Kritik am Heizungsgesetz - Ein Gesetz wird nicht von alleine besser

Die Ampel will ihr umstrittenes Heizungsgesetz nun im zweiten Anlauf verabschieden. Doch die CDU fordert erhebliche Nachbesserungen. Teile der Industrie warnen vor fatalen wirtschaftlichen und sozialpolitischen Schäden. Laut CDU-MdB Thomas Heilmann ist das Gesetz möglicherweise sogar verfassungswidrig.

Thomas Heilmann (CDU) klagte vor dem Bundesverfassungsgericht /dpa
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Alexandre Kintzinger studiert im Master Wissenschafts- philosophie an der WWU Münster und arbeitet nebenbei als freier Journalist. Er ist Stipendiat der Journalistischen Nachwuchsförderung (JONA) der Konrad-Adenauer-Stiftung. 

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„Das mindeste ist, dass das Gesetz nicht schlampig ausgearbeitet ist“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann über das Gebäudeenergiegesetz diese Woche gegenüber Journalisten. Jedoch erfülle das Gesetz nicht einmal diese Anforderung, so Heilmann. Es sei deswegen „skandalös“, dass die Ampelkoalition, trotz der vielen inhaltlichen Mängel des Gesetzes, dieses am Freitag endgültig verabschieden möchte. Dies hatte die Ampel mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit gegen den Widerstand von CDU, Linke und AfD beschlossen.

Eigentlich sollte das Gebäudeenergiegesetz schon im Juni vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden. Dem Ganzen machte jedoch das Bundesverfassungsgericht einen Strich durch die Rechnung. Denn Thomas Heilmann hatte damals einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt. Das Bundesverfassungsgericht stimmte seiner Begründung zu, dass die Abgeordneten mehr Zeit für die Beratung des Textes benötigen.

In der Entscheidung aus Karlsruhe heißt es, dass den Abgeordneten nicht nur das Recht zustehe, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht, in angemesser Zeit über das Gesetz zu beraten. Im Juni erging die Eilentscheidung, das Hauptverfahren des Gerichts in dieser Sache steht noch aus.

Das Gesetz soll wohl dringend von der Tagesordnung

Heilmann beklagt jedoch weiterhin, dass diese Verschiebung nicht dazu geführt habe, dass die Abgeordneten bisher eine ernsthafte Möglichkeit gehabt hätten, das Gesetz im parlamentarischen Verfahren zu beraten. Man habe zwar mehr Zeit bekommen, so Heilmann, jedoch finde die Beratung in der Regel nicht im Parlamentsplenum statt, sondern in den Fachausschüssen.

Nach Heilmann ist die mit 68 Minuten angesetzte Beratung im Plenum nicht im Sinne der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für mehr Beratungszeit. Systematisch sei dadurch von der Ampel eine Beratung über das Gebäudeenergiegesetz verunmöglicht worden, so Heilmann

Im Bundestag wehren sich die Koalitionäre jedoch gegen diesen Vorwurf. Der Union stehe es nämlich frei, am Freitag Änderungsanträge im Parlament zu stellen. Heilmann jedoch nennt dies „eine Farce“, denn bei einer Debatte im ganzen Bundestag fehle die Zeit für Details, und die Änderungsanträge hätten damit auch keine echte reale Chance. Inkrafttreten soll das Gesetz voraussichtlich erst am 1. Januar 2024. Es hätte also noch Spielraum gegeben, meint Heilmann.

Der Eindruck entsteht, dass die Ampel dieses in der Öffentlichkeit emotional diskutierte und hochumstrittene Gesetz als einen Klotz am Bein empfindet und endlich weiter voranschreiten möchte. Heilmann spekuliert zudem, dass die anstehenden Wahlkämpfe in Bayern und Hessen auch Antrieb für die Ampel seien, um diese Thematik vom Tisch zu bekommen.

Ein Gesetz voller Mängel und ein Brief an den Kanzler

Was die Position der Union zum Heizungsgesetz angeht, hätte diese grundsätzlich gerne einen anderen Weg gewählt, nämlich den der verstärkten Förderungen für klimaneutrale Technologien sowie den Mechanismus der CO2-Bepreisung. Heilmann, der auch Vorsitzender der KlimaUnion ist, sei sehr wohl für „mehr Klimaschutz“. Deswegen müssten aber die von ihm und seiner Partei angesprochenen Mängel dringend beseitig werden.

Der Presse legte er deswegen ein 32-Punkte-Papier mit Verbesserungsvorschlägen vor. Diese würden von Experten, welche die Union befragt hat, überwiegend befürwortet, so Heilmann. Die einzelnen Punkte reichen von Betriebsprüfungen bei bestehenden Wärmepumpen über Anforderungen an Heizungsanlagen bis zu Übergangsfristen bei Neu- und Ausbau eines Wärmenetzes.

Unterstützt wird die Kritik Heilmanns von der „Unternehmensinitiative GEG“. 25 Unternehmen zählen zu dieser Initiative. Unter ihnen sind Hersteller von Heizungskomponenten, große Anlagenbauer wie auch Großhändler für Heizungstechnik, wie zum Beispiel die beiden großen sauerländischen Unternehmen Oventrop und Viega.

Diese haben sich in einem Brief an Bundeskanzler Scholz gewendet und warnen davor, dass das Gesetz viel Schaden in ihrer Branche anrichten wird. In dem Brief verweisen sie daher auf erhebliche Schwachstellen im Entwurf und auf Ansätze zur Behebung der Mängel.

