Soldaten nehmen an dem Großen Zapfenstreich in Berlin teil, um den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zu würdigen / dpa
Soldaten nehmen an dem Großen Zapfenstreich in Berlin teil, um den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zu würdigen / dpa

Debatte um den Großen Zapfenstreich - Faktenwidrig und geschichtsvergessen

Politiker und Bürger kritisieren den Großen Zapfenstreich der Bundeswehr. Doch handelt es sich dabei, anders als der Grünen-Politiker Ströbele behauptet, nicht um ein „militaristisches Ritual aus Preußen und NS-Zeit“. Es ist eine Tradition, die europäische Armeen schon pflegten, bevor es Könige von Preußen gab.

Autoreninfo

Julien Reitzenstein befasst sich als Historiker in Forschung und Lehre mit NS-Verbrechen und Ideologiegeschichte. Als Autor betrachtet er aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen.

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Laut ist die Kritik an der Bundeswehr in diesen Tagen wegen des vor dem Reichstag abgehaltenen Zeremoniells des Großen Zapfenstreichs. Diese Kritik ist manches Mal ebenso faktenwidrig wie geschichtsvergessen, dann aber voller woker moralischer Überlegenheit. Doch wenn die eigene moralische Selbstvergewisserung mehr zählt als Fakten, lohnt es dann noch, der Skandalisierung Fakten entgegenzusetzen? Es sollte einen Versuch wert sein, einen Versuch in sechs Gedanken.

Selektive Geschichtswahrnehmung

Der erste Gedanke: Woher rührt die Empörung – und weshalb bricht sie sich gerade jetzt Bahn? Bei Licht betrachtet ist nichts geschehen, was nicht schon seit Jahrhunderten bei Streitkräften in Deutschland und im Ausland Normalität ist. Die Bundeswehr hat – wie mehrfach zuvor – vor dem Reichstag das traditionelle Zeremoniell des Großen Zapfenstreichs abgehalten, um damit jene rund 100.000 Soldatinnen und Soldaten zu ehren, die auf Geheiß des Bundestages in Afghanistan dienten. Möglicherweise gibt es gar nicht so viel Empörung, die aber durch Twitter schriller wirkt. Das wird dann besonders fragwürdig, wenn sogenannte Keyboard Warriors sich dort einmischen, wo Menschen dafür geehrt wurden, dass sie auf Befehl des Parlaments in Kampfzonen ihre Gesundheit und ihr Leben riskiert haben.

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Markus Michaelis | Sa., 16. Oktober 2021 - 17:07

Menschen leben nicht nur von Fakten und Datenanalyse, sondern auch vom Gefühl - das macht sogar wichtige Teile des Menschseins aus. Große Gefühle werden gerne im großen symbolischen Rahmen erzeugt, vergewissert, verstärkt. Das kann der große Gottesdienst zu großem Anlass in einer großen Kathedrale sein. Das kann die große gemeinsame Schweigeminute (oder andere Geste) in einem Stadion sein. Das gibt es von recht, links, oben und allen anderen Seiten.

Diese Gesten haben an sich immer eine Gefahr in eine blinde Massendynamik abzugleiten - aber das macht sie nicht schlecht. Alle Dinge haben viele Seiten und leben vom Ausgleich.

Ob bei bestimmten Gesten, wie dem Zapfenstreich, mehr diese Assoziation oder jene überwiegt, sollte eine Gesellschaft immer wieder prüfen, um nicht blind in falsche Massendynamiken zu kommen. Aber das sollte breiter diskutiert werden und nicht nur von (zu) kleinen aktivistischen Kreisen.

