Bayerischer Innenminister Joachim Herrmann - Stärke zeigen

Die Schwäche der Ampel in Sachen Sicherheit macht ihn sichtbarer: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann wird bundesweit zu einer Stimme für Recht und Ordnung.

Joachim Herrmann fühlt sich nicht beleidigt, wenn man ihn Law-and-Order-Politiker nennt / Julia Steinigeweg
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Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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Anfang Dezember bedankt sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für die „Gastfreundschaft hier im schönen München“, bevor es für sie zurückgeht nach Berlin. Zweieinhalb Tage hatte sie mit den Innenministern der Länder über rund 80 sicherheitspolitische Fragen diskutiert. Man sei sich bei vielen Punkten einig gewesen, heißt es später. Doch auch der höfliche Abschied Faesers konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch ordentlich geknarzt hat im Gebälk. 

Vor allem die Themen Migrations- und Asylpolitik sowie die Frage nach dem richtigen Umgang mit übereifrigen Klimaaktivisten erhitzten die Gemüter. Vorne mit dabei, wenn es um Kritik an der Ampelregierung und ihrem Umgang mit den drängendsten sicherheitspolitischen Themen unserer Zeit geht, ist der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Der hat bei der jüngsten Innenministerkonferenz in München nicht nur Klartext gesprochen, sondern nutzt die innenpolitischen Schwächen der Ampelregierung derzeit auch, um sich als starke Stimme für Recht und Ordnung über Bayern hinaus zu profilieren. 

Zweiter Mann im Staate

Cicero trifft den 66-Jährigen Mitte Januar im bayerischen Innenministerium am Münchner Odeonsplatz. Herrmann ist eine imposante, breitschultrige Gestalt und mit seinen 1,89 Metern nur fünf Zentimeter kleiner als Ministerpräsident Markus Söder. Das taugt als Metapher: Als Innenminister ist Herrmanns politische Bedeutung im Freistaat auch nur etwas kleiner als die von Söder.

 

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In Bayern hat das Thema innere Sicherheit oberste Priorität, noch vor der Wirtschafts- und Bildungspolitik. Denn die Gewissheit der bayerischen Bevölkerung, dass es sich im Süden sicherer lebt als anderswo im Land, ist auch Machtgarant für die CSU im Freistaat. Derzeit liegt die Partei laut Umfragen bei 41 Prozent. Alles spricht dafür, dass die Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern nach den bayerischen Landtagswahlen im Herbst weitergehen wird.

„Nur Motzen ist auf Dauer zu wenig“, sagt Herrmann. Deswegen sei er Politiker geworden. Er wolle „selbst gestalten“. Herrmann hat Rechtswissenschaften in Erlangen und München studiert, sich bereits während seines Studiums politisch engagiert und ist 1977 der CSU beigetreten. Er habe darüber nachgedacht, Staatsanwalt zu werden, doch dann kam es anders. Seit 2007 ist er bayerischer Innenminister. 

Der Bund ist Schuld

Law-and-Order-Politiker, das ist für ihn kein Schimpfwort. Herrmann schert sich nicht um Kritik am bayerischen Polizeiaufgabengesetz, auf dessen Grundlage Aktivisten der „Letzten Generation“ vor einigen Wochen in Präventivgewahrsam genommen wurden. Bis zu vier Wochen wäre das möglich gewesen. Gleichzeitig kritisiert Herrmann die Ampelregierung im Bund, weil SPD, Grüne und FDP aus seiner Sicht zu viel reden und zu wenig leisten, um die Sicherheitslage im Land zu verbessern. 

„Ich kann nicht erkennen, dass es in irgendeiner Weise eine klare Linie für die Sicherheit unseres Landes, für den Katastrophenschutz, für die Verbrechensbekämpfung, für was auch immer gäbe.“ Herrmann wünscht sich etwa, dass mehr abgeschoben wird, sieht dabei aber vor allem den Bund in der Pflicht, obwohl Rückführungen zunächst Ländersache sind. „Das Entscheidende, was der Bund hier beitragen muss, ist, Gespräche mit den Herkunftsländern zu führen und dort Druck aufzubauen“, so der Innenminister. Und mit Blick auf die Ausschreitungen in Berlin in der Silvesternacht und die Angriffe auf Polizisten in Lützerath sagt er: „Wenn jemand gegen Gesetze verstößt, muss er konsequent zur Rechenschaft gezogen werden.“ 

SPD-Politikerin Faeser, erst monatelang vor allem auf den „Kampf gegen rechts“ fokussiert, klang zuletzt selbst ein bisschen nach CSU, sprach mit Blick auf die Silvesternacht von „Integrationsverweigerern“, denen man mit „harter Hand und klarer Sprache“ begegnen müsse. An die Substanz von Faesers Worten will der bayerische Innenminister aber nicht glauben. Die Ampelregierung, findet er, wolle sich immer irgendwie „mit Schlagzeilen profilieren“, aber nicht mit den „eigentlichen Sachproblemen“ beschäftigen. 

Herrmann sieht zwei Faktoren für die aus seiner Sicht schlechte Performance der Ampel in Sicherheitsfragen: die großen Unterschiede zwischen der FDP auf der einen und der SPD und den Grünen auf der anderen Seite. Sowie zu viel Ideologie in den Köpfen der politisch Verantwortlichen. Das führe auch zu Widersprüchen, kritisiert Herrmann, etwa bei der Afghanistan-Aufnahmepolitik oder beim „Chancen-Aufenthaltsgesetz“. 

Hinter Herrmann steht ein weißer Löwe, 30 oder 40 Zentimeter hoch, auf einer Kommode. Darüber hängt ein Metallkreuz an der Wand. Bayern ist anders, auch das verkörpert Joachim Herrmann. 

 

Dieser Text stammt aus der Februar-Ausgabe des Cicero, die Sie jetzt am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

 

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