Technologieverengung mit Fokus auf Wärmepumpen

Die „Unternehmensinitiative GEG“ kritisiert in ihrem Brief an den Kanzler eine „Technologieverengung in Richtung Wärmepumpe“. Das Gesetz geht davon aus, dass Wärmepumpen mit Strom aus erneuerbaren Quellen betrieben werden. Die Wärmepumpe werde bevorzugt gegenüber anderen bewährten Technologien wie dem hydraulischen Abgleich, der Wärmerückgewinnung oder der Heizungsumwälzpumpe. Außerdem, so die Initiative, verursache diese einseitige Bevorzugung einer Technologie, dass enormes Potenzial für CO2-Einsparungen ungenutzt bleibt.

Denn das Gesetz beschränke die Handlungsmöglichkeiten der Bürger, da diese gezwungen werden, in teure Heizungssysteme zu investieren. Diese Systeme weisen jedoch je nach Art der Gebäude nur minimale energetische Mehrwerte auf.

Auch erkenne der Gesetzentwurf sogenannte Luft/Luft-Wärmepumpen, gemeinhin als „Klimasplitgeräte“ bekannt, als Alternative zur Luft/Wasser-Wärmepumpe an. Dabei werde die tatsächliche Effizienz dieser Geräte im Gesetz nicht berücksichtigt. Die „Unternehmensinitiative GEG“ kritisiert, dass dies zum Missbrauch führen könnte. Insbesondere Immobilienfirmen könnten die Lücke im Gesetz nutzen.

Die am Markt vorhandenen „Klimasplitgeräte“ würden dann bei Sanierungen verbaut, um so einerseits an staatliche Subventionierungen für billige Varianten von Wärmepumpen zu gelangen und zugleich eine Aufwertung von schlecht sanierten Gebäuden in eine höheren Effizienzklasse zu erreichen.

Unfaire Vorteile am Markt

Das könnte dann zu dem Paradox führen, dass Gebäude wegen der verbauten „Klimasplitgeräte“ die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes formal auf dem Papier erfüllen, die „Klimaspiltgeräte“ aber tatsächlich nie zum Heizen genutzt werden, sondern nur zum Kühlen. Das Gesetz würde also faktisch eher klimaschädliche Klimaanlagen fördern.

Von den anwesenden Vertretern der „Unternehmensinitiative GEG“ wurde am Dienstag zudem kritisiert, dass das Gesetz Herstellern von „Klimasplitgeräten“ einen unfairen wirtschaftlichen Vorteil am Markt verschaffe. Unter diese Hersteller von „Klimasplitgeräten“ fallen unter anderem größere Marktteilnehmer wie Bosch, LG oder Mitsubishi.

 

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Sorgen um die sozialpolitischen Kollateralschäden

Im Bereich wassergeführter Heizsysteme ist die mittelständisch geprägte deutsche Heizungsindustrie Weltmarktführer, sagt die „Unternehmensinitiative GEG“. 270 Unternehmen beschäftigen mehr als 40.000 Menschen. Der Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes schädige deren Wettbewerbsfähigkeit, und tausende Arbeitsplätze in Industrie, in Fachhandel und im Handwerk seinen dadurch bedroht, so die Kritik der Unternehmer.

Die Unternehmer betonen, dass der Gesetzentwurf weder den Verbrauchern noch dem Klima nütze. Zudem mache man sich Sorgen um die sozialpolitischen Kollateralschäden die vom Gebäudeenergiegesetz ausgehen könnten. Viele Bürger könnten dadurch in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Das würde Frust und Wut auf die etablierte Politik mit sich bringen und einen erheblichen Imageschaden verursachen.

Hoffen auf Einsicht und Pragmatismus

Heilmann betonte im Pressegespräch am Dienstag noch einmal, dass es keinen Grund für die Eile bei der Verabschiedung des Gebäudeenergiegesetzes gebe. Er plädiert dafür, das Gesetz weiter im dafür zuständigen Ausschuss zu beraten. Im Gegensatz zum Plenum komme es in den Ausschüssen vor, dass die Regierungsmehrheit pragmatisch die Anregungen der Opposition übernimmt. Heilmann sprich da von einer sogenannten „verdeckten Zustimmung“.

In bestimmten Fällen würde die Regierungsmehrheit die Vorschläge der Opposition in ihre eigenen verbesserten Entwürfe aufnehmen. Heilmann betonte, dass sein Vorgehen gegen das Heizungsgesetz auch eines sei, welches ein größeres Ziel verfolge, nämlich die Rechte der Abgeordneten zu stärken sowie auch eine qualitativere Verbesserung bei der parlamentarischen Arbeit zu erreichen, vor allem mit Hinblick auf Gesetzesprojekte.

Heilmann plant keine weitere Klage in Karlsruhe gegen das Vorgehen der Ampelparteien beim Gebäudeenergiegesetz. Parallel zu seinen Eilantrag damals im Juni beantragte Heilmann ein Organstreitverfahrens beim Bundesverfassungsgericht. Darin soll festgestellt werden, ob das Gesetzgebungsverfahren beim Gebäudeenergiegesetz seine Rechte als Abgeordneter verletzt hat. Die Entscheidung steht noch aus und wird für Winter erwartet.

Für Heilmann geht die Ampel das Risiko ein, am Ende ein verfassungswidriges Gesetz verabschiedet zu haben, falls die Richter tatsächlich feststellen sollten, dass seine Rechte verletzt wurden.  

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