Christoph Kuhlmann | Sa., 16. Oktober 2021 - 17:34

Sie erhebt sich profund über eine vorurteilsbeladene Geschichtsklitterei historisch unbedarfter Kreise. Deren Horizont nicht weiter als bis 1933 in die Geschichte zurück reicht. Mein Kompliment.

von der Macht ausgerichtet.
Wer kräht den so laut??????
Es sind doch diejenigen, die schon damals in JUG KZ gesehen & gleich Zeder & Mordio geschrien haben, damit Sie als Friedensstifter die Kriegstrommel trommeln können & trotzdem als guter Bubis auf der richtigen Seite dastehen können.
In Afghanistan nicht anders. Opium, Frauenrechte, Gleichberechtigung &&&,
ich bekomme das große erbrechen - SORRY - Aber was hier abgeht, ist doch nicht mehr normal. Und dies im GANZEN (!!!) Spektrum von 3D!!!!!!
Da ist ja STAR WARS noch ein Kindermärchen dagegen.
Und zum Schluss werden Soldaten in Söldner verwandelt, um das Reich der VERBLÖDUNG (egal wie er heißt & welches Strickmuster dieser hat) hier auf Erden zu installieren.

Ich konnte mich noch nie für Armee, Waffen & Kampf begeistern. Aber ich bin auch ein Realist & weiß, ohne Verteidigung wird man "zum Sklaven" eines anderen Strickmuster. Deshalb Ausgewogenheit mit RESPEKT zur Armee - "dein & mein Bereich, hier Wir - Ihr da - SHALOM - Peace

Andre Möller | Sa., 16. Oktober 2021 - 17:48

aber rein optisch finde ich, dass die Stahlhelme nicht sein müssten ebenso wie das betont düstere Feldgrau, das so dunkel nie war. Man könnte die ganze Zeremonie schon etwas feierlicher gestalten. Schliesslich sollen die Protokollsoldaten ja nicht anschließend ins Gefecht treten oder im Graben vor dem Feind nächtigen. Auch bei Großgörschen dürfte es uniformentechnisch wesentlich bunter zugegangen sein. Feldgrau gibts erst gut 100 Jahre. WK 1 sollte vielleicht nicht unbedingt der optische Anknüpfungspunkt sein. Sieht schon düster aus auf dem Bild, meine ich. Und ist auch kein Abbild der heutigen Streitkräfte.

aber da Sie es kommentieren, Herr Möller, gebe ich zu, mein erster Gedanke war, wer zieht unsere Soldaten an.
Soldaten verschiedener Nationen konnte ich immer mal sehen, z.b. auch in einem Videoclip zu einem Song von Michael Jackson.
Im Allgemeinen sehen Soldaten gewissermaßen "umwerfend" aus.
Sie sind ja militärisch-hoheitliche Posten eines Staates?
Sein Leben aufs Spiel zu setzen, ist kein Spiel, kein Witz.
Ich erinnere die Szene aus "Die Rückkehr des Königs" der "Herr der Ringe" -Trilogie, in der die Umstehenden den Weg der ausziehenden Reiterschar mit Blumen kränzen.
Oder die jubelnden Empfänge der Armeen nach dem Ende "ehrenvoller Kriege".
Unsere Truppen haben eine würdevolle Arbeit in Afghanistan geleistet, also sah ich zu beim Großen Zapfenstreich, der bedeutender hätte ausfallen dürfen.
Als "Politikerin" sehe ich "meine Aufgabe" darin, unsere Soldaten* zu schützen und ihr Leben nur in absoluten Ausnahmefällen zu riskieren.
GUT, dass unsere Armee dem Parlament zugeordnet ist.

Rob Schuberth | Sa., 16. Oktober 2021 - 17:49

Ach Herr Reizenstein.
Toll nun gelernt zu haben woher der "wahre" Zapfenstreich seinen Ursprung hat.

Ihnen dient das wohl nur um ordentlich kritisieren zu können, was Ihnen wohl schon immer quer lag.
Sei Ihnen gegönnt. Macht den Artikel m. E. aber nicht besser.

Egal welchen Ursprungs. Es ist eine Ehrung für besondere Leistungen.
Eine sehr hohe Anerkennung die nicht nur für Soldaten veranstaltet wird.

