation gibt.

Und Sie haben recht, Herr Heyer: Ein fast ebenso großes Problem stellen die (halb-)staatlichen Betriebe dar. Man betrachte nur die die BVG und die Flughafengesellschaft in Berlin oder die Deutsche Bahn. Die momentan gepredigten (indirekten) Verstaatlichungen können diese Situation nur noch verschlimmern.

Andreas Michael | Mi., 20. Oktober 2021 - 22:34

...dem deutschen Gemüt (den Verstand schaltet der idealtypische Deutsche bei dem Thema ja leider aus) den Unterschied zwischen staatlicher Kreditaufnahme und den privaten Schulden von Lieschen Müller zu vermitteln.

Ernst-Günther Konrad | Do., 21. Oktober 2021 - 07:52

Was regen wir uns auf. Die EZB läßt Euro drucken bis zum Umfallen. Solange die EZB Geld hat, haben wir doch alle Geld. Ist doch auch verlockend. Geldleihen und keine Zinsen zahlen, da ist es doch egal, wer das wann zurück zahlt. Die Schuldenverursacher werden da schon lange nicht mehr leben. Das wird die nächste, die übernächste Generation treffen, aber uns doch nicht mehr, denken die Politiker doch alle. Bis dahin sind alle Migranten integriert, gut ausgebildet und zahlen Steuern. Und wenn es nicht klappt, Deutschland haftet ja und dann kann man ja auch zur Not den Euro entwerten, eine neue Währung einführen oder wir führen wieder das Tauschgeschäft ein. Und während sich die Ampel formiert, galoppiert die Inflation und wie reagiert die kommissarische Regierung unter Merkel? Man hört nichts gar nichts, geht einem ja nichts mehr an, sollen die "Neuen" machen, wir hatten schön Mühe genug vorher, alles gegen die Wand zu fahren. Da fehlt jetzt die Energie, den Rückwärtsgang einzulegen.

Hanno Woitek | Do., 21. Oktober 2021 - 11:25

und deren Behauptungen"das müssen in Zukunft die Kinder bezahlen" sich noch nie erfüllt hat...oder eben doch , aber seit Jahrzehnten.
Keiner bestreitet doch die aufgelisteten notwendigen Investitionen in unsere Zukunft... und sie müssen bezahlt werden. Klar, der Springerverlag in seiner ideologischen Verblödung fordert immer "soziale Leistungen für Arme streichen." Aber seit Jahrzehnten wird mit Schulden bezahlt und unser Land ist immer gut mit gefahren. Hört auf zu jammern.

G.Siegwart | Do., 21. Oktober 2021 - 17:20

Es ist schön, dass es „Indula“ („in diesem unserem Land“) noch viele Menschen gibt, die ein so hohes Einkommen haben, dass ihnen in Zukunft indirekte Steuern, Abgaben, die Höhe der Strompreise, der Heizungskosten usw. so etwas von gleichgültig sind. Kein Wunder, die haben Grüne und FDP gewählt, die Interessenvertreter der Besserverdienenden. Und Scholz ist der Meister des Gedächtnisverlustes. Wirecard? Cum Ex? Nicht doch. Wir haben es.

Urban Will | Do., 21. Oktober 2021 - 20:00

Pro Kopf Verschuldung anderer Industrieländer – sagen wir Japan, die USA oder aber auch Frankreich oder Italien – anschaut, sollten wir uns keinen großen Kopf über Verschuldung machen.
Um in diese Bereiche zu gelangen, können die Finanzminister der nächsten Legislaturen noch ordentlich „zulangen“.

Es scheint aber in der Tat so zu sein, dass hierzulande die große Mehrheit tatsächlich noch glaubt, dass diese Schulden je zurückgezahlt werden „müssen“.
Ich glaube daran schon lange nicht mehr.

Wie immer sich die Welt entwickeln wird: die Schulden werden bleiben. Und wachsen.

Wenn ich an die Zukunft meiner Kinder denke, dann sind die Schulden das geringste, was mir Sorgen macht.

Soll d Politik das Geld doch raus hauen für ihre „Ziele“.
Denn sonst werden sie sie nie erreichen.
Der Bürger kann sich nicht unendlich verschulden, der muss im Ggs. zum Staat rechnen.
So wird man bspw in Sachen „Klima“ ohne deutlich mehr Förderung (zB bei d Sanierungen) kaum einen Schritt weiter kommen.