Wollen Sie das auch schlechtschreiben?

Hoffentlich nicht.

Bzgl. der 50 beteiligten nationen:
Die sollen bitte jede für sich und ihrer Tradition folgend entscheiden wann sie wen wie ehren wollen.

Müssen wir uns da nun auch noch einmischen?
Nein, müssen wir - und Sie auch nicht - ganz sicher nicht.

Ich kritisiere diese Zapfenstreich nicht.
Ich habe damit im Geiste ebenfalls unsere Soldaten/Innen für ihre Tapferkeit und ihren Mut geehrt.

Ihr erster Gedanke war wohl ein anderer...schade.
Es mangelt Ihnen wohl an Patriotismus.

Hallo Herr Schuberth, ich verstehe Ihre Kritik nicht. Ich lese einen an sich neutralen Artikel zur Entstehung dieses Zapfenstreiches bis zum heutigen Tage. Danke dafür, einiges war vergessen oder einfach nicht gewusst. Herr Reitzenstein stellt die Aussagen des Herr Ströbele und dem was tatsächlich geschichtlich zum Zapfenstreich fest steht gegenüber. Das er natürlich zum Ergebnis kommt, dass man über alles reden kann, auch ob der Zapfenstreich noch notwendig ist oder verändert gehört, lese ich im Artikel, aber Kritik im eigentlichen Sinne, kann ich nicht erkennen. Mangelnder Patriotismus kann ich auch nicht heraus lesen. Im Gegenteil, er widerlegt ja die Aussagen von Herr Ströbele und den Fakes zur Entstehung des Rituals. Ich persönlich halte den Zapfenstreich für richtig und wichtig. Sonst müsste man auch jede Form Vereidigungen abschaffen, weil auch diese historisch immer mal wieder ins Gegenteil verkehrt wurden. Ich halte diese ganze Diskussion für einen Hype der asozialen Medien.

...werter Herr Konrad.
Ich kann ja nur den freigegeben Teil der +Artikel lesen.
Hatte den Cicero für einige Zeit abonniert, aber dann wurde es mir zu viel "Nebensächliches".
Jetzt also nur noch Online-Leser...mit den entspr. Einschränkungen für die ich nat. Verständnis habe.
Mein Komm. bezog sich also auf den ersten Teil u. m. ersten Eindruck.

Pro Zapfenstreich bin ich ja auch.
Danke für Ihre Korrektur u. Aufklärung.

Max Müller | Sa., 16. Oktober 2021 - 18:58

.. dient das alles nur dem Narrativ der Gefahr von Rechts, auf dem der komplette Linksrutsch Deutschlands gründet.

Man hält den deutschen Angstbürger medial - in Film, Social Media und Nachrichten - in einer Dauerschleife gefangen. Alles, was auch nur im Entferntesten mit Rechts assoziierbar ist, wird ausgeschlachtet bis zum Letzten. Nur so lassen sich immer neue, linke Agenden, mit immer radikaleren Beschlüssen an die Menschen verkaufen. Von Corona-Maßnahmen bis Zuwanderung, der Gegner ist immer eine imaginäre, rechte Bedrohung, die nicht real existent, sondern durch ständige Wiederholung konstruiert ist. Das sehen aber nur die Wenigsten.

So simpel und irrational das oft daher kommt, so effektiv ist es. Weil nicht jeder Mensch Zeit und Lust hat, sich ständig mit Politik zu beschäftigen und vermeintlich integre Nachrichten zu hinterfragen.

Linke NGOs wurden letztes Jahr mit 153 Millionen subventioniert. In Potsdam z.B. unterstützte man damit mal eben so linksextreme Gruppierungen.

Enka Hein | Sa., 16. Oktober 2021 - 19:00

..was sich, insbesondere unsere Altparteien mit CDUCSUSPDFDP hier liefern.
Das der Grüne Ströbele so reagiert ist vermutlich Reflex gepaart mit Alterssenilität.
In grünen Kreisen gehört Dummlall zu Themen von denen man keine Ahnung hat zur Daseinsberechtigung.
Von der Mauermörderpartei kann man nichts erwarten.
Der Bürger in Uniform..lang ist's her. Niemand der Altparteien steht zur BW oder Polizei. Die müssen den politischen Dreck abarbeiten, haben zum Dank notfalls die Staatsanwaltschaft an den Hacken.
Wenigstens von der CDU hätte ich mehr erwartet.
Eine BW die vom Parlament ins Feuer geschickt wurde, hat diesen Zapfenstreich mehr als verdient. Und wenn nicht vorm Reichstag, wo sonst?
Andere Staaten stehen wesentlich mehr hinter ihren Soldaten.
Es ist nur noch zum Fremdschämen.

Ingofrank | Sa., 16. Oktober 2021 - 19:27

Streich.
Nein das ist nicht korrekt. Was heißt „die Bürger“ wer sind „diese Bürger“ die kritisieren. Von den Politikern ganz abgesehen. Ganz Links stehende oder ist dem nicht so? Ob Anhänger der SPD, den Dunkelroten od. den Links/ Grünen. Es sollte schon das Kind beim Namen genannt werden und nicht rumschwurbeln.
Ich selbst habe nichts gegen den G. Zapenstreich od. andere militärische Zeremonien z.B. Empfang mit militärischen Ehren usw. Aber das liegt wohl auch daran „gedient“ zu haben. Nach Studienabschluß wollte ich in einem bestimmten, Baubetrieb und das ging halt nur mit der Einwilligung als Reserveoffizier. Da bin ich Unterleutnant d. Reserve. Auch ein Beispiel Fr. D. S- I. wie es in der DDR war.
Aber nichts desto trotz, ich bin für Wehrpflicht, gegen Auslandseinsätze, feste Verankerung in d. NATO und eine gut ausgebildete und ausgestattete Armee. Ein Staat muß in der Lage sein, sich zu verteidigen ,dazu gehört auch Tradition.

M. f. G. a. d. Erfurter Republik

Jens Böhme | Sa., 16. Oktober 2021 - 19:33

Irgendwer wird immer wem Assoziationen einreden wollen. Die Fackeln, die bei mir auf dem Grundstück bei einem Familienfest leuchten, sind vermutlich auch militaristisches Ritual.

Christian Schröder | Sa., 16. Oktober 2021 - 21:34

...zwei Welten begegnen sich.

Gerhard Lenz | So., 17. Oktober 2021 - 17:58

Militärisches Klimbim.

Braucht man nicht mehr. Abschaffen.

Heidemarie Heim | Mo., 18. Oktober 2021 - 16:10

Zumindest in meiner Erinnerung. Jedoch im negativen Sinn! Denn er markierte zugleich das jämmerliche Versagen seitens der Politik im Umgang mit unseren Mitbürgern in Uniform, wie ich es mir so eigentlich nicht vorstellen konnte. Denn wir wissen oder sollten es hoffentlich registriert haben, dass man durch diese Zeremonie nur verdecken wollte wie schäbig man unsere Soldaten behandelte, als diese nach 20 Jahren Kampfeinsatz in die Heimat zurück kamen. Auch erinnere ich mich dabei an den Ausdruck auf den Gesichtern der teilnehmenden PolitikerInnen bei den Bestattungsfeierlichkeiten, als man die ersten Gefallenen, auch ziemlich abseits ÖR-medialer Aufmerksamkeit, zu Grabe trug. Nun also nicht ein einziger von denen zur Begrüßung bei der Rückkehr auf dem Rollfeld, der sie minder ausgerüstet Einsatz für Einsatz in den Kampf schickte! Da hilft auch kein nachgeholter und wie erzwungen scheinender Zapfenstreich! Schämt Euch und gebt endlich ab an hoffentlich fähigere Verantwortliche!
MfG